Marienbrücke – Rolf Schneider

  • Osburg Verlag, August 2009, 413 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Rückseite: Eine Kindheit in Nazi-Deutschland, eine Jugend in der jungen DDR, ein Leben zwischen Anpassung und Verrat. In seiner großen Erzählung über das Werden und Scheitern des Jacob Kersting gelingt Rolf Schneider ein Roman, in dem sich Glaube und Irrtum des 20. Jahrhunderts spiegeln. Klug und ironisch schreibt er gegen Totalitarismus und Menschenverachtung.


    Über den Autor:
    Klappentext: Rolf Schneider, 1932 in Chemnitz geboren, studierte Germanistik, Anglistik und Romanistik in Halle- Wittenberg und ist seit 1958 freier Schriftsteller. Nach Protesten gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns wurden seine Publikationsmöglichkeiten stark eingeschränkt, 1979 folgte der Ausschluss aus dem DDR-Schriftstellerverband. Rolf Schneider lebt heute als Autor und Publizist in Schöneiche bei Berlin.


    Meine Meinung:
    Rolf Schneider ist zumindest im Westen Deutschlands kein so bekannter Autor, wie er verdient hätte. Das liegt einerseits an seinem unspektakulären Stil als auch den von dem DDR-Regime verhängten Einschränkungen, nachdem er den Protestbrief gegen Biermanns Ausbürgerung unterschrieb. Auch nach dem Ende der DDR war seine Anti-Ostalgie nicht mit dem breiten Publikumsgeschmack vereinbar.


    In Marienbrücke erzählt er breit angelegt von seinem Protagonisten Jacob Kersting und deckt damit große Teile deutscher Geschichte ab.
    Am Ausgangspunkt reist Jacob 1988 zum wissenschaftlichen Forschen zur österreichischen Kunstgeschichte von der DDR nach Wien. Dort steht er auf der Marienbrücke.
    Dann werden die Zeiten seiner Kindheit und Jugend während des Krieges und die Zeit in der DDR abgedeckt, in der sein Vater Robert 1953 als Anführer des Volksaufstand zu Zuchthaus verurteilt wurde.
    Jakob heiratet die russischstämmige Sonja, bekommt einen Sohn, der später sehr unzufrieden mit den Zuständen in der DDR ist, dagegen rebelliert und schließlich in den Westen abgeschoben wird.


    Interessant, welche Filme Jakob sieht und welche Bücher er liest. Darunter sind Eisensteins Panzerkreuzer Potemkin und essayistische Texte von Jean Amery. Zum Kunstbegriff kommen neben Architektur von Josef Hoffmann noch Bilder von Max Ernst, an die Jacob in einer Szene mal denkt.


    Pessimistisch zum Zustand der DDR, dabei nicht ohne Ironie gegenüber dem Westen beschreibt Rolf Schneider den Ost-West-Übergang. Zitat Seite 397:
    „Auf den Feldern draußen lag Dunst. Viele Häuser schienen aufgelassen und hatten eingesunkene Dächer, steinerne Krüppel in einer Landschaft von uferloser Tristesse. Jenseits der Grenze änderte sich das. Alles zeigt sich nunmehr mit fast peinigender Schärfe bunt, gewaschen und aufgeräumt.“


    Der Roman teilt sich umfänglich gleich in das dritte Reich und die DDR auf und zeigt so beide totalitäre Systeme.


    Rolf Schneiders ruhige Sprache ist bei aller Unaufdringlichkeit beeindruckend, doch Schade, dass er erst in der zweiten Hälfte anfängt, den Leser so richtig zu fesseln.
    Lesenwert!


    ASIN/ISBN: 3940731250