Tom Holland - Der Schläfer in der Wüste

  • Tom Holland - Der Schläfer in der Wüste


    Ich war mir nicht sicher, in welche Sparte das Buch gehört. Ich würde es als historische Mystery bezeichnen.


    Hier ersteinmal der:
    Klappentext:
    Ägypten, 1922, im Tal der Könige: Howard Carter entdeckt das Grab des Tutenchamun, versiegelt und mit einem grauenhaften Fluch belegt. Welches tödliche Geheimnis birgt dieses Grab? Und was ist das für ein düsterer Kult, der bis in die Regierungszeit des mysteriösen »Ketzerkönigs« Echnaton zurückreicht und über Jahrtausende in den Angstvorstellungen der Menschen überlebt hat? Eine versunkene Zivilisation und ihre Mythen werden lebendig, wenn der Geschichtenerzähler Tom Holland eine der bizarrsten Legenden aus dem alten Ägypten phantasievoll und historisch fundiert weiterspinnt. Ein Phantastischer Roman von epischer Dimension... Tom Holland ist ein geborener Geschichtenerzähler. THE GUARDIAN Irgendwo zwischen historischer Erzählung und Schauerroman angesiedelt ...in beiden Genres eine Meisterleistung. THE OBSERVER


    Meine Meinung dazu:
    Ich war angenehm überrascht, habe das Buch gern gelesen. Tom Holland schreibt sowohl historische Bücher als auch historische Bücher mit Vampirbezug, und dieses Buch ist wohl eine Mischung aus beidem.
    In dieser schaurig-spannenden Geschichte stützt er sich auf historische Tatsachen und vermutete Gegebenheiten aus dem alten Ägypten, würzt sie mit modernen verschwörerischen Theorien, die dazu kurzsieren.
    Daraus entsteht die Geschichte eines gruseligen, schaurigen Pharaonenkultes, der bis in die moderne Zeit hineinreicht, und der manches mit dem Kult von Vampiren gemein hat.


    Es ist kein Buch, das speziell für Vampirfans geschrieben ist, aber Vampirfans würden sich damit wohl fühlen. Lesern, die mit Vampiren nichts am Hut haben, kann es ebenso gut gefallen - ich lese zum Beispiel keine Vamirgeschichten.


    Sein Schreibstil ist unkompliziert, und, wie im Klappentext erwähnt, tatsächlich sehr bildhaft und erzählend. Es entsteht ein gewisser Sog in die Geschichte hinein, und es entstehen starke Bilder.
    Unterhaltsam und sehr empfehlenswert.

  • Hallo Herr Palomar,


    ...überwiegend im alten Ägypten; aber nicht nur bei Echnaton, sondern auch zu Zeiten seiner Eltern Teje und Amenhotep. Carters Entdeckung ist nur die Rahmenhandlung, leitet den Anfang ein und liefert ein originelles Ende.
    Den Hauptteil bildet eine Vergangenheit, die immer weiter zurückliegende Ereignisse aufdeckt.
    Der Autor hat das verschachtelt aufgebaut - die Geschichte in der Geschichte, in der sich eine noch ältere Geschichte offenbart...
    Dazu benutzt er einen Erzähler, dem wiederum etwas erzählt wird, bis die Lösung des Rätsels erreicht wird.
    Das Buch hat schon überwiegend phantastische Elemente, trotz aller Historie, die die Basis bildet.

  • Sogwirkung bei Büchern mag ich sehr gerne, obwohl ich solchen Mystery-Thrillern eher skeptisch gegenüberstehe. Deine Rezi klingt jedenfalls sehr interessant.

  • Zitat

    Original von Ex libris
    ...obwohl ich solchen Mystery-Thrillern eher skeptisch gegenüberstehe.


    Ja, ich habe mir das mit den Mystery-Thrillern mal überlegt - ich mag Mystery normalerweise nur, wenn es ganz pur präsentiert wird.
    Seltsam, aber wenn in sonst sehr realen Geschichten plötzlich Fantasy-Elemente auftauchen, oder mystische Unwahrscheinlichkeiten, kann mich das stören, da ich mental nicht darauf eingestellt bin. Plötzlich wird dann die Geschichte, in die ich mich eingelebt und eingefühlt habe, unglaubwürdig.


    Bei diesem Buch liegt die Betonung aber auf Mystery - die Mystery ist aber nicht völlig neu erdacht, sondern sie orientiert sich ein wenig an den schön-schaurigen Mutmaßungen über die ungeklärten Umstände aus dem Leben Echnatons und Tut-Anch-Amuns, die in interessierten Kreisen schon seit langem gern diskutiert werden.


    Tom Holland hat mich deshalb gereizt, weil ein Freund von mir von Holland ein Geschichtsbuch in Romanform gelesen hatte (über Sparta). Er fand das Buch beeindruckend, da historisch genau und dabei schön anschaulich und einprägend. "Der kann was", meinte er abschließend.


    Und so griff ich nach diesem Buch -
    obwohl mich die Covergestaltung nicht sehr angesprochen hat, aber das ist ein anderes Thema.


    Die Covergestaltung gibt nicht die Stimmung wieder, die in der Geschichte entsteht. Bös gesagt erinnert sie an ein Urlaubsfoto von Ägypten - ich würde da eher an eine Romanze denken, oder eine Reiseerzählung, wenn ich den Klappentext nicht gelesen hätte. Passt wirklich gar nicht.

  • Das hast Du sehr gut und ausführlich begründet. Danke, Sophia!
    Weißt Du, wie das Buch hieß, das Dein Freund da über Sparta gelesen hat? Das würde mich doch interessieren.

  • Danke Izla - ich habe nachgefragt und kann Dir den Titel des Buches nennen. Aber ich habe mich falsch erinnert- darin geht es nicht nur um Sparta. Und es ist ein englisches Buch:


    Tom Holland: "Persian fire" -
    es geht um die griechisch-persischen Kriege, Schlacht um Marathon, Thermopylen, etc.....also Griechenland war wenigstens nicht falsch...
    und es muss meisterhaft erzählt sein.


    Holland hat wohl auch ein Buch über das alte Rom geschrieben, der englische Titel lautet "Rubicon", wohl auch sehr gut.


    Beide gibt es bestimmt auch ins Deutsche übersetzt, hoffe ich zumindest, denn ich will sie mir bald einmal besorgen.

  • Tom Holland ist zweifellos ein großartiger Erzähler, der es versteht, Spannung aufzubauen und den Leser wie mit einem Sog in die Geschichte zu ziehen.
    Dementsprechend konnte ich den "Schläfer in der Wüste" auch kaum zur Seite legen.


    Die Geschichte holt weit aus und führt von 1922 über die 1890er und Kairo um das Jahr 1000 zurück bis in die Zeit um 1400 v. Chr. Dabei schachtelt Holland mehrere Geschichten bzw. Erzählebenen geschickt ineinander.


    Obwohl ich das Buch sehr fesseln fand, hat mir die Geschichte insgesamt weniger gefallen. Das liegt zum einen daran, dass ich die real existierende Person Howard Carter für keinen geeigneten Protagonist halte, zum anderen, dass sich der Autor große Freiheiten bei der Interpretation des über die 18. Dynastie bekannten Wissens nimmt (auch wenn man ihm zugestehen muss, dass er gut recherchiert hat). Wenn man sich selbst etwas mit diesen historischen Hintergründen auskennt, wirkt seine daraus gesponnene Geschichte fast haarsträubend phantastisch; zudem empfand ich das Nacherzählen von Geburt und Thronbesteigung dreier Pharao-Generationen als ziemlich langatmig.
    Auch die Auflösung des großen Rätsels ganz am Ende ist etwas dürftig und weniger spektakuläre als man aufgrund des Spannungsaufbaus erwarten würde.


    Gut gefallen hat mir dagegen die Geschichte um Harun al-Vachel selbst, wahrscheinlich, weil mir dieser Teil der Weltgeschichte vollkommen fremd ist.


    Kurzum, ein spannendes Buch mit lebendigem, teilweise an arabische Märchen erinnernden Erzählstil und passend altmodischer Sprache. Ein Roman, der tief in die Mysterien des alten Ägyptens entführt. Wer sich allerdings für die tatsächlichen Hintergründe um Echnaton und Nofretete interessiert, dürfte mit einer Biografie oder anderen Romanen glücklicher werden.


    Deshalb: 6 Punkte.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zum Thema ""phantastische Elemente" dieses Romans bin ich noch auf etwas gestoßen.


    Das Buch ist ja von Beginn an als phantastischer Roman angelegt.


    Es stützt sich zwar schon auf historische Tatsachen, aber im Mittelpunkt stehen mystische Spekulationen, die seit langer Zeit in Bezug auf Echnaton und seine Familie bestehen:
    Woher seine seltsame Schädelform? War er eventuell tatsächlich nur halb menschlich? Wurde er ermordet? Oder verschwand er nur und wurde für tot erklärt? Lebte er gar weiter? War er das Oberhaupt einer geheimen Gruppe Eingeweihter, die ein geheimes Wissen hüten?
    Etc. usw..... :brabbel


    All diese Mysterien hat Holland nun in seinem Roman in einer packenden, unheimlich-schaurigen Geschichte verarbeitet, die an all die Menschen gerichtet ist, die sich gern aus Lust am Gruseln diesen Pharaonen-Mysterien widmen.


    So, und nun endlich zu meiner "Entdeckung".
    :licht


    Manche Leser wussten das vielleicht sowieso schon, aber ich wusste es nicht:
    Der Autor hat die Geschichte mit Howard Carter als Einstieg und Abschluss aus einem besonderen Grund gewählt:


    Das geheimnisvolle Tontäfelchen, das Carter zu Beginn findet, ist der Grund. Es führt wunderbar in den geheimnisvollen Fluch ein, der die Grundlage der Geschichte bildet:
    Denn es wurde wohl tatsächlich gefunden und sorgte damals zu Ausgrabungszeiten kurz für Angst und Schrecken: Der Tod wurde darauf jedem angedroht, der die Ruhe des Pharaos stört.
    Holland spinnt diese Gedanken weiter: Und wenn es nun wirklich wahr wäre? Dann seht her, wie es zu diesem Fluch kam....


    Es hieß, Carter habe dieses Tontäfelchen im Grab Tut Anch Amuns gefunden. Der Text darauf legte einen Fluch auf jeden, der die Ruhe des Grabes stört.
    Nun, das hatten sie mit Öffnung des Grabes ja getan, und unter den Ausgrabungshelfern entstanden angstvolle Gerüchte. :yikes


    Wie alle Fundstücke wurde dieses Täfelchen wohl im Katalog verzeichnet. Dann strich man es aber wieder heraus und ließ das Tontäfelchen verschwinden. Denn die Gefahr bestand, dass die oftmals abergläubischen Ausgrabungshelfer, die schon nervös geworden waren, ihre weitere Mithilfe verweigern würden. Bis heute bleibt dieses Tontäfelchen verschwunden, aber:


    Ein fast identischer Spruch wurde später nocheinmal gefunden, in der Hauptkammer auf einer Figur , die den Pharao schützen sollte. Deshalb ist auch die Geschichte mit dem Tontäfelchen sehr glaubhaft.


    Und dieser Fluch ist der Einstieg in Hollands Geschichte, denn alles, was folgt, baut auf einem Fluch auf.
    Deshalb der Einstieg mit Carter und seinem Tontäfelchen.