Otternbiss - Regine Kölpin

  • Klappentext:


    Vor vielen Jahren verschwand der achtjährige Achim im Osten der Insel Wangerooge im plötzlich aufkommenden Seenebel. Maria, damals 15 Jahre und seine Betreuerin, quält sich seitdem mit Gewissensbissen. Als jetzt auf Wangerooge ein Junge ermordet am Dünenufer aufgefunden wird, beschließt sie, dass der Zeitpunkt gekommen ist, auf die Insel zurückzukehren und die Vergangenheit aufzuarbeiten. In den Ostdünen findet Maria ein Skelett. Sie ist sich sicher, dass es sich um Achim handelt. Während Kommissar Rothko ermittelt, sucht Maria auf eigene Faust nach dem Mörder. Es gibt aber jemanden, dem das nicht passt.


    Meine Meinung.


    Ich liebe die Küstenkrimis und besonders die, die auf einer der Inseln spielen. Mag es an der Abgeschiedenheit der Insel liegen oder daran, dass ich fast alle besucht habe, für mich üben diese Regionalkrimis einen ungeheuren Reiz aus, dem ich gerne nachgebe. Auch hier ist das Setting mit der Insel Wangerooge perfekt, bildlich bestens geschildert, das Flair der Meeresküste und das besondere der Insel entsteht sofort vor dem inneren Auge. Leider ist die Story dagegen ein bisschen blass und zieht sich hin - da das mein erstes Buch von Regine Kölpin ist, kann ich auch nicht beurteilen, ob das ihr gewohnter Schreibstil ist.


    Zehn Jahre sind vergangen, als Maria den kleinen Achim im Seenebel verloren hat. Er wollte mit ihr frühmorgens nach Muscheln und Steinen im Watt suchen, aber dann schlug der Nebel erbarmungslos zu. Jetzt ist wieder ein kleiner Junge auf Wangerooge verschwunden, seine Leiche wird in den Dünen gefunden. Maria hat den Verdacht, dass die beiden Taten irgendwie zusammenhängen, hatte sie doch kurz den Blick auf einen Mann erhascht, der bei Achim war, bevor der Nebel alles verhüllte. Es könnte aber auch Einbildung gewesen sein, so hat sie nie ein Wort darüber verloren, die neue Tat lässt sie allerdings wieder zweifeln. Ihr Leben ist eh seitdem aus der Bahn geraten, sie braucht Ordnung und klare Strukturen, zu einer Beziehung ist sie überhaupt nicht fähig. Sehr zur Enttäuschung des Nachbarjungen Daniel, der sie schon von Kindesbeinen an liebt. Maria fährt auf die Insel und trifft dort auf alle möglichen Leute aus ihrer Vergangenheit.


    Kommissar Rothko wollte eigentlich eine Kur haben und wurde zur Sommerunterstützung nach Wangerooge versetzt, weil es dort so schön ruhig ist. Pustekuchen, direkt an seinem ersten Tag findet er die Kinderleiche und steckt sofort bis über beide Ohren in Ermittlungen, was er ja eigentlich so gar nicht wollte. Die angeforderte Verstärkung vom Festland entpuppt sich dann auch noch ausgerechnet als der Kollege, mit dem er eigentlich nie wieder zusammenarbeiten wollte. Aber der Fall und die Enge der Insel fördern ungeahnte Charakterzüge zutage und Rothko muss verblüffend Anerkennung zollen.


    Das Setting ist traumhaft, Wangerooge kurz vor Ostern, der Frühling liegt in Lauerstellung, Unterkünfte und Straßen werden herausgeputzt. In diese Idylle schleicht sich die verkorkste Gestalt eines Kindermörders, die Ermittlungen laufen zaghaft an und immer neue Puzzleteile verdichten sich erst am Ende zu einem vollständigen Bild. Die Charaktere sind gut gezeichnet, wenn auch nicht unbedingt sympathisch, dafür sind sie alle irgendwie zu verkorkst. Mindestens einer ist auch nicht der, der er zu sein scheint, nach und nach fällt die Maske, immer wieder gelangt man durch Einschübe der Autorin Einblicke in sein Seelenleben. Der Plot ist jetzt nicht unbedingt etwas Neues, aber gut dargestellt, die Verzweiflung über den Tod des Kindes wirkt authentisch. Trotzdem dümpelt alles ein bisschen vor sich hin, manche Handlungen sind irrational und unverständlich, keiner der Charaktere ist eigentlich jemand, mit dem man gerne ein Bier trinken würde. Zum Glück ist das Buch ja nicht allzu dick, die Auflösung schlüssig und aufregend, die Atmosphäre reißt so einiges raus. Man kann es lesen, muss es aber nicht, wem sich die besondere Atmophäre nicht erschließt, wird sich wahrscheinlich langweilen. Zumindest hat es mir so gut gefallen, dass ich bestimmt noch weitere Bücher der Autorin lesen werde, wenn sie mir in die Hände fallen. Zumindest gibt es ein schönes stimmiges Cover und die Qualität des Buches ist auch in Ordnung.


    LG
    Patty