Schlagmann - Evi Simeoni

  • Gebundene Ausgabe: 276 Seiten
    Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 1., Aufl. (9. Juli 2012)
    ISBN-13: 978-3608939699
    Preis: Gebunde Ausgabe Euro 19.95
    Preis: Kindle E-Book Euro 14.99


    Autorin


    Evi Simeoni wurde 1958 in Stuttgart geboren. Seit 1981 ist sie Sportredakteurin der »Frankfurter Allgemeine Zeitung« und inzwischen Reporterin. 1981 wurde sie mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. 1996 wurde sie zur »Sportjournalistin des Jahres« gewählt. »Schlagmann« ist ihr erster Roman.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    Arne hat alles, was man sich wünschen kann: eine attraktive Freundin, einen durchtrainierten Körper und eine Goldmedaille. Und doch zerstört er planmäßig sein Leben. Noch Jahre später lässt die Menschen, die ihm nahe standen, eine Frage nicht los: Warum haben wir nichts bemerkt?


    Die erfolgreiche Journalistin Evi Simeoni beschreibt in ihrem Debüt die an einer wahren Begebenheit orientierte Leidensgeschichte eines Hochleistungssportlers. Der Schlagmann Arne Hansen gewinnt zwar die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen, aber er kann sich an dem Sieg nicht freuen. Innerlich ist er leer und ausgebrannt. Der Höhepunkt seiner Sportlerkarriere ist auch der Wendepunkt seines Lebens. Fassungslos müssen seine Freundin und ein Mannschaftskollege mitansehen, wie der magersüchtige Arne sich selbst zugrunde richtet. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird der unaufhaltsame Niedergang und das Sterben eines Menschen mit großer erzählerischer Wucht und Anteilnahme geschildert.


    Meine Meinung


    Er gibt die Schlagfrequenz beim Ruder- oder Kanusport vor, er bestimmt den Takt in welchem die Blätter an den Riemen ins Wasser getaucht und wieder herausgehoben werden. Die andern Ruderer folgen seinen rhythmischen Bewegungen und er ist so etwas wie der Kapitän der die Renntaktik vorgibt: der Schlagmann. In diesem Roman geht es um die fiktive Figur Arne Hansen für den jedoch ein realer Olympiasieger mit seinem traurigen Schicksal Pate steht: Bahne Rabe. Einst im Jahre 1988 führte der Modellathlet und vielleicht bester Ruderer seiner Zeit Bahne Rabe den prestigeträchtigen Deutschland-Achter zu Olympiagold und heimste viel Lob ein. Menschlich war er ein Sonderling, verschlossen und unangepasst. Dreizehn Jahre später starb der einstige Spitzensportler abgemagert an einer Lungenentzündung. Die Magersucht und die Depressionen haben seine Abwehrkräfte geraubt und sein Schicksal schockierte die Sportwelt. Nein, in seinem gesunden und sportgestähltem Körper weilte kein gesunder Geist sondern eine kranke Seele.


    Unsere Gesellschaft ist sich darin einig, dass anders Sein und psychische Probleme sprich Depressionen nicht zu einem strahlenden Sieger passen, schon gar nicht wenn er zu olympischen Ehren gekommen ist. So wie er seine sportlichen Erfolge anpeilt und plant soll gefälligst auch das übrige Leben verlaufen. Viel Geld von Sponsoren und eine hübsche Freundin an der Seite werden als normal betrachtet. Eine steile berufliche Karriere wird vorausgesetzt, schliesslich ist er fokussierte und harte Arbeit gewöhnt. Was aber wenn das lang gehegte Ziel erreicht ist und die Leere nach dem Erfolg kommt? Sportler die alles dem Siegen untergeordnet und sich auf gewisse Weise menschlich und gesellschaftlich isoliert haben und nun keinen Sinn im Leben sehen? Eine labile Psyche kann zum Absturz führen und dieser wird genau so zielgerichtet verfolgt wie einst der sportliche Erfolg.


    Die Autorin Evi Simeoni erzählt in einer ungewohnt präzisen und fesselnden Sprache vom Auseinanderbrechen eines Sportlers. Es ist so überzeugend uns sensibel geschrieben das es mich tief berührt und zu langem nachdenken angeregt hat. Aus der Perspektive von drei nahestehenden Personen wird Arne Hansen beschrieben: Seine Freundin Anja, sein Trainingspartner Ali und der Sportreporter Paco Müller kommen abwechslungsweise zu Wort. So entsteht ein scharf konturiertes Bild von Arne das mich als Leser fassungslos macht. Es muss doch offensichtlich sein das mit ihm etwas nicht stimmt und warum spricht ihn niemand darauf an: Psychische Probleme - Depression! Aber das sind gesellschaftliche Tabuthemen und ein muskelbepackter, breitschultriger Zweimeter Hüne mit Waschbrettbauch der tagtäglich Spitzleistungen bringt muss kerngesund sein...


    Das Buch will keine Dokumentation zu Bahn Rabe sein sondern ist reine Fiktion. Alle Figuren sind frei erfunden und alles geschieht unter der Vorstellungskraft der Autorin. Es schildert die Vergänglichkeit des sportlichen Erfolgs und der Umgang mit den vermeintlichen Helden. Ihre Körper werden bis in die letzte Muskelfaser zu Höchstleistungen trainiert aber um ihre Seele wird sich zu wenig gekümmert. Gewiss, es gibt viele Trainer in allen möglichen Sportarten die erkannt haben das man Athleten auch auf menschlicher und geistiger Ebene schulen und begleiten muss. Zweifellos ein Einzelschicksal das keinesfalls verallgemeinert werden sollte aber Sportler wie Arne Hansen gibt es hie und da. Es spricht nichts dagegen zu versuchen ihnen zu helfen. Ein ebenso wuchtiges wie leises Buch zu dem markige Lobpreisungen und Hurra-Geschrei einfach nicht passen wollen, deshalb ganz ruhig und bedacht: Die maximalen 10 Eulenpunkte von mir und ein Dankeschön an Evi Simeoni für diesen aufwühlenden und lesenswerten Roman. :anbet

  • Die Autorin Evi Simeoni hat als langjährige und renommierte Sportredakteurin der FAZ enorm viel Hintergrundwissen über die verschiedensten Sportarten und Sportler und sie hat auch anno 2001 den Nachruf zu Bahne Rabe geschrieben.


    Evi Simeoni bei FAZ *klick*


    Sie will das dieses Buch ganz bewusst als Roman wahrgenommen wird und es soll nicht als Biografie verstanden werden. Arnes Feundin Anja und sein Trainingspartner Ali sowie der Sportjournalist Paco Müller sind fiktive Personen. Paco Müller ist auch nicht Evi Simeonis Alter Ego. Ich habe den Roman darum auch bewusst unter Belletristik hier bei den Eulen eingestellt.


    Ich glaube Evi Simeoni weiss mehr über Bahne Rabe und sein Schicksal als wir alle zusammen. Der Kern der Geschichte und das Gerüst mit den Fakten sind real - aber an welchen Stellen die Autorin ihre Vorstellungkraft genutzt hat und gewissen Sachen verschwiegen oder abgeändert hat bleibt dem Leser verborgen. Und das ist auch gut so.