Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand - Natasha Solomons

  • Gebundene Ausgabe: 384 Seiten
    Verlag: Kindler (17. September 2010)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3463405784
    ISBN-13: 978-3463405780
    Originaltitel: Mr. Rosenblum`s List


    Über die Autorin:
    Natasha Solomons wurde 1980 geboren. Mit neun Jahren hatte sie ihren ersten Job: Sie hütete als Schäferin die Herde von Bulbarrow Hill. Mittlerweile arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Mann David als Drehbuchautorin und promoviert außerdem über Lyrik des 18. Jahrhunderts. Natasha und David leben in einem baufälligen Naturstein-Cottage in Dorset. Zum Arbeiten zieht sie sich in ein bemaltes Sommerhaus neben einer Apfelplantage zurück, wo ihre nächsten Nachbarn ein Paar neugieriger Fasane sind. Zu ihrem ersten Roman wurde sie von ihrer deutsch-jüdischen Großmutter inspiriert.


    Inhalt:
    Im Jahr 1937 flüchtet der Jude Jakob Rosenblum mit seiner Frau Sarah und seiner Tochter Elizabeth von Berlin nach England. Dort angekommen erhält er als feindlicher Ausländer eine Broschüre mit einer Auflistung der Sitten und Gebräuche in England. Weil Jakob nicht auffallen und ein richtiger Engländer werden will, hält er sich akribisch an die seiner Meinung nach „Anleitung zum Glücklichsein“ und ergänzt die Liste stetig. Aus Jakob wird Jack, der es schafft, in London eine florierende Teppichfabrik zu errichten. Nach fünfzehn Jahren hat Jack viel erreicht, nur Punkt 150 seiner Liste ist ihm verwehrt geblieben, nämlich die Mitgliedschaft in einem Golfclub. Da ihn kein Club aufnehmen will, beschließt er, auf’s Land zu ziehen und dort einen eigenen Golfplatz zu bauen. Dieses Vorhaben erweist sich als äußerst schwierige Aufgabe ...


    Meine Meinung:
    Mit ihrem Debütroman, den sie ihrem Großvater gewidmet hat, ist Natasha Solomons ein Meisterwerk der leisen Tönen gelungen. Der Roman zeichnet sich nicht durch eine spektakuläre Handlung oder atemberaubende Spannung aus, sondern durch Feinsinnigkeit und Einfühlungsvermögen. In einer anschaulichen und zum Teil nahezu poetischen Sprache beschreibt die Autorin die Bemühungen eines Mannes und seiner Familie, in einem fremden Land Fuß zu fassen, geachtet und anerkannt zu werden. Während Jack unermüdlich danach strebt, ein richtiger Engländer zu werden, dabei trotz einiger Rückschläge nie resigniert und sein Ziel emsig verfolgt, fällt es seiner Frau Sarah schwer, mit alten Traditionen zu brechen und ihr früheres Leben zu vergessen. Natasha Solomons formt ihre Figuren so liebevoll und sympathisch, dass man unwillkürlich an dem Schicksal der Rose-in-Blooms teilnimmt und mitempfindet. Der Großteil des Geschehens spielt auf dem Land und dreht sich um den Bau des Golfplatzes. Der Leser taucht ein in die einzigartige Natur und Landschaft von Dorset und in die Welt der eigentümlichen Dorfbewohner, in der auch mythischen Legenden eine bedeutende Rolle zukommt. Dass die Autorin in Dorset lebt und ihre Heimat liebt, ist unverkennbar. Durch ihre bildhafte und detaillierte Darstellung und Erzählweise erscheinen Umgebung, Situationen und Personen vor den Augen des Lesers und er befindet sich immer inmitten der Ereignisse. Leider wird durch die deutsche Übersetzung des Originaltitels die Frage, ob Mr. Rosenblum tatsächlich sein Glück finden wird, bereits beantwortet. So geht es vielmehr um das Wie, das zu erfahren und mitzuerleben, ein wahrer Lesegenuss ist.


    Fazit:
    „Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand“ ist ein Buch mit Herz und Tiefgang, das mir auf alle Fälle in Erinnerung bleiben wird, und das ich jedem empfehlen kann, der Wert auf einen außerordentlichen Sprachstil legt, verbunden mit einer anrührenden Geschichte, die zum Nachdenken anregt und zum Nicht-Aufgeben anspornt.

  • Zum Inhalt:


    Der Jude Jack Rosenblum emigriert in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zusammen mit seiner Frau Sarah und der kleinen Tochter Elizabeth nach England, um den Nazis zu entgehen. Dort angekommen, ist es sein größter Wunsch, zu einem echten Engländer zu werden – er stellt eine Liste auf, die ihm dabei helfen soll und arbeitet sie nach und nach ab. Jahre später hat er es als Teppichfabrikant zu einigem Wohlstand gebracht, doch der letzte Punkt auf seiner Liste widersetzt sich hartnäckig: die Mitgliedschaft in einem englischen Golfclub wird ihm als Ausländer und Jude überall verwehrt. So entschließt er sich, selbst einen Golfplatz zu bauen und zieht mit seiner gar nicht begeisterten Frau von London aufs englische Land, um seinen Plan zu verwirklichen. Doch das ist leichter gesagt als getan, und dann ist da auch noch die Legende vom Dorseter Wollschwein…


    Meine Meinung:


    Anfangs tat ich mir sehr schwer mit diesem Buch, was vor allem an der holprigen Übersetzung lag; etwa ab der Mitte wurde es dann besser und das letzte Drittel fand ich richtiggehend gelungen. Von den Figuren wird mir vor allem das alte Dorforiginal Curtis in Erinnerung bleiben, mit Jack selbst konnte ich über weite Strecken wegen seinem unerschütterlichen Optimismus und seinem Enthusiasmus nicht so viel anfangen, erst gegen Ende hin, als die Schwierigkeiten mit dem Golfplatz überhand zu nehmen drohen, wurde er mir etwas sympathischer. Natasha Solomons hat mit ihrem Debütroman ein ruhiges Buch vorgelegt, Jacks Sehnsucht nach einem Golfplatz und nach seinem Akzeptiertwerden als echter Engländer kann als Parabel verstanden werden und entwickelt vor allem im letzten Drittel durchaus einen Reiz, aber so richtig begeistert hat es mich dann auch nicht.


    Ich hätte mir gewünscht, dass das Trauma des Entwurzeltwerdens aus der alten Heimat stärker thematisiert worden wäre, in Ansätzen geschieht dies ja bei der in der Vergangenheit und Trauer lebenden Frau Sarah, Jack hingegen verdrängt vieles und wirft sich mit aller Kraft in sein Projekt, ohne Rücksicht auf Verluste und unter großem finanziellem Risiko. Ebenso hätte die junge Autorin ein wenig ausführlicher auf die Legenden in diesem Landstrich Englands eingehen können, vieles wird nur angedeutet oder kurz erwähnt, ohne näher ausgeführt zu werden.


    Insgesamt ein nettes Büchlein für zwischendurch, das mich mit seinem Schreibstil zwar nicht zu überzeugen vermochte (was wie erwähnt an der Übersetzung liegen kann, da geht wohl eines vom Charme des Originals verloren), aber einige gute Ansätze vorweist und auch zeigt, welch immensen Stellenwert Freundschaften und Familie einnehmen.

  • Autorin: Natasha Solomons
    Titel: Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand
    Originaltitel: Mr. Rosenblum's List (2010, Hodder & Stoughton Limited)
    Erschienen]: 9/2010 Kindler-Verlag
    Seiten: 382


    Klappentext:
    Von dem Moment an, als Jack Rosenblum 1937 in Harwich von Bord geht, fasst er einen Entschluss: als deutscher ude, der mit seiner Frau aus Berlin fliehen konnte, möchte er so schnell wie möglich ein echter Engländer werden. Und so erstellt er eine Liste: einen leicht verständlichen Führer durch die Sitten und Gebräuche Englands. Fünfzehn Jahre später hat Jack viel erreicht. Nur einen Punkt auf seiner Liste konnte er noch nicht abhaken: er ist noch nicht Mitglied in einem englischen Golfclub. und da ihn niemand aufnehmen will, beschließt er, selbst einen Golfplatz zu bauen. Also schleift er seine Frau Sarah in das Herz der englischen Contryside, nach Dorset. Doch hier, im Land der Borstenschweine, Glockenblumen und des Apfelweins scheint die schwierigste Aufgabe noch vor ihnen zu liegen...



    Mein Leseeindruck:
    Jack und Sarah Rosenblum, die als vertriebene Juden England mit ihrer kleinen Tochter Elizabeth und mal gerade 20 Pfund betreten und sich im Laufe der Jahre zu einem der angesehensten Fabrikanten entwickeln in der Teppichbranche, gehen als Ehepaar nicht immer konform in ihrer Absichten und Entscheidungen. Jack, den die Broschüre, die alle Flüchtlinge in die Hand bekommen haben, um so unauffällig wie möglich unter das englische Volk gemischt zu werden, gar nicht mehr loslässt, sondern auch Jahre später mehr und mehr fasziniert, dabei durch viele weitere Punkte ergänzt, die seiner Meinung nach ein unauffälliges Verhalten" sicherstellen, und wahrscheinlich späterhin englischer ist als so mancher Engländer selbst, wird allerdings bei all seinen Bemühungen unauffällig" zu bleiben, an eine besonders schwere Grenze seiner Akzeptanz gebracht: er kann sich nicht damit abfinden, in keinem englischen Golfclub aufgenommen zu werden, und das, wo er doch so redlich von der ersten Minute an darum bemüht war, zumindest nach außen hin wie ein echter Engländer zu wirken, der selbstredend auch irgendwann Jaguar fährt. Also sucht Jack einen Flecken Erde außerhalb Londons und beginnt, seinen eigenen Golfclub zu errichten, was sich allerdings schwieriger und aufwändiger gestaltet, als er sich je hat erträumen lassen. Neben der Bewährungsprobe für seine Ehe spielt dann auch noch das gefürchtete Wollschwein eine nicht unerhebliche Rolle, das trotz allen Furchteinflößens aber der Sage nach auch Wünsche erfüllen soll, wenn das Herz voller reiner Liebe ist.
    Ich war von diesem Buch von Anfang an begeistert und es gehört zu den wenigen, bei denen ich mit Überzeugung sage, dass ich es kaum aus der Hand legen wollte. Die Autorin Natasha Solomons versteht es auf zeitweise so nüchterne und dann wieder emotionale Weise in die Charaktere der Protagonisten einzutauchen und kann deren Befindlichkeiten, Haltungen, Einstellungen so authentisch widerspiegeln, dass irgendwo kein Zweifel mehr bleibt, dass die Autorin hier einen wundervollen Roman geschrieben hat, der nicht nur reiner Fantasie entspricht. Sadie Jones, Autorin des Buches Der Außenseiter" kommentiert >>>Wie Mr. Rosenblum in England sein Glück fand<<< mit den Worten: >>>Eine anrührende und überraschende Lektüre, die glückliche Leser hinterlässt.<<< - Genau das! Mich hat dieser Roman von der ersten Zeile an berührt und am Schluss als glücklichen Leser zurückgelassen. Mir hat die Lebensgeschichte der Familie Rosenblum unglaublich gut gefallen, egal ob der Inhalt reiner Fantasie einer wundervollen Autorin entspricht oder eingesprenkelt ist mit authentischen Anteilen, lesenswert ist dieses Buch allemal. Was mir besonders gut gefallen hat: zum einen keinen übertrieben emotionalen Szenen, zum anderen gelang es der Autorin perfekt, in kurzen Sätzen die Empfindungen eines Menschen, projiziert auf eine bestimmte Situation, wiederzugeben. Wie ein blinder Passagier auf dieser Reise der Rosenblums mitzureisen, war einfach herrlich und am Ende steht die Lüftung der Frage aller Fragen: ist Jacks Herz voller reiner Liebe, damit auch sein Wunsch erfüllt wird?


    Für mich eines der schönsten Bücher 2010.


    Viel Spaß beim Lesen!
    Das Lesemäuschen

  • Meine Rezension
    Jack Rosenblum ist ein deutscher Jude, dem 1937 zusammen mit seiner Frau Sarah die Flucht aus Berlin nach England gelang. Nun ist sein höchstes Ziel, so schnell wie möglich ein „echter“ Engländer zu werden. Dabei legt er ein Tempo an den Tag, dem seine Frau nicht folgen kann. Bei seiner Einreise erhält er ein kleines Brevier, wie er sich am besten verhalten soll, um möglichst angepasst zu leben und nicht aufzufallen und Punkt um Punkt ergänzt und erweitert er diese Liste mit seinen eigenen Erfahrungen.


    Doch auch Sarah hat eine Liste – in ihrem Herzen: „Denk daran, den Sabbat einzuhalten. Denk an die Essensvorschriften, weil sie dich daran erinnern, daß Du ein Jude bist ….“ (S. 47)


    Sarah versteht den Wunsch ihres Mannes nicht, ein echter Engländer zu werden: „Du willst so sein wie jeder andere. Dann lass uns nach Israel gehen, wo alle so sind wie wir.“ (S. 44)


    Dabei macht Jack in England durchaus seinen Weg – vom Gelegenheitsarbeiter schafft er es mit Glück und durch Zupacken, eine Teppichfabrik sein eigen zu nennen. Doch eines fehlt ihm noch zum „wahren Engländer“: Die Mitgliedschaft in einem Golfclub. Doch daran beißt er sich die Zähne aus – kein Golfclub nimmt ihn auf. Da gibt es nur eine Lösung: Die Gründung eines eigenen Golfclubs.


    Und so kauft Jack Haus und Grundstück auf dem Lande und treibt seinen Plan gegen alle Widerstände (ich sage nur: Dorset Wollschwein!) voran… wird er sein größtes Ziel erreichen?


    Dieses Buch erzählt uns die Geschichte von Jack Rosenblum, dem zusammen mit seiner Frau rechtzeitig noch die Flucht vor den Nazis nach England gelang. Ein Glück, das dem Rest der Familie leider nicht vergönnt war. Und während Jack sich bemüht, die Brücken zur Vergangenheit hinter sich abzubrechen, ist seine Frau fest mit der Vergangenheit verhaftet. So hält sie unverbrüchlich an ihren Erinnerungen und Bräuchen fest und so entfernen sich auch die Ehepartner immer mehr voneinander. Auch ist Jack ein alter Patriarch, der seine Frau immer wieder vor vollendete Tatsachen stellt und sie auch vor großen Entscheidungen (wie z.B. dem Umzug aufs Land) nicht um ihre Meinung fragt.


    Die beiden Protagonisten Jack und Sarah erscheinen im Buch ältlich, wunderlich und verschroben, aber nicht unsympathisch. Ihre Geschichte wird in einem langsamen Fluß erzählt, der manchmal zwar ein wenig langatmig dahinfließt, dennoch war das Buch für mich wunderschön zu lesen.


    Es ist die Geschichte eines Mannes und seines Traums. Es ist aber auch die Geschichte einer Frau, die damit leben muß, ihre Lieben verloren zu haben.


    Wer mal wieder stille und doch schöne Lesestunden verbringen möchte, dem möchte ich dieses wirklich feine Buch ans Herz legen, in dessen Cover ich mich zuallererst schon verliebt hatte.


    9.5 von 10 Punkten (das halbe Pünktchen Abzug ist für die paar Stellen, die mir ein wenig zu langsam geschrieben waren ;-))

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)