Yakuza - Gabriel Loidolt

  • DTV 2008, 158 S.


    Klappentext:
    Eine junge Frau sucht einen Tätowiermeister auf, um sich eine Rückentätowierung mit ungewöhnlichem Motiv stechen zu lassen. Der schweigsame Mann hat ein verbranntes Gesicht, das ihn zur Einsamkeit verdammt. Nach einigen schmerzhaften Sitzungen bringt ihn die Frau so weit, ihr sein Geheimnis zu verraten und sie nach ihrem zu fragen …


    Über den Autor:
    Gabriel Loipolt, geboren 1953 in Eibiswald (Österreich), studierte Elektrotechnik und Philologie und arbeitete mehrere Jahre im Ausland. Einem breiten Publikum bekannt wurde er 2003 durch die Kinoverfilmung seines gleichnamigen Romans „Hurensohn“ (1998).


    Meine Meinung:
    Unglaublich, dieser Roman, eigentlich ist es mehr eine Erzählung, umfasst nur 158 Seiten und ist doch so atmosphärisch dicht geschrieben, dass er mühelos eine mehr als dreißig Jahre umfassende Geschichte erzählt. Ein Kammerspiel, ein sinnliches Zwei-Personen-Stück in mehreren Akten, dessen außergewöhnliche exotische Atmosphäre mich stark in ihren Bann gezogen hat.
    Anouk, eine junge osteuropäische Frau, bittet den Ich-Erzähler, einen österreichischen, weltweit bekannten Tätowierkünstler, ihr ein Irezumi, ein großes Rückentattoo, zu stechen. Sie bringt zu jeder Sitzung nur ein weiteres Teilstück der Vorlage mit, so dass es bis zum Ende dauert, bis der Tätowierer das gesamte Bild erkennen kann. Und während Anouk bei jeder der Wochen dauernden Sitzungen mehrere Stunden unbeweglich verharren muß, nähern sich die beiden langsam einander an, indem sie sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte erzählen. Das ganze kumuliert in der fast krimimäßig anmutenden letzten Sitzung.


    Meine anfängliche Skepsis, ob es einem mitteleuropäischen Autor gelingen würde, eine glaubwürdige Geschichte zu vermitteln, die von der hohen japanischen Kunst des Tätowierens erzählt, die nichts aber auch gar nichts gemein hat mit dem, was wir unter Tattoos verstehen und zu sehen bekommen, verflog schnell.
    Kann man einen Österreicher namens Joseph Tschurtschenthaler zu einem glaubwürdigen Meister der japanischen Tätowierkunst machen? Man kann. Erstaunlich ist, wie es Luitpolt gelingt, dass man seinem eher schlichten Protagonisten abnimmt, viel von Japan verstanden zu haben und es auch transportieren zu können. Der Schluß kommt dann ein wenig kitschig und sentimental daher, aber insgesamt ist es ein sehr lesenswertes Buch.


    Für mich ist dieses Buch der gelungene Nachweis dafür, dass es einem so weit außerhalb des japanischen Kulturkreises Stehenden gelingen kann, die komplexe japanische Idee des Tätowierens auch westlichen Lesern verständlich zu machen. Mir scheint, auch ein Japaner würde die in diesem Buch angesprochenen Gedankengänge, die sich problemlos auf viele Bereiche der japanischen Kultur wie Teezeremonie oder Gartenbau übertragen lassen, nachvollziehen können.


    Sehr hilfreich ist das Glossar japanischer Begriffe am Ende des Buches.


    Ach ja: Wer zum Thema Tätowierung einen wirklich großartigen Film sehen möchte, dem sei Irezumi - Die tätowierte Frau von 1981 ans Herz gelegt.

  • Vielen Dank Jane, für diese großartige Rezension, ich habe das Buch auf meine Wunschliste gepackt und mir den Titel des Films notiert.


    Das ist genau meine Baustelle! :-]



    dankbare Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Vielen Dank Jane für die tolle Rezi. :-] Ich habe es gleich auf meine Liste gesetzt. Habe vor vielen Jahren den Film gesehen und war damal total begeistert davon. Es ist wirklich eine außergewöhnliche und faszinierende Geschichte. :wave