John Updike - Erinnerungen an die Zeit unter Ford

  • Titel im Original: Memories of the Ford Administration


    Kurzbeschreibung:


    Als der amerikanische Geschichtsprofessor Alfred L. Clayton aufgefordert wird, seine Erinnerungen an die Präsidentschaft von Gerald F. Ford (1974-1977) niederzuschreiben, ist ihm aus dieser Zeit nur noch zweierlei im Gedächtnis: seine eigenen verwickelten Frauengeschichten und die Arbeit an einem nie beendeten Buch über den vielgeschmähten amerikanischen Präsidenten James Buchanan (1857-1861).


    Meine Meinung:


    Von einer Historikervereinigung aufgefordert, seine Erinnerungen an die Amtszeit von Präsident Ford in den 1970ern aufzuschreiben, fällt dem Geschichtsprofessor Alfred Clayton dabei vor allem sein damaliges turbulentes Privatleben ein. Er hat seine Frau Norma – die „Königin der Unordnung“ - und die gemeinsamen Kinder zugunsten seiner Geliebten Genevieve – die er hartnäckig als „die vollkommene Ehefrau“ bezeichnet - verlassen, nicht ohne seine Triebgesteuertheit weiter an zusätzlichen kleinen Affären auszuleben. In Alfs Erinnerung war dies eine Zeit der sexuellen Zügellosigkeit – die sexuelle Revolution war erfolgreich, AIDS noch kein Thema, zwanglose One Night Stands galten durchwegs als gesellschaftsfähig. Er schrieb zu dieser Zeit an einer Biographie über James Buchanan, US-Präsident von 1857 – 1861, der mit seinem gescheiterten Bemühen, die drängende Sklavereifrage mit einem Kompromiß zu lösen, scheiterte, was ja zum Ausbruch des Bürgerkriegs führte und Buchanan den Ruf als schlechtesten aller Präsidenten einbrachte.
    Alf wird jedoch nie fertig mit diesem historischen Werk, und auch in seinem Privatleben läuft in diesen Zeiten unter Ford bei weitem nicht alles so, wie er es ursprünglich geplant hatte…


    Dies war nun mein vierter Roman des vielgelobten Updike und der erste, der mich sowohl stilistisch als auch inhaltlich größtenteils überzeugen konnte. Updikes Schreibstil ist gewaltig, er formt Sätze mit einer Eleganz und einem mitschwingenden Humor und einem Gefühl für Nuancierungen, dass es eine Freude ist. Außerdem sind seine Charakterisierungen und Beschreibungen von bestechender Klarsichtigkeit und Prägnanz. Der Teil des Buches, der sich direkt mit Alfreds Erinnerungen an die Zeit unter Ford, also mit seinem Privatleben in den 70ern als Geschichtsprofessor an einem reinen Mädchencollege beschäftigt, ist schlichtweg großartig, handelt von Begierde, Schuld, moralischem Dilemma und der Relativität von Erinnerung und zeichnet ein präzises Bild des damaligen Amerika, in dem Sexualität eine zentrale Rolle einnimmt, der sich der Autor auch wortgewaltig annimmt.


    Aber wo Licht ist, ist auch Schatten: die Teile mit den Ausschnitten aus Alfreds Schreibversuchen über Präsident Buchananan sind anfangs noch ganz interessant in ihrem Kontrast des Amerika im 19. Jahrhundert zu der Art und Weise, wie man im 20. Jahrhundert amerikanisch lebt, spricht, denkt und sich verhält. Dieser Reiz allerdings verflüchtigt sich rasch, wenn die historischen Einschübe immer langatmiger werden und eine ganze Reihe an Namen und Personen auftritt, die einem schlichtweg nichts sagen. Buchanans Leben wird viel zu ausführlich nachgezeichnet, von seiner Kindheit über seine unglücklich endende Verlobung bis hin zu den schwersten Stunden seiner Präsidentschaft knapp vor Ausbruch des Bürgerkriegs, der sich am Streit über der Sklavenfrage entzündet. Schlußendlich haben mich diese Passagen so gelangweilt, dass ich gegen Ende mehrere Seiten dieser Abschnitte übersprungen habe und meine Gesamtmeinung doch um einiges nüchterner ausfällt.


    Fazit: Updike ist in diesem Roman stilistisch großartig, formt mitunter Sätze, die trunken machen vor Wonne und begeisterte mich mit den Abschnitten aus dem Amerika der 1970er Jahre, die historischen Einschübe hingegen fand ich zunehmend entbehrlich.


    7 Punkte

  • Von Updike habe ich erst zwei Bücher gelesen ("Sucht mein Angesicht" und "Terrorist"), die zwar ganz gut fand, die mich aber nicht wirklich begeistern konnte. Für mich ist Updike irgendwie immer ein Autor gewesen, den ich zwar sehr gerne lesen wollte, mit dem ich aber nie richtig warm geworden bin. Vielleicht sollte ich es mal mit diesem Buch versuchen ... :wave