Wie bitte? - David Lodge

  • 368 Seiten, Hardcover
    Karl Blessing Verlag
    Originaltitel: Deaf Sentence


    Kurzbeschreibung
    Als Desmond Bates noch hören konnte, hatte er sich oft nach Stille gesehnt. Jetzt, da er taub wird, ist die Stille ohrenbetäubend. Wer nichts hört, wird überhört. Es ist, als würde ihn das Leben links liegenlassen - und auch noch lachen. David Lodge hat einen komischen und bewegenden Roman über die wichtigsten menschlichen Eigenschaften geschrieben. Das Sprechen und das Zuhören.


    Der Literaturprofessor Desmond Bates hat sich vorzeitig in den Ruhestand versetzen lassen, aber genießen kann er den nicht. Er vermisst die Universitätsroutine und seine Studenten, er hat jede Neugierde verloren.Seine jüngere Frau Winifred macht hingegen eine späte Karriere und blüht geradezu auf, was dazu führt, dass Desmond mehr und mehr auf die Rolle eines Anhängsels reduziert wird. Winifreds jugendlicher Enthusiasmus macht Desmond den zwischen ihnen stehenden Altersunterschied nur noch schmerzlicher bewusst. Sorgen macht er sich außerdem um seinen greisen Vater, einen ehemaligen Tanzmusiker, der eigentlich längst nicht mehr in der Lage ist, allein zu wohnen, sich aber beharrlich weigert, sein Haus zu verlassen und in ein Heim zu ziehen. Doch es ist vor allem anderen der schleichende Verlust seines Gehörs, der Desmond das Leben vergällt und ihn immer wieder in peinliche Situationen und eheliche Konflikte treibt. Auf Gesellschaften und in größeren Gruppen ist er außerstande, sich zu unterhalten.Durch eine dieser peinlichen Situationen lernt er unfreiwillig eine Studentin kennen, die ihn mit ihrer gefährlichen Unberechenbarkeit vollends aus der Bahn zu werfen droht. WIE BITTE? ist eine große menschliche Komödie, die bewegende und brillant erzählte Geschichte eines Mannes, der dem Tod einen Schritt entgegenkommt.


    Der Autor
    David Lodge wurde 1935 in London geboren. Er unterrichtete Englische Literaturwissenschaft an der University of Birmingham und der University of California in Berkeley bevor er 1987 emeritierte, um sich ganz seiner schriftstellerischen Arbeit zu widmen. Seine Romane "Kleine Welt: Eine akademische Romanze" (1984) und "Saubere Arbeit" (1988) wurden für den Booker Preis nominiert. Zuletzt erschienen "Denkt" (2001) und "Autor, Autor" (2004). Lodge lebt mit seiner Familie in Birmingham.


    Meine Meinung
    Dieses Buch hat mich sofort angesprochen. Endlich ein vielversprechendes Werk über die Tücken der Schwerhörigkeit. Schon der Titel des englischen Originals ist ein Meisterwerk: "Deaf Sentence", eine Anspielung auf "Death Sentence" (Todesurteil). Death und Deaf sind zwei Wörter, die jemand mit Hochtonschwerhörigkeit sehr einfach verwechseln kann, weil f und th auf eine recht hohen Frequenz ausgesprochen und somit von einem Schwerhörigen nicht mehr unterschieden werden können.


    Der Protagonist Desmond Bates wird sehr lebendig und realitätsnah beschrieben. Man merkt, dass der Autor mit Schwerhörigkeit so seine Erfahrung gemacht hat. Die Probleme, mit denen Desmond Bates zu kämpfen hat, sind für einen Schwerhörigen Alltag. Schon die Eröffnungsszene kam mir sehr bekannt vor: Desmond versucht sich auf einer Party mit einer Frau zu unterhalten, versteht kein Wort, will das aber nach einer Weile nicht mehr zugeben, weil es für die Frau eher peinlich wäre und tut deshalb so, als ob er der Unterhaltung folgen könne. Das ist eine Situation, die ein Normalhörender wahrscheinlich nur schlecht nachvollziehen kann. "Dann sag doch halt, dass du nicht gut hörst!", kriege ich in ähnlichen Situationen oft zu hören. Aber manchmal geht das einfach nicht mehr, der Zug ist abgefahren und ein Hinweis wäre zu peinlich für alle Beteiligten.


    “Deafness is comic, as blindness is tragic", behauptet Desmond Bates an einer Stelle. Zu recht. Nach diesem Konzept ist auch der ganze Roman aufgebaut, der sich wirklich lustig liest, aber auch sehr ernst werden kann. Ich empfehle dieses Buch ganz besonders denjenigen, die gerne mal wissen würden, wie ein hochgradig Schwerhöriger zurechtkommt. David Lodge hat es ganz gut beschrieben.


    Sehr nett fand ich übrigens auch den Stil. Bei "Wie bitte?" handelt es sich um Desmond Bates' Aufzeichnungen, die er je nach Laune mal in Ich-Form und mal aus Erzählerperspektive verfasst. Die ständigen Stilwechsel nerven nicht, im Gegenteil, sie passen perfekt zu diesem Buch.