Verlag: Fischer
Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
Originaltitel: Tirana memoria
Aus dem Spanischen von Stefanie Gerhold
Kurzbeschreibung:
El Salvador 1944, der Zweite Weltkrieg wetterleuchtet in der Ferne: der Journalist Periclés sitzt wegen seiner kritischen Artikel im Kerker, seine Frau Haydee besucht ihn täglich und versorgt ihn mit Informationen und Nahrung. Doch die Situation spitzt sich zu - es kommt zu einem Putsch, der die Familie auseinander reißt: Während Periclés nicht freikommt, organisiert Haydee unter dem Deckmantel von Familienfesten den Widerstand der Frauen. Ihr jüngster Sohn geht in den Untergrund und der ältere außer Landes - in einer Kutte getarnt kämpft er sich mit Verve und Witz durch die Mangroven.
Castellano Moya ist ein großer Familienroman gelungen von Menschen, die in der Not zu ihrer Größe finden. Es gelingt ihnen, dem Diktator die Maske vom Gesicht zu reißen. Denn Literatur kennt keine Ausgangssperre.
Über den Autor:
Horacio Castellanos Moya, 1957 in Honduras geboren, lebte und studierte in San Salvador und Kanada, arbeitete zehn Jahre als Journalist in Costa Rica und Mexiko. Von 1981 bis 1984 engagierte er sich im Bürgerkrieg auf Seiten der Guerilleros. 1988 wurde sein erster Roman mit dem Premio Nacional de Novela der Universität El Salvador ausgezeichnet, es folgten vierzehn weitere Bücher. Auf die Veröffentlichung von "El asco. Thomas Bernhard in San Salvador" (1997) folgten Morddrohungen. Er lebte in Mexiko, Europa (u.a. in Frankfurt als Gast der "Flüchtlingsstädte"), jetzt in den USA. Auf Deutsch erschein u.a. auch sein Roman: "Aragons Abgang".
Mein Eindruck:
El Salvador 1944. Schon seit mehr als 12 Jahren regiert der faschistische und rassistische Diktator General Maximiliano Hernández Martínez. Es gibt eine Opposition und einen Putsch. Der schwarze Palast erzählt von der Leistung, die die Menschen im Widerstand vollbrachten und auch davon, welchen bitteren Preis sie dafür zahlen mussten.
Der Roman teilt sich in zwei sich abwechselnde Erzählstränge ein. Da sind erstmal Haydees Tagebücher. Ihr Mann sitzt wegen Opposition gegen den faschistischen Diktator in San Salvador im Gefängnis. Ihr Sohn wurde aufgrund des misslungenen Putschversuchs zum Tode verurteilt, doch er ist auf der Flucht.
Diese Tagebuch-Passagen sind von Horacio Castellanos Moya sehr sorgfältig geschrieben. Durch die geschilderten Eindrücke werden die politischen Verhältnisse ebenso gut beschrieben wie die zerrissenen Familienverhältnisse. Während Haydees Mann und Sohn in Opposition zum Diktator stehen, ist ihr Schwiegervater linientreu. Haydee selbst ist nicht politisch engagiert, steht aber fest zu ihren Mann Pericles. In erster Linie ist sie eine besorgte Ehefrau und Mutter, eine durch und durch glaubwürdige und starke Figur. Der schwarze Palast ist also teilweise auch ein überzeugender Familienroman.
Einen ganz anderen Ton erreicht der Autor mit der zweiten Handlungsebene. Da wird von Haydees Sohn Clemen und seiner Flucht erzählt. Er ist gemeinsam mit seinem Cousin Jimmy Rio unterwegs, versteckt und verkleidet versuchen sie dem Todesurteil zu entkommen. Hier entwickelt der Autor in den Dialogen einigen Wortwitz und sogar zwischen den gefährlichen, bedrohlichen Szenen immer wieder Situationskomik. Das nimmt dem Buch die Schwere. Dabei ist der schwarze Humor des Autors diesmal weniger skurril als z.B. in seinem Roman „Der Waffengänger“.
Das Buch endet mit einem Epilog ca. 29 Jahre später, in dem wichtige Ereignisse und Verläufe noch kurz zusammengefasst werden.
Der schwarze Palast ist aufgrund dieser ausgewogenen Mischung ein sehr gelungener Roman. Ich würde zwar nicht dem Kritiker zustimmen, der Moya gleich auf dieselbe Stufe wie Roberto Bolano hebt, der übrigens auch sehr positiv über Moya sprach, aber letztlich hat jeder der Autoren seinen individuellen Stil.