Schreibwettbewerb November/Dezember 2011 - Thema: "Der Morgen danach"

  • Thema November 2011:


    "Der Morgen danach"


    Vom 01. bis 30. November 2011 könnt Ihr uns Eure Beiträge für den Schreibwettbewerb November 2011 zu o.g. Thema per Email an webmistress@buechereule.de zukommen lassen. Euer Beitrag wird von uns dann anonym am 1. Dezember eingestellt. Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen.


    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Jeder Beitrag mit mehr als 500 Wörtern wird nicht zum Wettbewerb zugelassen!

  • von Delano



    Langsam trat der junge Richard auf die Terrasse des Hauses, die Erinnerungen durchfluteten sein Bewusstsein. Er hatte das Mädchen vorher nicht gekannt, das ihn gebeten hatte mit ihr zu kommen. Er konnte noch immer nicht verstehen, wovon er Zeuge geworden war. Erschrocken blickte der Jüngling sich um und starrte auf die zertrümmerten Scheiben des Terrassenfensters, das Blut an den Scherben und an seinen Händen und Kleidung.


    ~*~


    Das Mädchen hatte Angst gehabt, ihn um Hilfe gebeten, er war ihr gefolgt. Sie hatte gesagt, sie würde verfolgt werden. Kaum waren sie im Haus, hörte er eine tiefe Stimme rufen. Mit verschrecktem Gesicht hatte sie zum ihm geflüstert: „Er ist hier im Haus, das ist er!“
    „Wer?“
    Doch sie legte nur ihre zierlichen Finger auf seinen Mund, drückte ihm mit der anderen Hand einen Revolver in die Hand und schob Richard in die Ecke eines Vorhanges. „Bitte, du musst mir jetzt helfen, verstecke dich hier!“
    Schritte näherten sich. Die Stimme des Fremden klang verärgert: „Wo warst du? Hatte ich dir nicht verboten das Haus zu verlassen?“ Der Fremde trat über die Türschwelle, trieb das Mädchen durch den Raum. „Bei wem warst du, ich kann einen Fremden riechen!“
    Richard wagte einen Blick hinter dem Vorhang hervor. Der Fremde hatte das Mädchen in die Enge getrieben und an den Armen gepackt. „Muss ich dich wieder bestrafen?“ Er zog ihre Arme auseinander, beugte sich herunter und legte seinen Kopf an ihren Hals.
    Der Schrecken stand in ihren Augen geschrieben, die flehend den Blick des Jünglings trafen.
    „Lass sie los!“, rief er, als er aus der Ecke hervortrat und auf den Fremden zielte. Dieser blickte sich um, löste seinen Griff und das Mädchen sank zu Boden.
    „Wen haben wir denn da, hat sie etwa Ersatz für mich gefunden?“
    Zuerst erstarrte Richard, als er das Blut im Gesicht der Bestie erkannte und schließlich die Wunde am Hals des Mädchens. Er schoss mehrmals, ohne zu treffen und das Ungeheuer näherte sich unbeeindruckt. Panik erfüllte ihn und er floh durch die Räume des Hauses, bis hin zu einer Sackgasse an einer verschlossenen Terrassentür. Er schluckte schwer, drehte sich um und zielte wieder mit dem Revolver. Das Ungeheuer war nur noch wenige Schritte von ihm entfernt und sprang auf ihn zu, als Richard noch einmal abdrückte und die Bestie in den Scherben der Terrassenfront liegen blieb. Noch während er erschrocken betrachtete, wie sich die Überreste des Fremden auflösten, traf ihn ein Schlag am Hinterkopf.


    ~*~


    Er erinnerte sich wieder, mit einer Hand befühlte er eine Wunde am Hals und erkannte das Mädchen neben sich. „Habe ich es getötet?“
    Sie nickte.
    „Was hat mich danach angegriffen?“
    Das Mädchen zögerte einen Moment. „Ich.“
    „Warum ...“, doch unterbrach sie ihn bevor er die Frage vollenden konnte.
    „Warum ich dich angegriffen habe? Damit du für immer bei mir bleiben kannst, Richard. Du darfst mich nicht mehr verlassen. Doch jetzt komm, der Morgen graut.“

  • von xania



    Schlaftrunken kam Anita ins Wohnzimmer getorkelt.
    "Warum hast du mich geweckt? Es ist vier Uhr!" klagte sie.
    Sie sah sich im Wohnzimmer um. Ihr Mann hatte einen wilden Saufabend mit seinem Kumpel verbracht und alles war verdreckt.
    "Mach sauber!", grummelte Georg, während er sich an etwas am Boden zu schaffen machte.
    "Morgen.", antwortete Anita und wollte wieder im Bett verschwinden.
    "Nee, jetzt!", befahl Georg und deutete auf den Teppich hinter ihm.
    "Mein Teppich!", schrie Anita entsetzt auf. "Den hab ich eben erst vom Dieter abgekauft. Kannst du nicht aufpassen? Das ist schon mein dritter Teppich, den du versaust!"
    "Halts Maul und mach sauber." Georg wandte sich ab und verließ mit einer riesigen Plastiktüte das Wohnzimmer.
    Seufzend schob Anita sich eine Zigarette zwischen die Lippen, zündete sie an und begann mit der Arbeit.
    Nach einer Stunde war das schlimmste Chaos beseitigt und Anita wischte die ganze Wohnung feucht durch. Den Teppich hatte Georg mitgenommen, so dass auch im Wohnzimmer bald nichts mehr vom Vorabend zu sehen war. Pedantisch putzte Anita überall, sie keuschte und der Schweiß lief ihr über das Gesicht, aber sie machte keine Pause bis alles restlos sauber war.
    Um sieben ließ sie sich stöhnend aufs Sofa plumpsen.
    Ängstlich starrte sie auf die Tür. Ein wenig später kam Georg gut gelaunt heim.
    "Hab 'nen Teppich mitgebracht. Von Gunni, ist zwar ein alter, aber noch gut!".
    Gemeinsam rückten sie den Couchtisch beiseite, legten den abgenutzten Teppich auf den Boden und stellten das Tischchen wieder drauf. Zufrieden mit sich selbst verschwand Georg im Schlafzimmer.


    Ein wenig später donnerte jemand gegen die Wohnungstür.
    "Polizei, machen Sie die Tür auf".
    Anita beeilte sich, ihr Herz klopfte bis zum Hals.
    "Wir wollen mit Georg Brunner sprechen. Ist er da?", fragte der Polizist.
    "SCHORSCH", rief Anita, "Komm bitte!"
    Gähnend, mit zerzausten Haaren und im Pyjama erschien Georg.
    "Wir kommen wegen Andreas Laubach!", bellte der Polizist.
    "Ist nicht hier. War nicht hier. Sonst siehts anders aus.", antwortete Georg und deutete ins saubere Wohnzimmer.
    "Seine Ehefrau hat sich Sorgen gemacht. Sie wollte ihn hier abholen, damit er nicht besoffen Auto fährt. Sie hat gesehen, wie Sie ihr Haus heute morgen verlassen haben und ist Ihnen gefolgt. Bis in den Wald!" Georg wurde bleich.
    "Sie hat uns benachrichtigt und wir haben die Leichen von Andreas Laubach sowie ihren anderen vermissten Bekannten ausgegraben! Sie sind verhaftet!"

  • von Johanna



    Als sie erwachte war im ersten Moment alles wie immer. Sogar die Sonne schien verlockend durch die Vorhänge ins Zimmer.
    Nur kurz darauf war alles wieder da. Alles war anders. Die Welt wie sie sie kannte gab es nicht mehr.


    Der Schmerz kam wuchtartig, schnell wie ein Blitz kamen die Erinnerungen an den gestrigen Tag, den letzten Tag ihres bisherigen unbeschwerten Lebens.


    Stakkatoartig blitzen die Momente auf. Gestern Morgen als die Welt noch in Ordnung war, das gemütliche Frühstück im Bademantel.
    Die Vorfreude auf die Tour in die Berge, auf ihre heimelige Hütte. Mit ihrer Schwester, deren Mann , dem kleinen Sohn beider, ihren Freunden.
    Geplant war diese Tour schon so lange, jetzt da sie und Sandra sich seltener sehen konnten durch den beruflich bedingten Umzug ihrer Familie hoch nach Flensburg.


    Das Klingeln an der Tür, die merkwürdige Angst, die in ihr hochstieg, da es doch noch viel zu früh war.


    Die beiden Männer in ihren Uniformen, die sie fast betreten und traurig ansahen. „Frau Jansson? Anna Jansson?“ Ihr zögerliches:“ja?“
    „Leider haben wir keine guten Nachrichten. Sie sind die Schwester von Frau Alexandra Herbert? Ihre Schwester hatte vor drei Stunden einen Unfall, ein betrunkener Autofahrer ist ihrem Wagen auf der Autobahn entgegengekommen.
    Wir müssen Ihnen die bedauerliche Mitteilung machen, dass weder ihr Schwester noch ihr Mann diesen Unfall überlebt haben. Der kleine Junge hinten in ihrem Auto war zum Glück angeschnallt und hat bis auf einige Hämatome keinerlei Verletzungen.“


    Der Schock, das Unglauben, nicht verstehen und glauben können
    Ihre große Schwester, über alles geliebte Schwester, die doch so viel mehr war als nur eine Schwester, ihre beste Freundin.
    Das konnte nicht sein.
    „Wir möchten Sie bitten uns zu begleiten ihre Schwester zu identifizieren“ kam es da wieder von den beiden Polizisten, die sie mittlerweile wie automatisch in ihre Wohnung gebeten hatte.


    Die schweigsame Fahrt, der letzte Blick auf Sandra.
    Die Unfähigkeit die Tränen herauszulassen. Das Gefühl des Irrealen, nicht Existentem.


    All das kam jetzt plötzlich und schonungslos wieder in ihr Bewusstsein zurück, während sie wie gelähmt in ihrem Bett lag.
    Die Sonne schien noch immer so freundlich in ihr Schlafzimmer als würde es sie nicht interessieren, dass ihre Welt gestern zerbrochen war.
    Sie glauben machte jetzt alleine auf der Welt zu sein, nicht wußte wie sie ohne Sandra weiterleben sollte.
    Sie wollte sich vergraben, die Decke über den Kopf ziehen wie ein kleines Kind, als könne sie damit das Schreckliche, das Unfassbare aussperren.
    Als sie auf einmal ein Geräusch wahrnahm. Ein vorsichtiges Rascheln und leises Wimmern neben sich im Bett.
    Anton, sie hatte ihn gestern mit zu sich genommen nachdem er verstört in der Polizeiwache saß und sich schutzsuchend in ihre Arme flüchtete.
    „Doch“, dachte sie “das Leben geht weiter. Er braucht mich jetzt und ich brauche ihn. Ich werde ihm alles von seiner wundervollen Mutter erzählen, sie in unserer Erinnerung wachhalten“
    Und plötzlich war sie froh über die Sonnenstrahlen die sich in ihr Zimmer stahlen. Froh und dankbar, dass sie ihr einen Ausblick in eine Zukunft gaben.

  • von Zuckelliese



    Beide Frührentner besuchten seit Semesterbeginn einen Schreibkurs in der Volkshochschule. Nach wechselnden Themen schrieb jeder Teilnehmer eine Kurzgeschichte. Uwe fiel zum „Morgen danach“ bisher rein gar nichts ein, aber Absprache mit seiner Frau kam dazu nicht in Frage. Die unterschiedlichen Umsetzungen der Hobbyautoren waren für beide das Interessante am Kurs. Eigentlich bin ich kein Schreiberling und nur wegen meiner Frau muss ich mir das hier antun, dachte Uwe unlustig kurz vor dem Abgabetermin. Vielleicht sollte ich mal Theas Computer durchstöbern und eine Idee übernehmen?


    Die Unruhe und Aufregung, die er bei ihr bemerkt hatte, begleitete ihn bis ins Schlafzimmer. Er verbrachte die Nacht vor dem Termin mit Grübeln. Hoffentlich ging alles gut, war sein größter Wunsch in den vergangenen Monaten. Wegen des bestehenden Risikos musste sie 3 Tage zuvor in die Klinik kommen. Vor der Zimmertür im Krankenhaus zögerte er nur kurz. Es war noch keine Besuchszeit, aber er musste einfach nach ihr sehen. Durch den Spalt der geöffneten Tür blickte er auf das leere Bett. Im Schwesternzimmer erfuhr er eine andere Zimmernummer, zu der er schnell kommen wollte. Tatsächlich entdeckte er ihr lächelndes Gesicht und hörte die Aufforderung:“Komm rein, wir haben einen Jungen“. Überglücklich trat er an das Bett. Dieser Tag würde ihre beiden Leben ändern. Der Herzenswunsch seiner Frau, dem er anfangs eher skeptisch gegenüber stand war nun in Erfüllung gegangen. Heute, 30 Jahre später sagt der Vater mit einem Lächeln in den Augen zu seinem Sohn in den Augenblicken, in denen eher Kritik angebracht schien:“Und du warst einmal ihr Herzenswunsch“. Der Sohn freut sich über diese Aussage und antwortet mit verschmitzten Blick auf seine Mutter :“Ich weiss!“. Jedes Jahr am Geburtstag des nun erwachsenen Sohnes kamen ihr die gleichen Erinnerungen an die Gedanken nach der Geburt. Sie war traurig, dass noch niemand von diesem freudigen Ereignis wusste. Väter waren damals im Kreißsaal nicht zugelassen. Das Baby durfte man erst am Tag danach in den Armen halten. Als sie gestern ihren Mann nach seinen Empfindungen an den Morgen danach fragte, antwortete er:“Ich glaube, wir haben in der Nacht davor beide ziemlich unruhig geschlafen“. Nachdem sie sich gegenseitig recht gegeben hatten mussten beide lachen. Es war einfach ein guter Wunsch und seine Erfüllung hat beiden nicht geschadet, sondern sehr viel Freude bereitet. Wer hat an meiner Geschichte geschrieben? , dachte Thea beim Ausdrucken vor dem Schreibkurs. In der letzten Zeile stand:“Das hast du gut gemacht“.
    In Liebe
    Dein Mann !


    Uwes Geschichte begann mit den Worten:“Seit den frühen Morgenstunden hofften wir auf ein positives Ergebnis unserer gemeinsamen Bemühungen. Das Resultat wurde genau am errechneten Termin kurz nach dem Frühstück präsentiert. Es war ein wohlgestalteter kräftiger Knabe. Die Wünsche meiner Frau erfülle ich gern und fast immer. Es dauert nur manchmal etwas länger, weil wir nicht immer die gleichen Wünsche haben, aber diesmal lehne ich ihn ab. Schreiben will ich nicht ! Ein bisschen Spaß sollte es schon machen, das ist mein Herzenswunsch! Das ist keine Geschichte für unseren Schreibwettbewerb, nur eine Kündigung des Kurses, die uns traurig macht.

  • von churchill



    Ich hatte dich gesehen
    und fortan ziemlich lieb.
    Mit dir wollte ich gehen
    und teilen meinen Trieb.


    Noch höre ich dein Lachen.
    So laut. So hell. So klar.
    Wir machten tolle Sachen.
    Ich fand dich wunderbar.


    Du musstest dich gewöhnen
    an mich und ich an dich.
    Ich brachte dich zum Stöhnen.
    Du warst nicht zimperlich.


    Wir nutzten jedes Zimmer
    und jeden Tisch im Haus.
    Ganz oft. Jedoch nicht immer.
    Wir gingen auch mal raus.


    Auf Wiesen und an Seen,
    an manchem starkem Baum
    war es um uns geschehen.
    Ich hielt dich. Auch im Zaum.


    Du solltest mir vertrauen.
    Hast nicht auf mich gehört.
    Die andern beiden Frauen,
    die hätten nicht gestört.


    Es ist auch schön mit dreien,
    wenn ich’s mit dreien will.
    Was musstest du so schreien?
    Jetzt bist du schrecklich still.


    Du quältest meine Seele,
    du machtest mich verrückt.
    Ich habe deine Kehle
    ein bisschen zugedrückt.


    Du warst doch gerade eben
    noch glücklich und devot.
    Du wolltest ewig leben.
    Und jetzt bist du so tot.


    Ach hättest du die Schelle
    an meine Hand getan.
    Doch hier in dieser Zelle
    packt mich der nackte Wahn.


    Ein Raum für uns geschaffen,
    mit Gittern, hartem Bett.
    Die Wärter tragen Waffen.
    Du fehlst. Das ist nicht nett.


    Du fehlst. Kannst du verzeihen?
    Es war doch nur mein Trieb.
    Du solltest nicht so schreien.
    Ich hatte dich doch lieb …

  • von Fallout



    Morgen war genervt. Er hatte schon immer seine Eltern für seinen Namen verflucht. Und gedacht, nur seine Eltern wären bei der Namensgebung so daneben gewesen. Vor allem wenn der Familienname Müller war. Morgen Müller. Unendlicher Raum für unendliche Späße in unendlich vielen Schuljahren. Und der Typ, der gerade vor ihm seine Musterung absolvierte, hieß zufälligerweise auch Morgen. Waren seine Eltern also doch keine Ausnahme.


    „Ah, der Morgen danach“ hatte der Arzt gewitzelt, als Morgen Müller mit der Untersuchung dran war. Und das ausgerechnet in dem Moment, als der Arzt den berühmten EKG machte. Morgen empfand diesen Eierkontrollgriff als so peinlich, wie es ihm auch schon von seinen Freunden erzählt worden war.


    Jetzt saß er mit dem anderen Morgen auf dem Flur und wartete auf den Gesprächstermin mit dem Wehrdienstberater. Und er hoffte, dass der Termin bald war, denn sein Namensvetter redete wie ein Wasserfall. „ … und dann hat mir meine Mutter heute Morgen Pfannkuchen gemacht. Aber blöderweise war kein Kaffee mehr da. Da hat meine Schwester … “ Die aufgehende Tür zum Zimmer des Wehrdienstberaters unterbrach den Redefluss. „Morgen Käppler kann jetzt hereinkommen“ War eine Stimme aus dem Zimmer zu hören. Der Angesprochene sprang aufgeregt auf. „Drück mir die Daumen das ich zu den Gebirgsjägern kann.“ Morgen nickte seinem Namensvetter aufmunternd zu, dann verschwand dieser im Raum. Zumindest wusste er jetzt zu welcher Einheit er mit Sicherheit nicht wollte. Mit dieser Quasselstrippe in einer Einheit oder gar in einem Zimmer?.


    Morgen selbst wusste nicht genau, was er eigentlich wollte. Er hatte die Realschule mit einem Schnitt von 3,5 gerade so geschafft und hatte dabei auch noch eine Ehrenrunde gedreht. Er wollte auf jeden Fall von zu Hause raus. Von seiner Mutter weg, die Pakete für ein
    Versandhaus packte und sonst nur vor dem Fernseher hockte und sich diese schwachsinnigen Telenovelas anschaute. Wo sein Vater lebte wusste er nicht. Dieser hatte sich schon lange nicht mehr gemeldet.


    Der Gedankenfluss von Morgen wurde unterbrochen, als die Tür aufgerissen wurde. Ein dem Tränen naher Morgen Käppler kam zu ihm. „Sie nehmen mich nicht. Ich bin untauglich. Stufe T 5“ Mit diesen Worten drehte sich der junge Mann um und rannte heulend auf die nächste Toilette.


    Kopfschüttelnd blickte Morgen dem anderen nach. Dieser schien sich das ja sehr zu Herzen zu nehmen. Na ja, zumindest bei der Bundeswehr würde der ihm nicht mehr über den Weg laufen. Und Gebirgsjäger klang ja nicht schlecht. Er hatte mal gelesen, dass diese Truppe die beste Gelegenheit war zur KSK zu kommen. Die Spezialeinheit schlechthin. Da reinzukommen wäre bestimmt cool.


    „Der Morgen danach.“ Die Stimme des Wehrdienstberaters unterbrach die Gedanken von Morgen. Die Stimme klang so, als ob der Sprechende dachte, er hätte einen tollen Scherz gemacht. Morgen Müller erhob sich seufzend. Sein Name würde wohl in Zukunft durch den Kakao gezogen werden. ‚Vielleicht war es doch eine blöde Idee zur Bundeswehr zu gehen?’ Ging es Morgen durch den Kopf, als er das Zimmer betrat.

  • von Regenfisch



    Stumme Gespräche
    vielsagende Blicke schweigen uns fort
    vom Ufer der Nacht in die Einsamkeit
    abtastende Blicke
    warten auf Erlösung
    starren vorbei und suchen den Weg
    in die Sicherheit der Welt
    jenseits der sterbenden Seifenblase
    ausgelebter Zweisamkeit


    Licht durchflutet
    den Raum und reicht uns die Hand
    erhebt die Erinnerungen der Nacht
    in die Wirklichkeit
    Staubfunken tanzen
    auf den Wogen des Glücks zerknitterter Laken
    zerzauste Körper suchen die Erinnerung
    noch einmal
    hellt
    uns die Liebe
    einer einzigen Nacht

  • von BookSusurration



    Der Nebel ist feucht auf meiner Haut. Er zieht einen Film über meine Hände, lässt mich schaudern, macht meine Haare klamm. Und ich warte. Das Gesicht gen Horizont, den Blick fest auf dass gerichtet, was mich erwarten wird.
    Ich spüre wie das nasse Gras unter mir meine Kleidung durchweicht hat. Wie taub meine Füße sind. Ich warte weiter. Ich kann nicht anders.
    Die ersten Vögelgesänge sind bereits hörbar. Nicht über mir, aber in der Nähe. Ich schlinge die nackten Arme fester um meine angezogenen Knie.
    Ich warte.
    Warte.
    Warte.
    Warte.

    Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Nebelhänge drängen, blinzele ich ihnen entgegen. Auf dem Feld umgibt mich noch immer das Weiß des Nebels. Aber ich sehe den Tag anbrechen. Die Sonne überbrückt langsam die Grenze meines Horizontes und ich sehe ihr direkt entgegen. Ich war lange vor ihr hier.


    Langsam stehe ich wieder auf und klopfe mir die Überreste der Erde von den Sachen.
    Ich war mir immer so sicher, ohne deine Sorgen und Bedenken. Nun wo sich unsere Leben ineinander verwoben haben, habe ich das erste Mal Angst vor dem Danach gehabt. Wie wird sich alles verändern, wenn deine Durchdachtheit und meine Spontaneität aufeinander treffen?
    Ich wollte diesem undurchschaubaren Morgen begegnen. Bereit. Allein…
    Ein leises Lachen entweicht meinen Lippen. Wie konnte ich nur so töricht sein, zu glauben, dass ich diese Angst allein, nur in Angesicht der ersten Sonne überwinden kann?
    Anstatt in deinen Armen. Wo ich hingehöre.

  • von Zimööönchen



    „Aber Süße! Aus Fehlern lernt man, mach dir keinen Kopf!“


    Meine beste Freundin Sabine schaut mich an, während ich zittrig den Kaffee trinke, den sie mir eingeschenkt hat. Schon früh um halb zehn bin ich an diesem Samstagmorgen bei ihr reingeplatzt um ihr mein Leid zu klagen – und nicht mal sie scheint mich heute zu verstehen.


    „Das ist doch kein Weltuntergang!“, meint sie nur, streicht mir einmal durch die Haare und geht sich noch Kaffe nachschenken. „So was passiert jedem Mal!“.


    Jedem? Wirklich? Also bis heute früh hätte ich nicht gedacht, dass mir das mal passiert – ein typischer Morgen danach – ganz klischeehaft aber wahr, mit einem komischen Gefühl, schalem Geschmack im Mund und dem dringenden Bedürfnis jegliche Spiegel zu vermeiden, um meinem wehleidigen Ich mit den Selbstvorwürfen und der Reue nicht in die Augen zu sehen. Wenn ich den gestrigen Tag löschen könnte, dann würde ich es machen.


    Ganz fest kneife ich die Augen zu und flüstere „Simsalabim“. Aber nichts passiert, außer dass Sabine mich etwas irritiert anschaut – okay, sehr irritiert.


    „Ach Sabse!“, klage ich ihr mein Leid. „Gestern kam mir die Idee doch noch so toll vor – mal was Verrücktes machen, einfach mal spontan ja sagen, sich verwegen fühlen, so richtig abenteuerlich und ausgeflippt.“


    Noch einmal denke ich an gestern und lasse alles Revue passieren. Spaß gemacht hat es ja in dem Moment, keine Frage. Er fragte mich noch „Bist du sicher?“ und ich meinte „Ja, ich will es!“ - in einem Anflug von Wahnsinn, wie mir heute scheint. Mir gefiel was er tat und was ich sah, Adrenalin schoss durch meinen Körper… Aber jetzt bleiben bloß noch der schale Nachgeschmack und die großen Zweifel, ob das wohl richtig gewesen ist.


    Ich schien geseufzt zu haben, denn Sabse meint „Jetzt muss du damit leben! Das wird schon wieder!“


    „Bob!“, sage ich, „Das ist aber auch ein sowas von blöder Name. Das ich darauf reingefallen bin!“


    „Wenn du es nicht aushältst, dann musst du ihm sagen, dass es dir jetzt scheiße geht! Los ruf ihn an! Du hast doch die Nummer, oder?“ Sabse hält mir den Hörer hin.


    Anrufen? Wieso anrufen? Ich würde lieber nie wieder etwas mit ihm zu tun haben. Doch dann überkommt es mich und ich denke mir „Warum eigentlich nicht, er soll ruhig wissen, wie ich mich fühle!“ Ich krame den Zettel aus der Hosentasche, in der er noch von gestern steckt und lasse mir das Telefon geben. Ich wähle, es klingelt, jemand hebt ab.


    „Schönen guten Morgen, Friseursalon Yankovic, was kann ich für Sie tun?".


    Ähm ja, viel zu kurz und Bob ist ja auch ein doofer Name, oder?!

  • von harimau



    Was für eine lausige Nacht! Ich erwartete ungeduldig den Sonnenaufgang, damit ich mir endlich den Sargdeckel über den Kopf ziehen konnte. Stundenlang war ich übellaunig durch Duisburg-Ruhrort geirrt, der Mund staubtrocken, nichts Appetitliches zum Beißen in Aussicht, bis ich auf einer Bank am Ufer einen einsamen Mann entdeckte. Als ich mich in eindeutig mörderischer Absicht zu ihm setzte, bot er mir einen Schluck aus seiner Absinthflasche an und stellte sich als Diethelm Eberle, Schriftsteller und Schöpfer des verkannten Meisterwerks „Das Untier von Jülich“ vor. Sein trauriger, etwas wirrer Blick verriet, dass ich einen Unverstandenen vor mir hatte, sein Leid darin dem meinem nicht unähnlich. Aus Hunger und Mitleid beschloss ich, ihn von seinem Elend zu erlösen. Leidenschaftslos versenkte ich meine Reißzähne in seinen Hals – ein Fehler, wie sich herausstellte. Der Mann war extrem blutarm, dazu geschmacklich fade im Abgang.
    Während ich lustlos an seiner Schlagader nuckelte, erklang hinter mir ein Räuspern. Eine pickelige Jugendliche mit Gretelzöpfen beobachtete fasziniert mein unseliges Tun. Ob ich ein Vampir sei? Wonach es denn aussähe, grunzte ich zurück, roten Schaum vorm Mund, das weiße Hemd mit Diethelms dünnflüssigem Lebenssaft eingesaut. Statt kreischend um ihr Leben zu rennen, kniete sich die dusselige Göre mit schwärmerischem Gesichtsausdruck neben mich. Seit Jahren hätte sie auf diesen Moment gewartet, sie sei sicher, dass uns eine Seelenverwandtschaft verbände. Meinen Einwand, dass ich keine Seele besäße, ignorierte sie, schwadronierte stattdessen über Schulprobleme und beklagte, dass sie keine Freunde hätte. Sollte mich das überraschen? Sie schlug vor, unsere Schicksale miteinander zu verknüpfen, damit sie an mir wachsen könne; zur Belohnung würde sie sich mir eines fernen Tages willig hingeben. Hingeben? Für wen hielt sich diese frühvertrocknete Jungfer? Wir Lichtscheuen stehen auf saftige, knackige Weiber, die vor Lust quietschig werden, wenn man ihnen an die Wäsche geht, und nichts ist uns dabei unwillkommener als verklemmte Unschuld. Ich fauchte sie an, dass ich das Böse sei, falls sie mit diesem etwas antiquierten Konzept etwas anfangen könne, so immoralisch wie immortal, kein Fitzelchen romantisch, und niemals vom Gewissen gebissen. Als weder sie selbst noch ihr beseeltes Grinsen verschwanden, warf ich sie in einem Anfall jäher Wut auf Nimmerwiedersehen in die Ruhr.
    Wo waren sie nur hin, die guten alten Zeiten? Früher in Transsylvanien hatten die Menschen uns gefürchtet, gehasst, gelegentlich mit Weihwasser, Knoblauch und Holzpflöcken um die Häuser gejagt, was ich immer recht amüsant gefunden hatte. Die Rollen waren klar verteilt: Wir die Übelmänner, die anderen mehr oder weniger hilflose Opfer unserer blutrünstigen Willkür. So gehörte es sich, so fanden wir auch in der Literatur angemessene Würdigung, allen voran beim braven alten Stoker, der unsere Freuden und Nöte ernst nahm. Alles vorbei, seit uns diese Mormonen-Tussi in ihren lächerlichen Romanen auf menschliches Zwergenmaß reduzierte und damit unsere Würde stahl. Es fehlte nur noch, dass sie uns erschlaffende Haut, Prostataprobleme und kariöse Fangzähne andichtete, um uns komplett zu Witzfiguren zu degradieren. Der Teufel sollte diese elende Verleumderin holen! Besser noch, ich machte es selbst – gleich morgen, sobald ich den anderen Schreiberling verdaut hatte.

  • von rienchen



    Durch die besten Clubs gezogen, Spaß gehabt, blödes Zeug geredet, halbherzig gelacht, ins Kino gegangen, schicke Restaurants getestet, zum Genuß mal eine geraucht, Alkohol gekippt, gevögelt mit bedeutungslosunwichtignichtssagend, gearbeitet bis zum Umfallen, gejattet, gejagt. Gejagt worden. Körper besessen, benutzt und weggeschmissen. Nicht schwach.


    Und dann die Begegnung mit Dir in dieser Nacht, in der alles so anders ist. Laut wird leise. Meine Augen sehen Dich und ich weiß, dass Deine mich auch sehen. Du fängst da an, wo alle Anderen aufhören. Lachen, reden, sich ansehen. Zeit steht still. Mit Dir geschlafen. Mit Deiner Wärme, Deinen Augen, mit allem von Dir. Dich festgehalten danach.


    Geträumt in dieser Nacht, von Liebe, von Reisen, von Hochzeit, rauschenden Festen, Glück. Von süßen Kindern. Von Reihenhäusern, Kuchen am Sonntag Nachmittag, von Bier am Abend vor der zweihunderttausendstenden Folge "Wer wird Millionär", von wachsenden Hosenbünden und nach unten gezogenen Mundwinkeln. Von grauenhafter Langeweile in Einöde und dem ersten unzufriedenen Seitensprung. Von Scheidung und kriminellen Jugendlichen, die mal unsere Kinder waren. Schweißgebadet aufgewacht, geflüchtet ohne Kaffee.


    Durch die Straßen gelaufen ohne Ziel. Versucht, Dein Gesicht zu vergessen, Deine Augen, die so tief gehen, hör auf. In Kneipen gesoffen, versackt, geraucht. Eine, okay, manchmal zwei Schachteln am Tag. Nicht mehr geschlafen, gekokst. Ficken mit irgendwem, scheißegal. Vor Deiner Tür gestanden, verschlossen.


    Deine Hand in seiner, groß und schlank, Du siehst mich nicht, aber ich sehe Dich. Auch jetzt noch.


    Was bleibt, ist die Erinnerung an Dein verschlafenes Gesicht und Deine Stimme am Morgen danach:


    Ich möchte nie mehr ohne Dich sein. Bleib doch liegen.

  • von Voltaire



    Mein Gott – ist mir schlecht!
    Und dazu noch dieses unerträgliche Hämmern unter der Hirnschale. Ich schwöre, okay – bereits zum fünften Male in dieser Woche schwöre ich: Nie wieder Alkohol. Nie wieder!!


    Langsam drehe ich mich auf die Seite und erstarre. Etwas liegt da neben mir. Schemenhafte Erinnerungsfetzen versuchen krampfhaft an die Oberfläche meines Bewusstseins zu gelangen.
    Das Etwas öffnet die Augen, sieht mich an und strahlt.
    „Es war schön mit dir.“
    Haben wir etwa? Meine Erinnerungssoftware ist offenbar von einem schlimmen Gedächtnislückenvirus infiziert.
    Habe ich etwa – mit der da, neben mir, dem Etwas?
    Und dann ist sie da. Schlagartig. Die Erinnerung.


    Es waren ihrer zwei; zwei Mädchen am gestrigen Abend. Die eine gehörte zu den praktizierenden Anbeterinnen des Gottes Silikon, während die andere ohne Frage den Kämpferinnen des Nahrungsmittelvernichtungsbataillons zuzurechnen war. Und es kam wie es kommen musste, ich hatte mir die Vernichterin der Nahrungsmittelressourcen geschnappt und war dann offensichtlich hier, in diesem mir gänzlich unbekannten Bett gelandet.
    Und offenbar hatten wir dann……


    „Haben wir?“ Eigentlich will ich die Antwort aber gar nicht wissen.
    Meine Güte ist mir schlecht!


    Sie nickt.
    „Ja. Und wie.“
    Aber ich bekomme nicht nur diese Antwort zu hören, nein, sie haucht mir auch noch eine ordentliche Portion ihres nach gegorener Magensäure riechenden Atems ins Gesicht.
    Eigentlich könnte ich ja nun beruhigt sein, dass wenigstens meine Geruchswahrnehmungsorgane noch voll funktionsfähig sind, aber es gibt halt nun mal Erfahrungen und Eindrücke, auf die man vielleicht gern verzichtet hätte.


    „Du bist der Wahnsinn!“
    Wie ich dieses Lächeln hasse. Es ist ein Lächeln welches die Niederlage, die Erniedrigung total werden lässt. So ein 3,4-Promille-Fick kann schon das gesamte Weltbild ins Wanken bringen.


    „Bin ich gekommen?“ Mensch, ist mir diese Frage peinlich.
    „Wie gekommen?“ Ihr Gesicht wechselt von der Mondform in die Fragezeichenform.
    „Na, gekommen eben. Orgasmus pipapo, abspritzen. Such dir was aus.“
    Ihr Gesicht wird nun zum Doppelfragezeichen.
    Dann grinst sie.
    „Also da ich kann dich beruhigen – gevögelt haben wir nicht.“
    „Hast du nicht aber gesagt, wir haben?“
    „Ja, haben wir doch auch.“
    „Ich denke wir haben nicht.“
    Irgendwas passiert hier gerade mit mir und ich weiß nicht was. Momentan bekomme ich nicht wirklich was geregelt.
    „Na, wir haben nicht miteinander geschlafen.“
    „Ja, aber was haben wir denn?“
    Will ich das jetzt wirklich wissen?
    „Wir haben meinen Kühlschrank geleert. Und ich hätte nie gedacht, welche Mengen ein Mensch so verdrücken kann. Du bist der Wahnsinn!“
    Aus dem Doppelfragezeichengesicht wird wieder das freundliche grinsende Mondgesicht, der Atem ist immer noch magensäuremässig aromatisiert und in mir setzt sich der Gedanke fest, dass es eventuell an der Zeit ist, meinen Mageninhalt mal so richtig zum Lüften an die Luft zulassen.

  • von Suzann



    Ina stiefelte in ihrem dünnen Pullover die schlecht gepflasterte Einfahrt hinauf. Es war kühl und ein feiner Sprühregen wehte ihr ins Gesicht. Gereizt malträtierte sie den Klingelknopf. Kein Vordach schützte die Eindringlinge in die Privatsphäre ihres Vaters.


    „Hallo Ina, brauchst du was?“, fragte Heinz. Er kannte seine Tochter gut. Seit sie geschieden war und alleine mit seiner Enkelin lebte, tauchte sie wieder häufiger bei ihm auf. Sie kam allerdings nie, um sich nur mit ihm zu unterhalten. Wenn sie vorbeischaute, dann sollte er ihr immer einen Gefallen tun. Manchmal schmerzte ihn der Gedanke, dass er von ihr ausgenutzt wurde. Aber seit dem Tod seiner Frau fühlte er sich oft einsam und war froh, wenn er seine Tochter sah, egal aus welchen Gründen.


    „Kannst du mir die Winterreifen auf den Wagen machen? Ich muss am Donnerstag auf Fortbildung und der Radio hat Schnee angesagt“, kam das erwartete Hilfsgesuch.
    „Lass es lieber den Paulus machen. Du weißt doch, dass die Auffahrt zum Reifenwechsel eigentlich nicht taugt“, wehrte Heinz ab.
    „Ich hab kein Geld für die Werkstatt, Papa“, war die gereizte Antwort.
    „Na gut, dann komm morgen Vormittag. Aber nicht zu spät, ich hab Spätschicht“, gab er nach.
    „Okay, dann bis morgen.“ Schon wandte sich Ina wieder zum Gehen.


    Heinz kickte den großen Holzkeil hinter das Vorderrad. Das Holz rutschte zu weit und verschwand nutzlos unter dem Auto, aber Heinz hatte sich schon abgewendet, um den Wagenheber zu platzieren. Mit eiligen Bewegungen pumpte er den Wagen in die Höhe. Seine Miene war finster und die buschigen Augenbrauen berührten sich über der Nasenwurzel. Er hatte gerade die zweite Schraube des Hinterrades gelöst, als ein Scheppern ertönte, der Wagen sich abrupt senkte und losrollte. Fluchend mühte sich Heinz auf die Füße und öffnete die Fahrertür, aber die Gartenmauer in seinem Rücken war schon zu nah, um noch in das Auto klettern zu können. Er warf die Tür wieder zu, lief um das Heck und stemmte sich gegen das an Fahrt gewinnende Auto. Nach einigen schnellen Schritten rückwärts gab er auf und wollte dem mittlerweile ziemlich zügig rollenden Fahrzeug aus dem Weg zu gehen. Da blieb er mit der Ferse an einem hochstehenden Pflasterstein hängen. Er stürzte und das Auto rollte über ihn hinweg. Schließlich kam es mit einem lauten Knall an der Gartenmauer zum Stehen. Heinz lag auf dem Pflaster und rührte sich nicht.


    Ina schreckte aus dem Schlaf und ein schmerzhafter Stich fuhr durch ihren Brustkorb. Gestern war etwas Schreckliches passiert. Papa war von ihrem Auto überrollt worden. Aufstöhnend presste sie die Bettdecke an ihren Oberkörper. Das laute Anrufsignal des Handys auf dem Nachttisch riss sie aus ihrem Gefühlsaufruhr. „Ja?“, brachte sie mühsam heraus.
    „Ich bin´s. Ich wollte dich fragen, ob du schon um Neun zum Reifenwechseln kommen kannst? Ich muss vor der Arbeit noch was Dringendes erledigen.“
    Ungläubig starrte Ina ihr Handy an.
    „Ina? Bist du noch da?“

  • von Lucina



    Ich erinnere mich noch genau an meinen 18. Geburtstag! Meine ehemaligen Klassenkameraden haben mit mir zusammen gefeiert und wir hatten viel Spaß und noch mehr Alkohol dabei! Abends hat meine Freundin, Anna, bei mir übernachtet. Auto fahren oder ähnliches war gar nicht mehr drin. Nach der Party begleiteten wir unsere Freunde ein Stück Richtung Heimat und haben anschließend gerade noch so den Weg nach Hause gefunden! Abschließend gönnten wir uns noch ein Bier und meine erste Zigarette bevor wir uns zur Ruhe legten und Anna anfing von Aliens zu reden. Ich weiß noch, dass ich ihr sagte, sie sollte ihre Besucher schön grüßen und dann müssen wir wohl eingeschlafen sein.
    Am nächsten Morgen bin ich zu einer relativ normalen Zeit aufgewacht. Es muss so zwischen acht und neun Uhr morgens gewesen sein. Für ein Besäufnis also gar nicht mal so schlecht und zu dem Zeitpunkt ging es mir auch noch ganz gut. Doch dann bin ich an den Ort des Schreckens gekommen. Ans Aufräumen hatte ich am Abend zuvor natürlich nicht mehr gedacht, so betrunken wie ich war! Und nun kam das große Übel. Die ganzen Alkoholreste mussten weg und vor allem unsere schöne Mischung, für die wir anscheinend so ziemlich alles zusammengeschüttet haben, was gerade da war.
    Tapfer habe ich alles die Toilette heruntergespült und bin wieder ins Bett gegangen. Der Appetit war mir danach endgültig vergangen und ich bekam eine leichte Vorstellung eines Katers. Gegen Mittag wachte ich wieder auf und ärgerte mich, dass mein Körper am Morgen meinte, sich noch einmal hinlegen zu müssen. Mein Kopf und mein Magen schienen zu einem Klumpen zusammengeschrumpft zu sein und alles fühlte sich an wie aus Watte. Irgendjemand meinte, frische Luft würde da gut tun, also brachte ich Anna zum Bus, da sie wieder nach Hause musste. Ihr ging es auch nicht viel besser, doch tapfer meisterten wir unseren Weg. Der Rückweg war allerdings viel schlimmer, denn jetzt war ich alleine unterwegs und musste mich irgendwie ablenken.
    War ich froh, als ich wieder in meinem Bett war. Essen? Nein, danke! Eine Flasche Wasser und nie wieder Alkohol, das war das Einzige, was ich jetzt noch wollte.

  • von Lese-rina



    „Was für eine Nacht!“ ist Susannes erster Gedanke, als sie von den Strahlen der aufgehenden Sonne geweckt wird. Benommen blickt sie sich um und erst nach einigen Sekunden ist sie sicher, wirklich in den gewohnten vier Wänden und neben ihrem leise schnarchenden Mann zu liegen. Die Ereignisse der letzten Nacht sind noch zum Greifen nahe. Der Seitenblick auf den Wecker verheißt Susanne noch einige Minuten Zeit. Wohlig kuschelt sie sich in ihr Kissen und lässt die vergangenen Stunden Revue passieren.



    Was war das für ein Gefühl der Freiheit, als sie auf ihrem Drachen Dragiflor über das Land flog. Nichts zu spüren als den Wind, der ihr die Haare aus dem Gesicht wehte und den kräftigen Körper des jungen Drachens an ihren Schenkeln. Susanne erinnert sich an die Weite der Ebenen, das Dunkel der Wälder, die schroffen Berggipfel in der Ferne. Und dann das Glitzern des Flusses Ebererth und die Silhouetten der großen Stadt Mirafir, die langsam aus dem Dunst auftauchten. Ein unbeschreiblicher Anblick, der sich ihr bot: Mirafir mit all seinen schlanken Türmen, den mächtigen Mauern und den Konturen der vielen Drachen, die in den Lüften kreisten. Sie glaubte, den Schrei ihres Drachens noch zu hören und die Antworten seiner Artgenossen, die hundertfach antworteten.


    Unterschiedlichste Bilder erscheinen Susanne, als sie an den belebten Markt der Stadt dachte. Die farbenprächtigen Gewänder der Frauen, die zahlreichen Stände, an denen die bärtigen Händler ihre Waren anpriesen und das unüberschaubare Angebot an Lebensmitteln aller Art. Dazwischen natürlich die Drachen, jeder ganz individuell und eigenständig. Ein Potpourri aus Sprachen und Geräuschen, aus Düften und aus Farben. Sie hätte sich ewig in diesem Reich der Vielfalt aufhalten können, um den Geschmack der exotischen Früchte zu kosten und die ungewohnten Gerüche in sich aufzusaugen. Doch dafür war zu wenig Zeit – der König erwartete sie.


    Als Susanne an den gefährlichen Auftrag denkt, ist sofort die Aufregung wieder da. Sie glaubt, die Kratzer auf ihrer Haut zu spüren, die der raue Fels auf dem Weg durch die engen Stollen der Berge hinterlässt. Es war eine gewaltige Anstrengung, stundenlang durch dunkle Gänge zu tasten, zu krabbeln und manchmal auch zu kriechen, ohne zu wissen, was sie hinter der nächsten Biegung erwarten würde. Und dann die Freude, als die Höhle mit den sagenumwobenen Drachenschatz entdeckt wurde. Doch ihre grenzenlose Erleichterung schlug schnell wieder in Anspannung um, als sie sich auf den gefährlichen Rückweg machten. Werden sie es schaffen, Mirafir rechtzeitig und vor allem unbehelligt zu erreichen? Oder werden ihre Feinde schneller sein?



    Mit einem kleinen Seufzer kehrt Susanne in die Gegenwart zurück. Das Abenteuer wird nun leider warten müssen. Als sie nach dem Wecker tastet, berührt Susanne mir ihren Fingerspitzen das Buch. Ein Lächeln erscheint wie von selbst auf ihren Lippen, während sie sich aus den Bett schwingt. Tagsüber ist sie mit ihren Aufgaben und Pflichten beschäftigt, doch die Nacht gehört ihr!

  • von arter



    Ein vorwitziger Sonnenstrahl landete auf Ralfs Gesicht. Er spendete seine ganze Wärme und sorgte dafür, dass Ralf mit einem wohligen Gefühl erwachte. Aber es war nicht nur die angenehme Art des Erwachens, die in Ralf eine satte Befriedigung auslöste. Nein, es war auch das Bewusstsein, dass diese Nacht nicht wie alle anderen gewesen war.


    Um sich zu vergewissern, dass es sich nicht nur um einen angenehmer Traum gehandelt hatte, schlug er die Augen auf. Er lag auf dem Rücken, auf seiner Brust ruhte eine zartgliedrige Hand, deren Finger sich leicht spreizten um einen möglichst intensiven Kontakt zu seiner leicht behaarten männlichen Brust herzustellen. Die Hand gehörte zu einem Arm, der auf seinem Oberkörper ruhte und von einem Wust blonder Haare bedeckt war.


    Er legte seine Hand auf diese andere und begann zart deren Finger zu streicheln. Ein leises Knurren verkündete, dass jetzt Leben in das Haarbüschel eingekehrt war. Langsam erhob sich die blonde Mähne und verschlafene grüne Augen blickten Ralf zärtlich an. Sie lächelte sanft und auf ihrer Wange trat das betörende Grübchen hervor mit dem kleinen dunkelbraunen Leberfleck mittendrin.


    "Und was kommt jetzt?", fragte sie mit einer durch den Schlaf dunkel verfärbten, und dadurch besonders erotischen Stimme.


    "Was meinst du damit", fragte Ralf, Ahnungslosigkeit spielend.


    "Werden wir jetzt jeden Morgen Seite an Seite erwachen und den Tag mit Schmetterlingen im Bauch beginnen?"


    Der Zärtlichkeit in ihren Augen hatte sich jetzt etwas Forderndes hinzugesellt. Ralf wand sich innerlich. Er wollte diesen bezaubernden Moment nicht durch eine allzu ehrliche Antwort zerstören.


    "Wir werden noch viele leidenschaftliche Nächte zusammen erleben", sagte er und versuchte sie durch ein verschmitztes Lächeln zu entwaffnen.


    Nun verschwand die Zärtlichkeit vollends aus ihrem Blick und auch von Schläfrigkeit und Sanftheit war keine Spur mehr in ihrem Gesicht. Das Grübchen zog sich resigniert zurück und ein sarkastischer Zug legte sich um ihre Lippen..


    "Viele leidenschaftliche Nächte, was soll das heißen? Willst Du mich benutzen wie eine billige Hure, die bereit zu sein hat, wenn dem Herren danach ist?"


    Ralf wusste dass der Kampf um Harmonie bereits verloren war. Dennoch unternahm er noch einen Versuch.


    "Nein Liebling, Du und ich das ist etwas ganz Besonderes. Ich spüre es ganz tief in mir. Lass es uns nicht kaputtmachen".


    "Du hast gut reden. Du kehrst heute zurück in das geputzte Haus, an den gedeckten Tisch. Aber was ist mit mir? Hast Du eine Sekunde daran gedacht?"


    "Ich denke jede Sekunde an Dich und an unser Wiedersehen", versprach er. Aber er wusste, dass das sehr halbherzig geklungen hatte.


    Er musste zusehen wie sie sich erhob und sich wortlos ankleidete. Im Gehen schleuderte sie ihm noch einen Blitz aus ihren giftgrünen Augen entgegen. Einige Augenblicke später hörte er wie die Hotelzimmertür zuschlug.


    Als Ralf am Abend mit zwiespältigen Gefühlen heimkehrte, erwartete ihn seine Frau bereits in der geöffneten Tür.


    "Wo warst Du letzte Nacht", fragte sie streng.


    Doch er bemerkte, wie sich der braune Leberfleck in das Grübchen auf ihrer Wange herabsenkte und erkannte das Strahlen in ihren grünen Augen.

  • von Sinela



    Elaine öffnete die Augen. Für einen Moment war sie irritiert, wusste nicht mehr, wo sie war, doch dann fiel es ihr wieder ein. Sie war auf Blackfield Manor – und sie war verheiratet! Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen, sie hätte nicht gedacht, dass sich das so gut anfühlen würde. Langsam richtete sie sich auf, warf einen Blick zur Seite – dort lag ihr Ehemann, tief schlafend, und schnarchte leicht. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, stand sie auf, nahm das auf dem Boden liegende Nachthemd und streifte es über. Die junge Frau ging zum Fenster. Die Dämmerung war schon weit fortgeschritten, die Sonne würde wohl bald aufgehen. Sie genoss diesen Augenblick der Stille. Ihre Gedanken wanderten zurück zum vergangenen Tag. Ihrem Hochzeitstag! Als ihre Eltern ihr sagten, dass sie den umso viele Jahre älteren Lord Morwellan heiraten sollte, wäre sie am liebsten davongelaufen. Sie kannte diesen Mann doch überhaupt nicht! Aber ihre Eltern hielten diese Verbindung für standesgemäß. Der Lord war eine sehr gute Partie für ihre Tochter und sie hatte sich schweren Herzens gefügt. Im Verlauf seiner Werbung hatte sie Nigel dann schätzen gelernt. Trotzdem war sie bangen Herzens in der Kutsche zur Kirche gefahren. An die anschließende Feier konnte sie sich nicht mehr so richtig erinnern, denn sie hatte sich zu Tode gefürchtet vor der Hochzeitsnacht und dem was da passieren sollte. Elaine lachte leise auf. Was für eine dumme Kuh sie doch gewesen war.......

    „Hör doch auf zu zittern mein Liebes.“


    „Ich versuche es ja, aber ich kann nicht.“

    „Hab keine Angst Elaine, ich werde dir nicht weh tun. Mach die Augen zu und höre einfach auf zu denken“, sagte Nigel zu seiner nackt auf dem Bett liegenden Frau. Er nahm ihre Hand, küsste jede Fingerspitze einzeln, um anschließend ihren Mund in Besitz zu nehmen. Neckisch ließ er seine Zunge ihre Lippen liebkosen, bis Elaine ihm Einlass gewährte. Wie gut sie sich anfühlte. Seine Hände wanderten an ihrem Körper hinunter zu ihren Brüsten, liebkosten sie, zwirbelten die Warzen. Unbekannte Gefühle durchzuckten die junge Frau, beängstigend und gleichzeitig wunderschön. Sie stöhnte auf, was Nigel ein Lächeln entlockte. Er rutschte tiefer, seine Finger suchten sich den Weg zwischen ihre Beine, streichelten langsam, aber zielsicher die Stelle, die seiner Frau die größte Lust bescheren würde. Und dann, er konnte nicht länger warten, war es soweit – er glitt mit seinem steif aufgerichteten Glied in sie und durchstieß mit einem kräftigen Stoß ihr Jungfernhäutchen.


    „Nein, hör auf, bitte!“


    Er hielt inne.


    „Ganz ruhig, der Schmerz wird gleich vergehen. Bitte vertrau mir.“


    Nigel streichelte sie sanft und nach einigen Minuten fing er an sich wieder vorsichtig in ihr zu bewegen. Elaine wölbte sich ihm entgegen und gemeinsam erlebten sie den Höhepunkt.

    Elaine tauchte aus ihren Erinnerungen auf und betrachtete ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe. Sie strahlte regelrecht von innen heraus. Verheiratet zu sein bekam ihr sehr gut. Sie schmunzelte. Es wurde Zeit, wieder ins Bett zu gehen – zu Nigel, ihrem Mann.