'Allerliebste Schwester' - Seiten 210 - Ende

  • Liebe Bookworm, liebe Eulen,


    ich wollte bewusst mehrere Lesarten des Romans, wollte bewusst Fragen offen lassen, die sich jeder selbst beantworten muss. So zum Beispiel die Sache mit Evas Krankheit.


    Du schreibst, es sei ein "kleines, leises Büchlein", was mich sehr freut, denn genau das soll es sein. Ich wollte keine mit bombastischen Posaunen daherkommende Geschichte schreiben, sie sollte in der Tat ganz leise sein, abr in eben dieser Stille soll sich der Horror, die Beklemmung entfalten.


    Was ist am Ende die Wahrheit? Schwer zu sagen, sogar für mich selbst. Was allerdings ganz eindeutig ist: Es geht um die Schuld, die JEDE der Personen auf sich geladen hat. Tobias, Eva, selbst Simon kämpft seit Jahren mit seiner Schuld. Und keiner von ihnen kann sie für sich gut machen, kann sie für Marlene gut machen, sondern muss lernen, sich selbst zu vergeben und damit zu leben. Wie Eva am Ende versteht: "Wir können unsere Fehler aneinander nicht wieder gutmachen." Der Versuch, den sie seit Jahren unternommen hat, genau das zu tun, MUSSTE unweigerlich scheitern.


    Und Tobias, ist er wirklich nur kaltherzig und böse? Oder ist er nicht genau so gefangen in seiner Welt, wie Eva es lange Zeit war? Ist er nicht auch unfähig, das Richtige zu tun, anders zu handeln, als er es macht? Ist Tobias ein glücklicher Mensch in der selbst gewählten Scheinwelt, in der er lebt? Ich glaube nicht.


    Aber die anderen Figuren sind für mich am Ende auch nicht so wichtig, mir ging es um Eva, von Anfang an. Und auch, wenn der Roman kein klassisches "Happy End" im Sinne von "Sie reiten Hand in Hand in den Sonnenuntergang" hat, ist es für mich schon ein Happy End. Eben ein kleines, leises, das aber eigentlich genau genommen ziemlich groß ist.


    Danke für Eure Meinungen zur Leserunde, ich bin gern wieder dabei. Im September kommt ja mein Buch mit Christian Clerici "Es sagt/Sie sagt". Und das wird dann eine sehr heitere Leserunde :grin :wave

  • Tja, das Buch hat den Tag nicht überlebt, wusste ich doch. :grin


    Mir hat es wirklich gut gefallen, die andere Wiebke als Autorin zu erleben. Die Auflösung ist erschreckend, aber ich befürchtete auch, dass Marlene keinen Selbstmord begangen hat.


    Dass Eva sich befreien konnte, hat mich sehr gefreut. Auch, dass sie den Mut hat, die Wahrheit zu sehen, dass eine Beziehung zu Simon nicht gut wäre.


    Tobias, tja... So, wie erwartet, war er misstrauisch, hat Eva kontrolliert und sie schließlich erwischt. Doch wie Beo schon schrieb, er ist unschuldig aus seiner Sicht. Schlimm, solche Leute.


    Dass auch Simon eine Schuld mit sich herumträgt, ahnte ich nicht, interessanter Aspekt, den die Geschichte dann noch zeigte.


    Dass nicht alles bis ins letzte Detail erklärt ist, finde ich nicht schlimm. Ich glaube, ich hätte auch damit leben können, wenn der Fall Marlene nicht bis zum Schluß aufgeklärt worden wäre.


    Dass Marlene Eva nicht mitteilen konnte, dass sie ermordet wurde, zeigt mir, dass sie nur eine Erscheinung war, die Eva sich gewünscht hat. Und sie gab die Antworten, die Eva sich unbewusst gerade dachte.


    Die Entwicklung von Eva hat mir wirklich gut gefallen, dass sie gekämpft hat, auch wenn sie zwischendurch die Tabletten geschluckt hat, hat sie doch den Willen gehabt, spätestens ihrem ungeborenen Kind eine Zukunft zu bieten.


    Ich war erst skeptisch, da ich befürchtete, dass das ein Psychothriller ist, der mir schlaflose Nächte aufgrund seiner blutigen und seelischen Grausamkeiten bereiten würde, so aber war es eine sehr interessante Geschichte, die mich beschäftigt hat, aber aufgrund der unterschwelligen Stimmungen, die so herrschten. Beklemmung und Unwohlsein passten hier gut.


    Mir hat die Schreibweise auch sehr gut gefallen. Nicht unnötig ausgeschmückt, sondern eine straffe Handlung, die gut zu verfolgen war, aber Luft für eigene Spekulationen lässt. Ein paar mehr Seiten hätten es ruhig sein dürfen, wobei Evas Geschichte für mich erzählt ist. Der Leser darf ruhig danach noch ein wenig Gedanken spinnen, um die offenen Fäden weiterzuspinnen. Umso mehr bleibt das Buch im Kopf.


    Bitte mehr davon, Wiebke. Ich werde es auf jeden Fall weiterempfehlen. :wave

  • Wow ... da habe ich zum Schluss echt Gänsehaut gehabt. Wiebke ... das ist ein echt ganz ganz toller Roman :anbet. Ich weiß nun auch, warum du da soviel Herzblut reingesteckt hast. Meine Angst war unbegründet. Es war Psycho, es war Thriller, es war spannend und fesselnd vom ersten Moment. Ich hoffe, dass noch mehr in dieser Art von dir kommen wird.


    Es freut mich, dass Eva durch die Schwangerschaft endlich den Absprung schafft. Den Absprung von den Tabletten, ein Rauskommen aus den Depressionen und die Trennung von Tobias. Auch das sie dann von Simon den Absprung schafft und letztendlich ihren eigen Weg finden WIRD. Das ist für mich ein Happyend ...


    Das Simon soviel damit zu tun hatte, hat mich sehr erstaunt. Aber im Nachhinein wundert mich das nicht. Auch er hat wahrscheinlich versucht durch Eva mit seiner Schuld besser fertig zu werden.


    Und Tobias ... war mir nie geheuer. Ob er nun aus Absicht und Wut Marlene gestoßen hat ... ich weiß es nicht, aber für mich war es Mord. Und dann kann ich auch verstehen, warum er soviel in Marlene projiziert hat... sein eigenes Vergehen, seine eigene Schuld zu lindern, was aber ins Gegenteil umgeschlagen ist.


    DAS ist auf jeden Fall ein Buch, was ich gut und gerne weiterverschenken werde. Volle Punktzahl. Die hast du dir verdient.

    :lesend Tom Voss - Dämmerung für Beck

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