Inhalt:
Schwer von psychischer Krankheit und einem langen Klinikaufenthalt gezeichnet kommt die Textilkünstlerin Rose auf die Insel North Uist, um dort ihr Leben neu zu ordnen. Die Ruhe und Abgeschiedenheit helfen ihr dabei ebenso, wie ihre neu gewonnenen Freunde Shona und deren Bruder Calum. Vom ersten Moment an zueinander hingezogen entspinnt sich zwischen Rose und Calum eine vorsichtige Liebesgeschichte. Doch immer noch schwer traumatisiert von den Erlebnissen, die zu ihrem Selbstmordversuch führten, fällt es Rose schwer, sich erneut einem Menschen anzuvertrauen. Und auch der zunächst gewinnende und lebensfrohe Calum hat mehr zu verbergen, als es anfangs scheint.
Meine Meinung:
Was sich zunächst wie ein ziemlich platter, nichtssagender Liebesroman anhört, entspinnt sich in einem Feuerwerk aus Perspektiv- und Zeitwechseln. Nach und nach erfahren wir beim Lesen mehr über Rose, ihren täglichen Kampf in ein Leben zurückzufinden, das ihr mehr zugemutet hat, als sie ertragen konnte. Dabei ist sie vorsichtig. Vorsichtig mit sich, ihren Gefühlen und dem, was sie sich selbst zumutet. Wir erfahren zu Gavin, dem Mann, den sie mehr liebte, als ihr eigenes Leben, dessen Untreue sie verzeihen konnte, genauso wie die Tatsache, in seinem Leben immer nur die Nummer zwei zu sein, hinter seinem Hobby der Bergsteigerei. Nur eines konnte sie ihm nicht verzeihen, das Unaussprechliche. Früh ahnt man bei Lesen, dass es sich bei der großen Katastrophe um etwas schreckliches handeln muss, aber die Autorin lässt uns im Dunkeln, sät Zweifel und Angst und Hoffnung. Hoffnung vor allem in Person von Roses gutherzigen Nachbarin Shona und deren Bruder Calum. Zupackend und ganz und gar unkompliziert erschleichen sich die beiden einen Platz in Roses Leben, sind da, wenn sie gebraucht werden, geben Halt und Wärme und gerade damit auch Grund für immer erneute Rückzüge. „Emotional Geology“ ist ein Buch über die Angst zu Leben, über den Mut schwach zu sein und die zerstörerische Kraft der Liebe. Es hat mich berührt und mitgerissen. Ich habe mit Calum um Roses Zuneigung gebangt, mit Rose gelitten und gehofft. Manchmal wollte ich sie anschreien, endlich über ihren eigenen Schatten zu springen und sich dem Leben wieder zu öffnen, manchmal wollte ich sie in den Arm nehmen und trösten. Und an wieder anderen Stellen musste ich mich einfach vor ihr verneigen, vor dem untrüglichen Wissen über ihre eigenen Grenzen und die Vehemenz, mit der sie diese geschützt hat.
Es stimmt, „Emotional Geology“ ist eine Liebesgeschichte, aber eine, die ihre Romantik gerade an Stellen entfaltet, an denen man es am wenigsten erwartet, vielleicht genauso spröde, wie diese baumlose, ruhige Insel, die Rose für ihren Neubeginn gewählt hat und die mir beim Leben teuer wurde, wie die Protagonisten selbst.
Von mir gibt’s 10 / 10 Punkten.