Die im Dunkeln sieht man doch - Barbara Vine

  • Anmerkung: Es gibt einen uralten Sammel-Thread über diverse Bücher von Barbara Vine (Ruth Rendell), doch ich finde, die Bücher haben eigentlich ihren jeweils eigenen Thread verdient - nicht zuletzt, damit sie auch einzeln im Verzeichnis auftauchen.



    OT: A Dark Adapted Eye


    Kurzbeschreibung:
    Der Fall der Vera Hillyard, die kurz nach dem Krieg wegen Mordes zum Tod durch den Strang verurteilt und hingerichtet wurde, wird wieder aufgerollt. Briefe, Interviews, Erinnerungen, alte Photographien fügen sich zu einem Psychogramm, einer Familiensage des Wahnsinns. Schicht um Schicht entblättert Barbara Vine die Scheinidylle eines englischen Dorfes, löst zähe Knoten familiärer Verflechtungen und entblößt schließlich ein Moralkorsett, dessen psychischer Druck nur noch mit Mord gesprengt werden konnte.


    Über die Autorin:
    Ruth Rendell, auch unter dem Pseudonym Barbara Vine bekannt, ist mit ihren zahlreichen Romanen eine der ganz großen englischen Autorinnen. Dreimal schon erhielt sie den "Edgar-Allen-Poe-Preis" und zweimal den "Golden Dagger Award" für den besten Kriminalroman des Jahres. 1997 wurde sie mit dem Grand Masters Award der Crime Writers Association of America, dem renommiertesten Krimipreis überhaupt, ausgezeichnet und darüber hinaus von Königin Elizabeth in den Adelsstand erhoben. Ruth Rendell wurde 1930 in einem Londoner Vorort geboren. Sie arbeitete zunächst als Journalistin, bis sie sich 1964 ganz auf den Schriftstellerberuf konzentrierte. Heute lebt sie in einem Haus aus dem 16. Jahrhundert in Suffolk.


    Meine Rezension:
    Mehrere Jahrzehnte, nachdem Vera Hillyard des Mordes für schuldig befunden, zu Tode verurteilt und hingerichtet wird, macht sich ein Journalist auf Spurensuche bei ihren noch lebenden Verwandten. Erzählt von Veras Nichte Faith, selbst inzwischen eine ältere Dame, breitet sich vor dem Leser ein tragisches Mosaik aus, in dem jedes hinzugefügte Teil zu dem Gesamtbild beiträgt, das von Liebe, Abhängigkeit, Hass, Moral und den Konventionen der 40er Jahre geprägt ist. Barbara Vine (Ruth Rendell) baut die Geschichte sorgfältig auf, legt raffiniert falsche Spuren und präsentiert überraschende Wendungen, wie sie nur das Leben schreiben kann und genau diese Authentizität ist es, die den Leser gefangennehmen und bis zum Ende nicht mehr loslassen. Das Nachvollziehen der flüssig und auf hohem sprachlichen Niveau geschriebenen Geschichte, die hauptsächlich aus den Erinnerungen von Faith besteht, erfordert die volle Aufmerksamkeit des Lesers, insbesondere zu Beginn kann die Vielzahl der Figuren verwirren, hier empfiehlt sich das Anlegen eines Stammbaums. Doch nach und nach werden die Namen zu Personen und schließlich zu Charakteren, wie sie in jedem Dorf und jeder Stadt zu finden sind. Das Ende mag nicht jedermann gefallen, doch letztlich ist es konsequent und somit zwingend, um die Glaubwürdigkeit der Geschichte bis zuletzt aufrechtzuerhalten. Wer sich auf diese anspruchsvolle Kriminalliteratur gemischt mit einer tragischen Familiengeschichte einlässt, wird bis zur letzten Seite gefesselt sein.


    9 Punkte von mir!