Spiel mit dem Tode/The Big Clock

  • 1948
    Regie John Farrow, 90 Min.



    Es gibt eine neuere Reihe ‚Film Noir’ von Kochmedia, Spiel mit dem Tode ist der zweite davon.


    Gedreht nach einem gleichnamigen Kriminalroman erzählt er die Geschichte eines reichen Zeitungsverlegers, der seine Geliebte ermordet und sich in der Folge bemüht, den Mord einem anderen in die Schuhe zu schieben. Die Besetzung ist ausgezeichnet, Charles Laughton als Verleger, Ray Milland als Chefredakteur, dazu Maureen O’Sullivan, Elsa Lanchester, George Macready, das genügt eigentlich, um eine auf einen spannenden Thriller vorzubereiten.


    Es beginnt auch durchaus spannend, der gejagte unschuldige Held irrt durch ein halbdunkles menschenleeres Bürogebäude. Die große Uhr, die leider im deutschen Titel nicht ihren Platz bekommen hat, hat auch ihren Auftritt, sie ist beherrschend im Bürogebäude. Der Held erzählt in der Rückblende.
    Wie George Stroud (Milland), dynamischer Chefredakteur in die Klemme gerät, soll sich innerhalb von ca. 36 Stunden abspielen.
    Wir treffen ihn noch glücklich, einzig Wolken am Ehehimmel trüben sein Dasein, weil er nie Zeit für Frau und Kind hat. Das liegt am Verleger, Janoth (großartig Laughton), der seine Angestellten gnadenlos knechtet. Stroud allerdings hat wirklich genug und ist auf dem Absprung. Als der Druck in letzter Minute zu hoch wird, kündigt er. Janoths Geliebte (Rita Johnson) hat das Streitgespräch mitgehört und hofft, in Stroud einen Verbündeten gegen Janoth zu finden, denn sie hat ebenfalls genug von ihm. Stroud hält nichts von ihren Plänen, ist aber einem feuchtfröhlichen Abend mit einer gutaussehenden Frau nicht abgeneigt. Sie ziehen munter von Bar zu Bar. Sturzbetrunken verläßt er sie, schließlich wartet seine eigene Frau auf ihn.


    Am nächsten Tag jedoch beauftragt ihn sein Chef, ungewöhnlich milde gestimmt, einen Mann zu suchen, der ein Betrüger sein soll. Das soll die neueste Sensation für eine hauseigene Zeitschrift geben. Dieser Mann soll mit einer blonden Frau gesehen worden sein und einen Namen tragen, den Stroud gut kennt. Es ist der Name eines Freundes, den Stroud und seine Begleiterin am Abend zuvor unterwegs getroffen haben. Um zu verhindern, daß zum einen der Freund in die Mühlen des Sensationsjournalismus gerät, zum anderen, daß sowohl Janoth als auch seine eigene Frau von seinem Ausrutscher erfahren, übernimmt Stroud die Suche nach dem Unbekannten. Der Freundschaftsdienst bzw. Rettungsversuch seiner Ehe wird bald nebensächlich als die Leiche seiner Begleiterin gefunden wird und Stroud klar wird, daß er sich unschwer als ihr Mörder wiederfinden kann.


    Immer angestrengter legt er bei seiner angeblichen Suche nach dem Unbekannten eine falsche Fährte nach der anderen, aber die Verfolger kreisen ihn immer engerein. Unter den Verfolgern ist auch ein Killer, der verhindern soll, daß der angeblich Verdächtige, sobald man ihn gefunden hat, am Ende doch noch auf den richtigen Mörder zeigt


    Die Schwierigkeit, die das Drehbuch auf jeden Fall zu meistern hätte, ist, daß die ZuschauerInnen von vornherein wissen, wer der Täter ist, wer das gesuchte Phantom und wer unschuldig. Das sind allerdins keine Hinderungsgründe für einen guten Krimi.
    Das Problem bei diesem Film aber ist, daß sich weder Regisseur noch Drehbuchautoren entscheiden konnten, was sie zeigen wollen. Schon nach wenigen Minuten wird deutlich, daß viel zu viele Genres vermischt werden, Krimi, Thriller, Drama, Screwball und zwar um Nachteil des großen Ganzen.


    Die Schauspielerinnen und Schauspieler geben ihr Bestes, es sind großartige Darstellungen, bloß spielen jede und jeder in einem anderen Film. Milland in einem film noir, Untergruppe: psychologisch, O’Sullivan und Rita Johnson in einer Screwball Komödie, Elsa Lanchester in einer Sitcom, Laughton in einem epischen Drama, das viel von ‚Citizen Kane’ hat und der Killer in einem film noir, Untergruppe Thriller. Zusammen kommen sie fast nie.
    NebendarstellerInnen und StatistInnen, von denen es eine Menge gibt (ein Lob für die Massenszenen), wurden offenbar eingesetzt, wo das Licht über der Studiotür gerade grün war.
    Kamera, Licht, die schwarz-weiß Fotografie sind eindrucksvoll, die Innenausstattung brilliant, wer so etwas mag und so etwas gern studiert, wird auf jeden Fall viel Freude haben.


    Für die DVD ist der Film ‚digitally remastered’, der Ton ist deutsch und englisch, es gibt auch englische Untertitel. Leider wollte hierbei jemand besonders schlau sein und so erscheinen die Untertitel immer da, wo eine Person spricht, d.h. mitten im Bild, mal nach rechts gerückt, mal nach links springend, aber immer im Bild. Das ist ungemein störend und verhindert, daß man richtig hinsehen kann. Die deutsche Synchronisation ist ordentlich, die Originalstimmen von Laughton, Milland und Lanchester sind aber weit stimmiger.
    Es gibt eine zwölfseitige Textbeilage, die unseligerweise nur schildert, was der Film hätte sein können, nicht, was er geworden ist. Aber vielleicht hatte der Rezensent auch eine andere Brille auf.


    Als Beispiel für die Schauspielkunst vor allem Laughtons und Millands sowie für den Stand von Bühnenbild und Filmtechnik aussagekräftig und beachtenswert, als Kriminalfilm flau.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus