'Rebecca' - Kapitel 01 - 09

  • Zitat

    Original von Klusi
    ...
    Seit ihrer Ankunft in Manderley benimmt sich Maxim recht gedankenlos seiner jungen Frau gegenüber. Besonders ist mir das beim gemeinsamen Mittagessen aufgefallen, als Beatrice mit ihrem Mann und der Verwalter zu Gast waren. Maxim scheint als selbstverständlich erwartet zu haben, dass seine Frau die Tafel aufhebt, aber woher sollte sie das wissen? Sie ist wirklich sehr naiv und unerfahren und obendrein auch äußerst nervös, was sicher nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass alles neu für sie ist und die Angestellten ihr nicht gerade hilfreich begegnen.


    SdNngwd ist für so ein Leben auch gar nicht erzogen worden. Sie ist ja selber Angestellte und hat nicht gelernt, Anweisungen zu geben, einen Haushalt zu überwachen und sich weltgewandt in Gesellschaft zu bewegen.


    Zitat

    Beatrice scheint ein sehr offener und ehrlicher Mensch zu sein, und ihr Erscheinen war direkt wohltuend nach all den seltsam guckenden Hausangestellten. Vielleicht bildet sich die junge Mrs. de Winter auch nur ein, dass alle seltsam gucken, wenn sie erscheint, denn eigentlich ist doch nichts dabei, wenn die Dame des Hauses z.B. nach dem Frühstück noch einmal in ihrem Schlafzimmer erscheint, weil sie vielleicht etwas vergessen hat. :pille


    Alles scheint noch wie überzogen von der Präsenz der verstorbenen Herrin, die scheinbar nur einen Raum zu betreten brauchte, um die Aufmerksamkeit aller zu haben. Mrs Danvers erzählt ja auch von der Bestimmtheit, mit der Rebecca alles nach ihren Wünschen gestaltete. Ich denke, dass das Personal SdNngwd schon mit irritierten Blicken und sicher auch einem gehörigen Maß an Spott bedacht haben und dass es ihnen schwer gefallen ist, ihre neue Herrin überhaupt ernst zu nehmen.

  • so, nun bin ich auch dabei. und schließe mich eurer begeisterung über den ersten satz an. er hat für mich so etwas "mehr erwartung weckendes" wie "scarlett o´hara war nicht eigentlich hübsch zu nennen".
    auch mir ist in erinnerung, dass der vorname der "zweiten mrs. de winter" im ganzen buch nicht genannt wird, und ich halte das, wie schon jemand weiter vorn schrieb, ebenfalls für einen sehr gelungenen kniff.
    man konzentriert sich auf den nachnamen, fügt das "die zweite" hinzu und hat mit der zeitlichen bedeutung gleich eine als wertende zu verstehen mögliche dabei.
    ja, sie wirkt naiv, aber ich denke, dass sie es in anbetracht der umstände nicht mehr ist, als die meisten es sein würden. es ist immer einfacher, bquem aus dem fernsehsessel einer doris day zu sagen, von wem die mitternächtlichen anrufe sind, als wenn man selbst in der situation steckt, denke ich.

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Ich schließe mich Kulis und Isieras Meinung ein bisschen an.


    Im Grunde ärgere ich mich ein wenig über die junge Frau.
    Sie ordnet sich konsequent und immer wieder selbst in die Rolle der unbegabten, unwissenden, un... ein, wir bekommen die Verhaltensweisen der Angestellten nur aus ihrer Sicht heraus geschildert und ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht etwas übertreibt. Sie interpretiert, dass der Butler sie verspottet, sie interpretiert die Gedanken der Haushälterin ... irgendwie scheint es ihr vor allem an Selbstbewusstsein zu mangeln. Ihr Mann mag sie dagegen ja wohl so, wie er sie kennen gelernt hat. Bisher jedenfalls.
    Ich ärgere mich deshalb, weil sie sich ständig in den vermeintlichen Meinungen anderer spiegelt anstatt zu sagen: mir doch egal, ich bin, wie ich bin. Das ist ein bischen unreif, selbst für eine 21jährige.
    Andererseits, die Erziehung ... sie hat ja eindeutig keine der Vorzüge, die von einer Hausherrin, so scheint es, erwartet werden. Schön wäre es, wenn sie dies zu ihrem "Markenzeichen" machen würde ...
    ABER das Buch wäre dann nicht so, wie es ist. So dient sie mir als Anti-Beispiel für die selbstbestimmte Frau von heute.


    Ihr Mann ist mit 42 deutlich älter und vor allem erfahrener, selbstbewusster erzogen, anderen Umgang gewöhnt ... ich glaube, schon aus diesem Grund kann er gar nicht nachvollziehen, was seine Frauen für Leiden aussteht. Ausserdem küsst er sie immer nur auf das Haar :-) Ob da Liebe im Spiel ist mag ich nicht beurteilen.


  • das ist ja das vertrackte/geschickte daran:
    sie IST diverse "un"...
    sie ist ungebildet, "unreich" und noch andere "un"s - verglichen mit maxim.
    und teilweise sogar verglichen mit dem personal.
    klar, sie steigert sich dort hinein, übertreibt. und wird dadurch NOCH UN-sicherer.
    das mit dem aufshaarküssen fiel mir bisher gar nicht so auf (wieder einmal ein zeichen, wie bereichernd das leserundenlesen neue perspektiven aufzeigen kann).
    je länger ich mich mit dem buch befasse, desto mehr gerate ich ins grübeln, ob du maurier uns damit nicht, wie ich bisher dachte, die geschichte einer verruchten rebecca, sondern - trotz des titels - eher die geschichte eines (hier fehlt mir noch das rechte wort, irgendwas in richtung "weichei mit zerstörerischem einfluss") -mannes erzählen wollte.
    jedenfalls mag ich ihn immer weniger :gruebel

    Mögen wir uns auf der Lichtung am Ende des Pfades wiedersehen, wenn alle Welten enden. (Der Turm, S. King)


    Wir fächern die Zeit auf, so gut wir können, aber letztlich nimmt die Welt sie wieder ganz zurück. (Wolfsmond, S. King)


    Roland Deschain

  • Zitat

    Original von krokus
    je länger ich mich mit dem buch befasse, desto mehr gerate ich ins grübeln, ob du maurier uns damit nicht, wie ich bisher dachte, die geschichte einer verruchten rebecca, sondern - trotz des titels - eher die geschichte eines (hier fehlt mir noch das rechte wort, irgendwas in richtung "weichei mit zerstörerischem einfluss") -mannes erzählen wollte.
    jedenfalls mag ich ihn immer weniger :gruebel


    Das ist sehr treffend ausgedrückt :-)
    Den Mann habe ich bisher nur als normal kennengelernt, er verlässt sich auf die Selbstständigkeit seiner Frau. Das er nicht erkennt, wie sie strauchelt und wankt ist zwar sehr schade, aber ich erkläre es mir immer noch mit dem Altersunterschied. Maxim scheint mir kein sehr sensibler Mensch in Bezug auf seine Umgebung zu sein, er ist eher ichbezogen. Aber bösartig war er bisher nicht. Kommt vielleicht noch :gruebel

  • ein reicher, älterer und gebildeter mann mit einem "de" im wohlklingenden namen und eine junge einfache frau - das sieht zunächst nach einer eliza doolittle-geschichte aus. aber weit gefehlt. maxim macht keinerlei anstalten, seine namenlose zweite ehefrau zu fördern oder gar zu unterstützen.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)