A1-Verlag, 2001, 144 Seiten
Kurzbeschreibung:
Dojnaas Heimat ist das weite mongolische Hochland. Sie führt dem Vater seit dem Tod ihrer Mutter den Haushalt und lernt von ihm das Jagen. Obwohl im heiratsfähigen Alter, betrachtet sie das Thema Liebe eher pragmatisch und schlittert mehr zufällig in eine arrangierte Ehe. Doormak, der Bräutigam, ist gefangen im Widerspruch zwischen der angestrebten Rolle des unanfechtbaren Helden und der eigenen Unzulänglichkeit. Galsan Tschinag entwickelt ein beeindruckendes Psychogramm einer Ehe, das innerhalb der geschilderten nomadischen Welt modern anmutet: Mit einem Mann, der seine Ängste gegenüber einer sich verändernden Gesellschaft im Kampf gegen die Frau auslebt, und einer Frau, die die traditionelle Rollenverteilung zunächst ungebrochen übernimmt. In dieser Akzeptanz jedoch zeigt sie eine Stärke, die im existenziellen Konflikt schließlich eine befreiende Wirkung gewinnt.
Zum Autor:
Galsan Tschinag wurde Anfang der vierziger Jahre als Sohn einer Nomadenfamilie im Altai geboren. Von 1962 bis 1968 studierte er Germanistik in Leipzig. Nach seiner Rückkehr lehrte er Deutsch an der Universität in Ulaanbaatar. Seit 1991 ist er freier Schriftsteller, der seine Erzählungen, Gedichte und Romane vorwiegend in deutscher Sprache schreibt.
1992 erhielt er den Adelbert-von-Chamisso-Preis, 1995 den Puchheimer Leserpreis und 2001 den Heimito-von-Doderer-Preis.
Meine Meinung:
Die angebliche Sprachgewalt des Autors hat auch seine Begrenzungen. Daher und aus seinen aufgesetzten öffentlichen Auftritten als Schamane habe ich ihn bisher wenig gelesen. Die lange Novelle Dojnaa erzählt aber tatsächlich weniger trocken vom Frauenleben in der Mongolei. Dabei setzt Galsan Tschinag natürlich entsprechende Klischees ein. Die Protagonistin ist eine starke Frau, Tochter eines Jägers, der Elefant genannt wird. Deshalb heißt auch sie oft Elefantentochter oder weniger freundlich Elefantenkalb. Sie steht fest im Leben, ihr zukünftiger Ehemann jedoch nicht. Er ist ihr sowohl körperlich als auch emotional unterlegen. Die arrangierte Ehe hält mehr schlecht als recht 13 Jahre lang, bis sie zwangsläufig scheitern muss. Doch Dojnaa bricht teilweise mit der traditionellen Rolle der Frau und findet Geborgenheit in einer neuen Lebensform.
Es ist schon OK, dass Galsan Tschinag die Heldin seines Buches überhöht und dem männlichen Part als Säufer mit Minderwertigkeitsgefühlen eine mickrige Verliererrolle zugesteht, das ist sicher oft der Fall. Neue Seiten der Rollenverteilung gewinnt aber auch dieses Buch nicht ab. Tschinag hätte mehr in Frage stellen müssen.
Obwohl damit ein primäres Ziel des Themas der Frauenrolle in traditionell geführten Gesellschaften in Frage gestellt ist, gibt es auch zahlreiche Passagen, die sich aus der Natur oder dem Leben der Nomaden in Jurte und Jagd ergeben und die tatsächlich einer starken Bildsprache zu verdanken sind.
Man denkt an Filme wie den preisgekrönten „Tuyas Hochzeit“ von Regisseur Wang Quan'an, bei dem es sogar einen thematischen Zusammenhang zu Tschinags Buch gibt.
Der Titel der Erzählung „Dojnaa“ lässt an Dshamilja von Aitmatow denken. Unklar, ob das von Galsan Tschinag so beabsichtigt war, aber es gibt doch noch Unterschiede in Qualität und Bedeutung.