Pinilla, Ramiro, Nur ein Toter mehr, Orig.titel „Solo un muerto mas“, Übersetz. Stefanie Gerhold, Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2012, ISBN 978-423-24911-9
Zum Autor (lt. Verlag):
Ramiro Pinilla , 1923 in Bilbao geboren, gilt als einer der bedeutendsten baskischen Schriftsteller der Gegenwart. Nach großen Erfolgen in den 60er Jahren (1960/61 erhielt er den Premio Nadal und den Premio de la Crítica für Las ciegas hormigas dt. Die blinden Ameisen, DVA 1963) verabschiedete er sich 1971 vom offiziellen spanischen Literaturbetrieb, hörte aber nie auf, zu schreiben. Erst 2004 trat er wieder ans Licht der Öffentlichkeit - mit seinem monumentalen baskischen Familienepos Verdes valles, colinas rojas, für das er die bedeutendsten Literaturpreise Spaniens, den Premio de la Crítica 2005 und den Premio Nacional de Narrativa 2006 erhalten hat und das nach Auffassung der Kritiker einer der wichtigsten spanischen Romane der letzten Jahrzehnte ist.
Meine Meinung:
Eine ungewöhnliche Idee bildet die Basis für den Kriminalroman „Nur ein Toter mehr“, dessen Autor Ramiro Pinilla uns mit seinem Werk einen Roman im Roman präsentiert.
Gexta nahe Bilbao, 1945: Der junge Buchhändler Sancho Bordaberri liebt Kriminalromane. Seine großen Idole sind Dashiell Hammett, Raymond Chandler & Co., die er nicht nur bewundert, sondern als Vorbilder seiner eigenen schriftstellerischen Ambitionen verehrt. Doch Leidenschaft allein genügt nicht: seine bislang 16 selbst verfassten Kriminalromane wurden allesamt wegen fehlenden Realismus von den Verlagen abgelehnt. Als Sancho seinen zuletzt abgelehnten Roman im Meer versenken will, fällt sein Blick auf eine Klippe, an der 10 Jahre zuvor ein Verbrechen ausgeübt wurde, bei dem einer der beiden zwielichtigen Altube-Zwillingen seinen Tod fand. An einen Metallring festgekettet, ertrank einer der Brüder, der andere konnte gerettet werden. Aufgrund des Bürgerkriegs wurde der Fall nie aufgeklärt und so reift bei Sancho der Gedanke, diesen ungelösten Fall aufzugreifen, als Detektiv aufzuklären und damit seinen echten realen Fall für sein nächstes Buch zu haben. In Anlehnung an Sam Spade nennt er sich fortan Samuel Esparta und es gelingt ihm sogar seine patente, clevere, ihm ergebene Mitarbeiterin Koldobike zu überreden, ihr Äußeres den amerikanischen Vorbildern anzupassen. Mithilfe von Koldobike nimmt Sancho die Ermittlungen auf – sehr zum Missfallen einiger Bewohner von Gexto und vor allem der Falangisten…
Aus seiner amüsanten Grundidee macht Ramiro Pinilla einen Kriminalroman, der sehr gut Atmosphäre und Umfeld des Baskenlands der Nachkriegszeit einfängt und eine Reminiszenz an die hardboiled Klassiker darstellt. Trotz dieser Erinnerung an die großen amerikanischen Klassiker der Kriminalliteratur gehört „Nur ein Toter selbst“ nicht zu den hardboiled Krimis, da Sancho Bordaberri alles andere als ein Hardboiled Detective ist, und seine Assistentin Koldobike deutlich stärker auftritt als ihr Vorgesetzter. Aus dieser Konstellation bezieht die Geschichte allerdings den wesentlichen Teil ihres Humors, dessen Wirkung von Ramiro Pinilla durch den Sprachwitz, den er seinem Protagonisten in den Mund legt, noch verstärkt wird. Leider fehlt dem Roman die Spannung der großen Kriminalromane, an die er erinnert, weshalb ich den Krimi „Nur ein Toter mehr“ eher den Freunden ruhiger Kriminalromane und Krimiparodien sowie am Lokalkolorit interessierten Lesern empfehlen würde.
7 von 10 Punkten