Polina Daschkowa - Russische Orchidee

  • Aus der Amazon.de-Redaktion
    Blech-grün glotzt dem russischen Fernsehstar Artjom Butejko sein eigenes Gesicht aus dem Spiegel entgegen. Noch fünf Minuten sind es bis zur Klatsch-Sendung des Moderators, und die Maskenbildnerin Ljuba hat wirklich alle Mühe, den stumpfen Augen des arroganten Mannes etwas Glanz zu verleihen. "Hör mal Butejko", sagt sie deshalb, "soll ich dir vielleicht etwas Baldrian in die Augen träufeln? Du hast einen so toten Blick." Baldrian hätten sich die feinen Damen Anfang des letzten Jahrhunderts vor ihrem Gang zum Ball oder zum Rendezvous in die Augen geträufelt -- und Essig getrunken: "der romantischen Blässe wegen".
    Wenig später sieht auch Butejko reichlich blass aus, und sein Blick ist noch etwas toter geworden, als er erschossen aufgefunden wird. Der kleine Geschäftsmann Sanja Anissimow könnte es gewesen sein, denn der hätte ein Motiv gehabt. Allerdings sind die Straßen ganz Moskaus gepflastert mit Motiven, derart unbeliebt ist der schmierige Butejko gewesen. Was haben die Probleme der sympathischen Nachrichtenredakteurin Jelisaweta Beljajewa mit dem Fall zu tun? Und gibt es außer dem Baldrian-Angebot der Maskenbildnerin noch eine, viel konkretere Verbindung zum 20. Jahrhundert, zum sagenumwobenen Diamanten "Pawel", der im Strudel der Oktoberrevolution unter mysteriösen Umständen verschwand? Kein leichter Auftrag für Untersuchungsführer Borodin, der tief hinabführt ins dunkle Herz der russischen Hauptstadt.


    Meine Meinung:
    Daschkowas Krimis sind anders, sie haben eine ganz eigene Sicht auf das Thema Verbrechen und Gewalt. Es gibt wenig Blut, wenig bis gar keine Forensik und keine übliche Täter/Verbrecher-Jagd. Es wird ein Bild Russlands gezeigt, das durch einen aprupten Gesellschaftswandel eine neue Form von Verbrechen möglich macht. Geld, Macht, Medien und Verbrechen, die Vergangenheit des Kommunismus, der Untergang des Zarenreiches und die neu beginnende kapitalistische Lebensweise. Das ist der Stoff aus dem ihre Bücher gemacht sind.
    Kein schlechtes Buch, ein paar Dinge die mir gefehlt haben .Ich hätte mir gewünscht mehr über die Hauptfiguren zu erfahren, wie den Untersuchungsführer Borodin. Die Autorin hat versucht viele Handlungsstränge und Nebenschauplätze zu verknüpfen, was ihr nicht immer gelingt. Gut gelungen dagegen die Geschichten vom Werdegang des Diamanten Pawel um den sich die Geschichte dreht und Rückblicke vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart gegeben werden.
    Insgesamt ein solider Krimi, der durch seine Andersartigkeit besticht und ein Bild Russlands nach dem Kommunismus zeichnet. Von mir 7 von 10 Punkten.


    LG Zen-71

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein