OT: In de ogen van mijn broer
Kurzbeschreibung:
Was geschah mit seiner Familie, während er in Europa lebte? Warum musste seine Nichte Nawal sterben? Wurde sie von der eigenen Familie hingerichtet? Als der Ägypter Hosni nach 20 Jahren in seinen Geburtsort heimkehrt, erwartet ihn ein Haus des Schreckens: Seine Nichte hat sich verbrannt, ihr Vater sich die Augen ausgestochen; er ist ein gebrochener Mann. Schon bald wird Hosni von seiner vergessen geglaubten Vergangenheit eingeholt. Ist er selbst die Ursache für all das Unglück? Hosni will die Wahrheit hinter der erschütternden Familientragödie wissen und verstrickt sich tödlich in die archaische Welt seines Heimatdorfes.
Über die Autorin:
Lisa de Rooy, 1961 in den Niederlanden geboren, ist mit dem bekannten ägyptischen Schauspieler Sabri Saad El-Hamus verheiratet. Nach dem Abschluss der Schauspielakademie veröffentlichte sie zunächst Erzählungen. Ihr erster Roman "In den Augen meines Bruders" wurde von der Niederländischen Kritik einmütig gefeiert und mit dem Debütpreis "Vrow & Kultuur" für das Jahr 2000 ausgezeichnet.
Meine Rezension:
Vor 20 Jahren hat Hosni völlig überstürzt seine Heimat Ägypten verlassen und ist in die Niederlande ausgewandert. Dort wurde er ein erfolgreicher Geschäftsmann, heiratete eine Niederländerin und bekam eine Tochter. Doch inzwischen liegt auch seine vermeintlich heile Welt in der Fremde in Scherben, seine Frau hat ihn verlassen, dafür ist der Alkohol sein ständiger Begleiter. Als ihn ein Hilferuf seiner Mutter erreicht, macht er sich auf den Weg zurück in sein ägyptisches Heimatdorf und ahnt nicht, dass es auch ein Weg in die eigene Vergangenheit ist.
Autorin Lisa de Rooy gelingt es unglaublich gut, die Atmosphäre des ägyptischen Dorfes einzufangen, man schmeckt förmlich den Staub der Straße, spürt die erbarmungslose Sonne und hört das Lachen der Kinder, die auf den Straßen spielen. Wer schon einmal in Ägypten war, riecht den einzigartigen Geruch dieses Landes beim Lesen. Hosni, der Protagonist ist ein ganz normaler Mann, der von einer besseren Zukunft träumt und von seiner zurückgelassenen Familie, zu der er in den 20 Jahren seiner Abwesenheit kaum Kontakt hatte, um Hilfe gebeten wird. Schnell merkt man, dass er selbst ein Heimatloser ist, zuhause als Europäer und in den Niederlanden als Ausländer wahrgenommen, ist er auch innerlich zerrissen. Erst nach und nach, mit Rückblenden in die Vergangenheit, erkennt der Leser das Grauen, das er in seiner Heimat vorfindet aber auch das, welches er bei seiner fluchtartigen Abreise zurückgelassen hat. Mit jeder Seite wird man in die uns Europäern fremde Welt hineingezogen, schwankt zwischen Wut, Hilflosigkeit und Mitgefühl. Doch wie so oft, steckt hinter vielem viel mehr, als es den Anschein hat und so wird man am Ende des Buches viele der Ereignisse und so manche Personen anders beurteilen als noch zu Beginn und während des Lesens. Ein sehr intensiver, gelungener Roman über die Vergangenheit, der man nicht entrinnen kann und der Balance zwischen zwei Kulturen.
8 Punkte.