Hereafter - Das Leben danach

  • Clint Eastwood nimmt sich in seinem neuesten Film dem Thema Tod an. Der Film fängt spektakulär an: die französische TV-Journalistin wird während des Urlaubs an der Küste von Thailand vom Tsunami erwischt (beeindruckend aufwendig inszeniert) und hat dabei eine Nahtoderfahrung.


    Was dann folgt ist weniger spektakulär. Es werden drei Geschichten erzählt. Die Hauptfigur ist George (Matt Damon), ein ehemaliges professionelles Medium aus San Francisco, das seine Gabe nur noch als Last empfindet und inzwischen als Gabelstaplerfahrer arbeitet und nur in sehr seltenen Ausnahmefällen, vom eigenen Bruder bedrängt, den Kontakt zu Toten herstellt. Abends lernt er in der Abendschule das Kochen. Ansonsten verbringt er seine Zeit allein und zurückgezogen in der eigenen Wohnung und hört Charles Dickens Hörbucher.


    Dann ist da die bereits erwähnte Marie, die zurück in Paris nicht ins Leben zurückfindet. Sie nimmt eine Auszeit um ein Buch zu schreiben. Eigentlich soll es eine Mitterand-Biographie werden, statt dessen wird es ein Buch über ihre Nahtoderfahrung.


    In London spielt die Geschichte vom 12-jährigen Marcus, dessen Zwillingsbruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Seine drogenabhängige Mutter muss ihn zu Pflegeeltern geben. Marcus sieht mit der alten Mütze seines Bruders auch äußerlich wie eine Figur aus einem Charles Dickens-Roman aus.


    Alles von Eastwood sehr international angelegt. Die Szenen in Frankreich wurden konsequenterweise auf französisch gedreht und sind untertitelt. Die Handlungsorte haben alle ihren eigenen speziellen Charakter.


    Die Dramaturgie des Filmes ist sehr ungewöhnlich und wird nicht jedem gefallen. Ich habe mich die knapp zwei Stunden keine Minute gelangweilt und das obwohl ich bei der Thematik meine Bedenken hatte und an New-Age-Kitsch wie What Dreams May Come mit Robin Williams und den üblichen Abendserien denken musste, in denen der Held mit irgendeiner phantastischen Gabe Mordfälle löst oder die Welt rettet. Nichts davon hier. Die Nahtoderfahrungen werden zwar unter de Verwendung der üblichen visuellen Klischees filmisch umgesetzt, aber ansonsten geht der Film mit der Thematik sehr subtil um und ist sehr feinfühlig in der Charakterzeichnung. Nach gut einer Stunde habe ich mich schon gefragt wie der Film mit dieser Charakterfülle und den vielen kleinen Details (wie z.B. den Effekt der Wirtschaftskrise auf die Figuren) jemals zu einem befriedigenden Ende kommen soll --- würde das vielleicht besser als Miniserie funktionieren, dachte ich ---, aber ich wurde nicht enttäuscht. Viele Schlüsselszenen sind beeindruckend unspektakulär.


    Wie gesagt, der Film wird nicht jedem gefallen, entweder weil sie mit der Thematik nichts anfangen können oder weil die Hollywood-untypische Dramaturgie als störend empfunden wird, aber mich hat der Film sehr überzeugt und der Film sollte wegen der feinfühligen Dramaturgie und dem Finale auf einer Buchmesse gerade Buchliebhaber mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ansprechen.