The Rum Diary
Kinostart: 2.August 2012
Produzenten: Johnny Depp,Graham King,Christi Dembrowski,Anthony Rhulen,Robert Kravis
Hauptdarsteller: Johnny Depp, Aaron Eckhart, Amber Heard, Giovanni Ribisi u.a.
Lange galt das Manuskript des gleichnamigen und ersten Romans von Hunter S. Thompson als verschollen, bevor es Ende des letzten Jahrhunderts auftauchte und erfolgreich veröffentlicht wurde.
Zwangsläufige Folge konnte nur eine Verfilmung der alkoholgeschwängerten Tagebücher sein, die dieser Tage ins deutsche Kino gekommen ist und die Gemüter vielleicht nicht so bewegen wird, wie es die Filmemacher beabsichtigt hatten.
Den erfolglosen Schriftsteller und Journalist Paul Kemp verschlägt es im Jahr 1959 von New York nach San Jose (Puerto Rico). Dort heuert das Alter ego Thompsons bei den Daily News an, um über die Runden zu kommen.
Doch Kemp wird schnell klar, dass er, sofern er etwas in der Redaktion erreichen möchte, seinen Alkoholkonsum einschränken muss.
Die Produzenten des Films, allen voran Johnny Depp, der Hunter S. Thompson persönlich kennenlernen durfte und bereits in dessen Fear and Loathing in Las Vegas die Hauptrolle übernahm, wussten offensichtlich, worauf sie sich bei diesem Film einließen.
Den Geschmack des (amerikanischen) Publikums allein mit Sozialkritik zu bedienen reichte ihnen offensichtlich nicht und so wundert sich der enthusiastische, vielleicht nicht nur deutsche Kinogänger nicht darüber, zeitlich in einem Werbefilm für Puerto Rico zu sitzen und von einem perfekten Sommerurlaub in der Karibik zu träumen.
Zwar deutet Kemp immer wieder an, über die Missstände (Umweltverschmutzung, ärmliche Lebensumstände der Einwohner) im
amerikanischen Außengebiet schreiben zu wollen, doch schneller als er sich versieht, befindet sich Kemp im Strudel von Käuflichkeit und Intrigen.
So dominieren in diesem Film Bilder feinpudriger Strände, wunderschöner Frauen und der Unendlichkeit von Rum, der Paul Kemp, der übrigens hervorragend mit Johnny Depp besetzt wurde, alsbald verfällt. Diesem angenehmen Lebenswandel und der Freundin Chenault seines Gönners Sanderson (gespielt von einem fantastischen Aaron Eckhart) hat Kemp nicht mehr viel entgegenzusetzen. Trotz leichter Zweifel ist er fortan dem Geld und Chenault, gespielt von einer etwas zu stark blondierten Amber Heard, die mit ihren Reizen nicht geizt, verfallen.
Inmitten von Hummerpartys und Rum, umgeben von Immobilienhaien in weißen Leinenanzügen und der attraktiven Chenault geraten Kemps kritische Artikel in Vergessenheit, bis zu dem Zeitpunkt als die Existenz der Daily News auf dem Spiel steht. Überhaupt ist die Crew um Depp stark bemüht gewesen, der amerikanischen Dekadenz in Puerto Rico ein Gegengewicht zu verleihen. Die Realität holte den Protagonisten Kemp immer dann ein, wenn er wieder in seine Wohnung zurückkehrt, die er sich mit seinem Kollegen Bill teilt und die einer Bruchbude gleicht. Die Fenster sind marode, der Putz bröckelt, fließendes Wasser und Strom sind Zufall und das Fernsehprogramm wird von den schwerhörigen Nachbarn bestimmt.
In diese Trostlosigkeit bringen nur die Hahnenkämpfe ein wenig Glanz, mit denen sich Bill ein kleines Zubrot verdient.
Doch so ganz überzeugen diese - oftmals auch humorvollen - Sequenzen nicht, setzen sie doch zu sehr auf den Nostalgiefaktor und ein romantisches, beinahe einlullendes Gefühl, dass Verfall und Morbidität zum Traum von Puerto Rico dazugehören. Für die Filmemacher und Paul Kemp geht dieses Gleichnis am Ende des gut zweistündigen Films auf; der begeisterte Leser der Romane von Hunter S. Thompson wird sich allerdings fragen, ob er es nicht besser bei der Lektüre belassen hätte.
So bleibt dieser Film eine Empfehlung an all die Kinogänger, die sich an wunderbaren Bildern, überzeugenden Schauspielern und einer Requisitenausstattung erfreuen können und keine allzu große Kopfarbeit in diesem Kinosommer leisten möchten.