Die Adlon Verschwörung - Philip Kerr

  • Die Adlon Verschwörung, Philip Kerr, Orig.titel „If the Dead Rise not“, Übersetz. Axel Merz, Wunderlich (Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek, März 2010, ISBN 978-3-8052-0890-1


    Zum Autor: (lt. Klappentext)
    Philip Kerr wurde 1956 in Edinburgh geboren. Er studierte Jura und Rechtsphilosophie und arbeitete anschließend in einer Werbeagentur. 1989 erschien sein erster Roman „Feuer in Berlin“, der international Anerkennung fand. Aus dem Debüt entwickelte sich die Krimiserie um den Privatdetektiv Bernhard Gunther. Diese Reihe führte Kerr mit den 2008 und 2008 erschienenen Romanen „Das Janus-Projekt“ und „Das letzte Experiment“ fort. Für „Die Adlon Verschwörung“ erhielt er den Krimipreis der spanischen Mediengruppe RBA, den höchstdotierten Krimipreis der Welt. Außerdem errang der Roman den Ellis Peters Historical Dagger Award der „Crime Writers’ Association“.



    Meine Meinung:
    Als ich zu Philip Kerrs Kriminalroman „Die Adlon Verschwörung“ griff, wusste ich nicht, dass es sich um den sechsten und bisher letzten Teil einer Krimiserie um den Privatdetektiv Bernhard Gunther handelt. Da Philip Kerr diesen Krimi aber so aufgebaut hat, dass es keine Rolle spielt, die vorangegangenen Romane nicht zu kennen, konnte ich „Die Adlon Verschwörung“ ungetrübt genießen und freue mich darüber, mal wieder eine Krimireihe mit Anspruch, interessanten Themen und Humor entdeckt zu haben.


    Berlin, 1934: Der ehemalige Polizist Bernie Gunther arbeitet als Privatdetektiv und Sicherheitsverantwortlicher im luxuriösen Hotel Adlon. Als der Leiter einer großen Baufirma unter mysteriösen Umständen im Hotel Adlon stirbt, deutet zunächst nur wenig auf Mord hin. Zunächst wird sein Tod auch nicht mit der im Landwehrkanal gefundenen Leiche eines jüdischen Boxers in Verbindung gebracht. Als Bernie Gunther die jüdisch-amerikanische Journalistin und Olympia-Boykott-Befürworterin Noreen Charalambides bei ihren Recherchen über die Diskriminierung von Juden in Deutschland begleitet und unterstützt, stößt er auf ein Komplott um den Bau des Olympiastadions. Die Nazis haben ein Netz von Scheinfirmen zur Finanzierung des Baus aufgebaut. Hochkarätige Nazi-Funktionäre werden auf Bernie Gunther und Noreen Charalambides aufmerksam. Auch wenn es beiden gelingt, glücklich aus deren Fängen zu entkommen, bleibt ihr Schicksal mit der Vergangenheit verbunden. 1954 treffen sie sich in Havanna wieder, wo einige Drahtzieher der Adlon Verschwörung eine neue Heimat gefunden haben...


    Humor erwartet man üblicherweise nicht bei einem Kriminalroman, der im Deutschland der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts spielt, insofern war ich über Sprache und Auftreten von Bernie Gunther sehr überrascht. Sicher kann man Philip Kerr vorwerfen, dass ein Regimegegner wie Bernie Gunther, der offen seine Meinung äußert, noch dazu zumeist mit beißender Ironie, im Dritten Reich nicht lange frei gelebt ganz zu schweigen von überlebt hätte. Allerdings macht der Zynismus des Verzweifelten, den der Protagonist zeigt, das aus, was „Die Adlon Verschwörung“ zu einem amüsanten, intelligenten und spannenden Kriminalroman macht und ermöglicht dem Leser das Dritte Reich durch Bernie Gunthers Brille und damit aus einer kritischen Distanz zu sehen. Dass Bernie Gunther bei allem was ihm passiert und was er anmerkt mit Vergleichen und Metaphern aufwartet, ist zwar etwas überzogen, fiel mir aber nur selten negativ auf. Bernie Gunther selbst ist ein Schwerenöter, der durchaus James Bond Konkurrenz machen könnte – so sind auch die Frauen im Leben von Bernie Gunther ebenso attraktiv wie Bond-Gespielinnen. Bernie Gunther ist ein eher tragischer Held – so wie James Bond neuerdings auch.


    Den zweiten, in Kuba handelnden Teil des Romans empfand ich etwas schwächer als den ersten Teil, aber dennoch lesenswert. Dies könnte mit dem veränderten Grundton der Geschichte aufgrund der persönlichen Veränderung des Protagonisten zusammen hängen.


    „Die Adlon Verschwörung“ von Philip Kerr hat alles, was ein guter Thriller braucht: eine gut recherchierte, spannende Handlung mit stringentem Spannungsaufbau, einen interessanten Hintergrund, schillernde Schauplätze, eine Hauptfigur mit Ecken und Kanten. Als Extra gibt es bei Philip Kerr noch eine gute Mischung aus Fakten und Fiktion.


    8 von 10 Punkten