Die Stunden, die zählen - Amy Wallace

  • Manchmal müssen wir durchs Feuer gehen, bevor wir lernen, dass wir Gott vertrauen können. Wie müssen etwas selbst erleben, damit das, was wir im Kopf wissen, auch bis in unser Herz rutscht. (Seite 329)


    336 Seiten, kartoniert
    Originaltitel: Healing Promises
    Aus dem Amerikanischen von Silvia Lutz
    Verlag: Verlag der Francke Buchhandlung GmbH, Marburg 2010
    ISBN-10: 3-86827-141-4
    ISBN-13: 978-3-86827-141-6


    Serie „Defender of Hope“
    - Der Tag, der alles veränderte >Rezi-Thread<
    - Die Stunden, die zählen
    - Im Hauch eines Augenblicks >Rezi-Thread<



    Zum Inhalt (Quelle: Amazon)


    Clint Rollins hat alles, was ein Mann sich wünschen kann: eine schöne, kluge Ehefrau, zwei liebenswerte Kinder, eine Bilderbuchkarriere und jede Menge Charme. Als der FBI-Agent im Dienst angeschossen wird, erscheint ihm das als ein kleiner Preis dafür, daß er einen kleinen Jungen zu seiner Familie zurückbringen konnte. Doch die Untersuchung im Krankenhaus konfrontiert Clint mit einer Diagnose, die ihn kalt erwischt. Noch härter trifft sie seine Frau Sara. Als Onkologin ermutigt sie ihre Patienten immer, nie die Hoffnung aufzugeben und Gott zu vertrauen. Doch jetzt steht das Leben ihres eigenen Mannes auf dem Spiel. Und mit einem Mal erscheinen ihr ihre Aufmunterungen hohl und schal.
    Als Clint dann auch noch trotz seiner Krankheit einen Serienmörder zu jagen beginnt und damit sein Leben und seine Karriere gefährdet, gerät Saras Welt endgültig ins Wanken. Und auch für Clint läuft alles auf zwei entscheidende Fragen hinaus: Meint Gott es tatsächlich gut mit ihm? Und kann Clint ihm wirklich vollends vertrauen?



    Über die Autorin (Quelle: Angabe im Buch, Homepages der Autorin und des Originalverlags, Interview)


    Amy Wallace stammt aus Kentucky. Ihr Vater war bei der US-Army, weswegen sie oft umziehen mußte. Dadurch lebte sie in ihrer Kindheit auch in München und (West-) Berlin (näheres in dem verlinkten Interview). Sie ist Absolventin einer Polizeiakademie und noch immer als Beraterin für die Polizei tätig. Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern lebt sie in Atlanta.


    - < Klick > - die Website der Autorin (in englischer Sprache)
    - < Klick > - die Website zur Buchserie (in englischer Sprache)
    - < Klick > - ein Interview zu diesem Buch (in englischer Srpache)
    - < Klick > - die Übersichtsseite beim Originalverlag Waterbook (in englischer Sprache)



    Vorbemerkungen


    - Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das ist ein christliches Buch. Wenn ich Formulierungen wie „wir“ verwende, beziehen sich diese nicht auf die Gesamtgesellschaft, sondern ausschließlich auf den christlich geprägten Teil, dem ich mich zugehörig fühle. Ferner ist Denken und Handeln der Protagonisten stark von ihrem aktiv gelebten Glauben geprägt. Wer solches nicht mag, für den ist das Buch eher ungeeignet.


    - Die Einordnung in ein Genre ist bei diesem Buch sehr schwierig; es gibt keine passende Rubrik hier im Forum. Es zählt eindeutig zu dem, was in den USA „Christian Fiction“ genannt wird. Da es hier eine solche Rubrik nicht gibt, habe ich „Krimi/Thriller“ gewählt, weil das dem Inhalt mMn am nächsten kommt und ich schon den ersten Band dort einsortiert habe.



    Meine Meinung


    Gott sitzt immer noch auf dem Thron. Und er ist gut. Immer. (u. a. Seite 268) Wirklich immer?


    Schon öfters habe ich geschrieben, daß ich nicht so recht weiß, wie ich eine angemessene Rezi schreiben soll. Hier bei diesem Buch ist es so, daß ich selbiges eher nicht will. Nicht, weil das Buch so schlecht (oder überhaupt schlecht) wäre, oh nein, ganz im Gegenteil. Das Problem ist, es hat mich persönlich „kalt erwischt“, fast noch mehr, als „Der Tag, der alles veränderte“. Nach Iris Kammerers „Varus“ ist dies in den letzten Jahren das zweite Buch, das mich emotional dermaßen stark berührte, daß mir schon alleine beim Gedanken an den Titel Tränen kommen. :rolleyes Vielleicht, weil Clint am gleichen Tag Geburtstag hat wie ich. Vielleicht, weil eben jenes Zitat aus dem Buch Hiob, das ich für das Totenbildchen meines Vaters ausgewählt habe, hier an entscheidender Stelle zitiert wird. Vielleicht, weil ein Standardspruch meiner Großmutter an zentraler Stelle im Buch fällt. So Gott will.


    Aber manchmal will er eben nicht.


    Das zweite Buch der Defender of Hope - Trilogie läßt mich etwas zwiegespalten zurück. Stilistisch schien mir das vorige Buch etwas „runder“ zu sein, flüssiger und weniger aus Einzelszenen bestehend, wie ich hier an einigen Stellen den Eindruck hatte. Auf der anderen Seite empfand ich dieses hier wesentlich dichter an den Protagonisten. Konnte ich im ersten Buch eine gewisse (durchaus angenehme) Distanz halten, so war mir das hier nicht mehr möglich. Unerbittlich wurde ich in die Handlung hineingezogen, habe den beruflichen Druck, der auf den FBI-Agenten lastet, verspürt. Habe mitgetrauert, wenn es wieder mal nicht gereicht hat; sei es beim FBI, sei es im Krebszentrum. Und konnte bisweilen mich auch mitfreuen an den viel zu wenigen schönen Ereignissen. Während sich im Hintergrund bereits die Gewitterwolken zusammenballen, die sich im dritten Teil entladen werden.


    Der Focus dieses Buches liegt auf Clint und Sara. Bei den Folgeuntersuchungen einer Schußverletzung wird bei ihm Krebs diagnostiziert. Von heute auf morgen wird sein und das Leben seiner Familie, wie auch der Kollegen, aus der Bahn geworfen. Sara trifft es doppelt, macht sie sich Vorwürfe, daß sie als Onkologin das nicht selbst schon früher diagnostiziert hatte. Während Clint also den Kampf mit dem Krebs aufnimmt, jagen seine Kollegen Steven und Michael einen Serienmörder, der offenbar Katz und Maus mit dem FBI spielt.


    Wie schon in „Der Tag, der alles veränderte“ gibt es auch hier immer wieder Kapitel aus der Sicht des Täters. Allerdings


    Die Autorin hat eine Polizeischule absolviert und ist immer noch beratend für ein Polizei-Department tätig. Das merkt man m. E. dem Roman an; sie weiß, wovon sie schreibt. So sehr ich mich über das kürzliche Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Datenvorratsspeicherung gefreut habe, muß ich doch zugeben, daß mir durch dieses Buch ein gewisser Sinn hinter dieser Datensammlung aufgegangen ist.


    Gleichfalls hat das Buch an einer Stelle recht deutlich aufgezeigt, daß sich ein klarer und immer wiederkehrender Ablauf bestimmter Tätigkeiten (etwa immer am gleichen Tag zur gleichen Uhrzeit einkaufen) im Zweifel sehr negativ auswirken kann, weil das relativ leicht auszukundschaften ist. Nun wird kaum einer ins Visier so eines Mörders geraten, doch Sara und Clint waren sich auch sicher, das nicht zu sein.


    Das Buch hat mich mit auf eine emotionale Achterbahnfahrt genommen, die öfters nach unten denn nach oben ging. Die „Verlustraten“ sind hoch - beim FBI, Abteilung Verbrechen an Kindern, wie auch in der Krebsklinik. Waren im Vorgänger die Entführungen eben unpersönliche Fälle, kamen sie mir hier schon näher. Oder Frank, der nur (im Buch) lebte, um zu sterben. Das war wirklich (emotional) hart zu lesen, und ich mußte teilweise nach 30, 40 Seiten erst mal eine Pause einlegen.


    Als Grundthema des Buches gibt die Autorin die Frage an, ob man Gott in wirklich jeder Situation vertrauen kann. Nicht ganz ohne Grund wird einige Male das Buch Hiob zitiert, um schließlich in der geflüsterten Frage: Wie lobe ich Gott, wenn das Leben so wehtut? (Seite 231) zu münden. Immer wieder gelangen die Protagonisten an diesen Punkt, sind kurz vor (oder nach) der Verzweiflung - und müssen doch weitermachen. Diese inneren Konflikte, in denen wohlgemeinte Sprüche nicht mehr weiterhelfen, fand ich persönlich gut und überzeugend dargestellt. Ich konnte mich mit den „Helden“ identifizieren und ihre Zweifel und Nöte verstehen. Sicher ist letztlich bis zu einem gewissen Punkt klar, wie das Buch ausgehen wird. Selbst die Perfekt- und Vollkommenheit Gracias wird (von Hanna) bemängelt. Dennoch erschien es mir persönlich eben nicht übertrieben, sondern die Personen haben (für mich) im gegebenen Rahmen glaubhaft und nachvollziehbar gehandelt. Gerade das hat noch mehr zu der schon erwähnten Nähe beigetragen.


    Als ich das Buch zugeklappt habe und im Kopfkino der Schriftzug „The End“ auftauchte, war ich innerlich gleichzeitig aufgewühlt, aber auch ruhig und zufrieden. Im sicheren Bewußtsein, den mir ans Herz gewachsenen Protagonisten noch einmal wieder zu begegnen, in sicherer Vorahnung etlicher schlimmer Dinge, die da wohl ans Tageslicht kommen würden, in unsicherer Hoffnung, wie alles letztlich ausgehen wird. Und schließlich mit der Frage, wie ich es noch rund drei Monate aushalten soll, bis ich weiterlesen kann.

    „Ihre Geschichte ist anders als unsere, aber Gott ist derselbe. Sie können ihm vertrauen. Er wird Sie nicht im Stich lassen.“
    (Seite 102)



    Kurzfassung:


    Der Kampf gegen den Krebs und der gegen einen kindermordenden Serienkiller: Clint und Steven nebst ihren Familien haben alle Hände voll in diesem Mehrfrontenkrieg zu tun. Spannend und lebendig geschrieben, habe ich mitgelitten und mich mitgefreut. Ich hoffe, daß von der Autorin noch viele Bücher kommen werden.



    Edith hat die Links zur Serie ergänzt.
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    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Bitte gerne. :-)


    Na ja, der Verlag hat mich durch den Werbetext zum ersten Amy Wallace Buch auch zum Lesen verführt, obwohl das eigentlich nicht mein Beuteschema ist, wie ich bis zum Lesen dachte. Inzwischen kann ich den dritten Band kaum erwarten.


    Die Personen kamen mir hier im Buch allerdings recht nahe, wie ich mit einigen Tagen Abstand mit Sicherheit sagen kann. Dieses Buch empfand ich als emotional wesentlich härter zu ertragen als das erste. Das konnte ich nur so lesen wir Iris Kammerers "Varus":


    Ich schätze, den dritten Teil werde ich auch nur auf diese Art lesen können, zumal sich ziemlich harte Probleme bereits angekündigt haben.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Das Buch habe ich schon vor einiger Zeit beendet, aber es wirkt nach, mehr als "Der Tag, der alles veränderte". Das mag daran liegen, dass mir Clint und Sara näher gekommen sind, dass ich ihre Probleme sehr gut nachvollziehen kann. Die Erkrankung, die daraus resultierende Schwäche, Saras Hilflosigkeit, die Zweifel, die aufkommen, darauf lag mein Hauptaugenmerk, sie waren der eigentliche Grund, warum ich das Buch gelesen habe. Es ist alles sehr gut umgesetzt, es gibt keinen Bruch, sondern es ist alles nachvollziehbar.


    Die Krimihandlung ist natürlich schlüssig und aus meiner Sicht wirklich sehr gut beschrieben. Allerdings stimme ich SiColliers Einschätzung im Spoiler nicht ganz zu. :-)


    Wie dem auch sei, die Bücher von Amy Wallace sind sehr zu empfehlen, gerade weil sie sich nicht nur auf die Krimihandlung stützen. Auf Band 3 freue ich mich einerseits sehr, andererseits graut mir vor den "üblichen" Verlusten.