Heimkehr ins Wort – Bettina von Wangenheim (Hg)

  • Materialien zu Hilde Domin
    Fischer Taschenbuch Verlag, 285 Seiten


    Kurzbeschreibung:
    Am 17.Juli 1982 wurde Hilde Domin 70 Jahre alt – es ist der Zeitpunkt, zu dem sich der Beginn ihres Exils zum 50. Mal jährt (sie kehrte 1954 zurück) – Anlässe übergenug, diese Autorin, deren Werk sich Dank der Klarheit ihrer Sprache und der Deutlichkeit ihres Appells in jeder Generation neue Leser erwirbt, eine Dokumentation zu widmen. Als wahrhaftiger Zeuge dieser Zeit ruft sie auf gegen die Verachtung des Menschen. Der Glaube an die Anrufbarkeit der anderen gibt ihr Stimme.
    Dieses Materialienband vereinigt Aufsätze über die Autorin und Rezensionen ihrer Werke von Heinrich Böll, Dieter Boldt, Günther Busch, Annelies Dempf, Richard Exner, Walter Helmut Fritz, Hans Jürgen Fröhlich, Hans Georg Gadamer, Joachim Günther, Werner Helwig, Eberhard Horst, Walter Jens, Hans Peter Keller, Karl Krolow, Paul Konrad Kurz, Michael Landsmann, Gerhard Mahr, Horst Meller, Kurt Pinthus, Gerard Raulet, Marcel Reich Ranicki, Christa Reinig, Annette Roeder, Werner Ross, Werner Weber, Wolfgang Weyrauch und Eva Zeller, ist mit 8 Seiten persönlicher Photos illustriert und wird vervollständigt durch eine Bibliographie, der Angaben über Entstehungsdaten, Erstdrucke und Übersetzungen der einzelnen Gedichte beigegeben sind.


    Über Hilde Domin:
    Hilde Domin studierte Jura, Philosophie und politische Wissenschaften und promovierte 1936. Danach Lehrerin in England, Universitätsdozentin in Santo Domingo, Mitarbeiterin ihres Mannes, Übersetzerin, Photographin. Nach 22jährigem Exil kehrte sie nach Deutschland zurück und lebte seit 1961 in Heidelberg. Lyrik seit 1951. Zahlreiche Literaturpreise, von der Heine-Medaille 1972 bis zum Rilke-Preis 1976, Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und des PEN-Clubs.


    Über die Herausgeberin:
    Bettina von Wangenheim, Studium der Anglistik und Germanistik, promovierte über William Blake.


    Meine Meinung:
    Dieses Buch mit Aufsätzen über die bedeutende Heidelberger Lyrikerin Hilde Domin erschien 1982 aus Anlass zu ihrem 70.Geburtstag. Sie starb 2006. Also sind mehr als 2 Jahrzehnte ihres Lebens hier nicht behandelt.
    Davon abgesehen, ist diese Materialiensammlung aber sehr informativ. Neben den vielen Aufsätzen bedeutender Kritiker und Schriftsteller zu Hilde Domins Werk sind auch biographisches und ein ausgezeichnetes Werksverzeichnis vorhanden. Einen besseren Überblick kann man sich kaum wünschen.


    Die Beiträge sind abhängig von Lyrik oder Prosa chronologisch aneinandergefügt, behandeln Hilde Domins Werk also ab dem ersten Gedichtsband 1956. So gewinnt man auch einen guten Eindruck von Hilde Domins Wirkung über die Jahre hinweg und kann außerdem leicht zu Eindrücken zu den Büchern gelangen, die einen gerade am meisten interessieren. Dieser Aufbau des Buches kommt meiner persönlichen Leseart zu Gute.


    Es beginnt mit „Nur eine Rose als Stütze“ und einer Rezension von Walter Jens, gefolgt von Günther Busch.
    Diese Rezensionen sind überschwänglich und zeigen die große Wirkung die Hilde Domin mit ihrem Erstling erreichte.
    Bei den darauffolgenden Aufsätzen zu „Heimkehr der Schiffe“ wird es analytischer.
    Ein Genuss für den Leser sind die zahlreich eingestreuten Gedichte oder Passagen daraus, unabhängig ob man die dazugehörigen Interpretationen liest oder nicht.


    Interessant sind die Beiträge zu Hilde Domins Prosa, die nicht ganz unumstritten sind.
    Es gibt viel über „Das zweite Leben“, Hilde Domins einzigen Roman
    Heinrich Böll äußert sich sehr positiv zu Hilde Domin, allerdings auch mit ein paar Einwänden.
    Marcel Reich Ranicki schreibt positiv über Hilde Domins Essays, geht jedoch wie immer und bei jedem Lyriker nicht von seiner abwegigen These ab, dass Lyriker keine guten Prosaautoren sind. Lächerlich!
    Trotzdem sind MRRs Anmerkungen über Domins Essays ansonsten scharfsinnig. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang immer an eine Szene, als Reich Ranicki bei einer Veranstaltung (ca. 2004) Hilde Domin einen Handkuss gab. das wirkte ebenso altmodisch wie anrührend!


    Sehr überzeugend sind auch die interessanten Interviews mit Hilde Domin, die dem Buch beigefügt sind. Einmal von R.A.Bauer geführt, einmal mit Fragen von Schülern. das zeigte Hilde Domins Offenheit, sie beantwortete Fragen ohne Scheu und betonte immer wieder die Wichtigkeit auch des politischen Engagement von Gedichten. Sie blieb dabei jedoch illusionslos und sagte, dass ihre Gedichte wohl in erster Linie nur die Menschen erreichen werden, die von vornherein interessiert sind. Ein Nazi würde sich über ihre Gedichte nur ärgern, wenn er sie denn überhaupt lesen würde.


    Es gibt außerdem noch Materialien zur Theorie und zu Interpretationen von Domins Werk.
    Erwähnenswert sind auch noch eine Reihe von schwarzweiß-Fotos von Hilde Domins Geburtshaus und in Heidelberg, als junge Frau und als fast 70jährige.
    Damit ist das Buch in der Summe so reichhaltig, dass man sich sehr lange und immer wieder damit beschäftigen kann.