Geheimnisvolle, namenlose Frau
Klappentext
Harald Martensteins neuer Roman besticht durch eine genaue Beobachtung des Paarungsverhaltens im ausgehenden 20. Jahrhundert. Er beschreibt 23 Männer in archetypischen Situationen, die eines gemeinsam haben: dieselbe Frau; eine Frau, die wir nur als N. kennenlernen. An ihrem Liebesleben und Lebenslauf reiht Harald Martenstein die unterschiedlichen Männer wie Verhältnisse auf – ein Roman in 23 Liebesabenteuern. Die Geschichten und Situationen ergänzen sich, zeigen Verhaltensmuster, ergeben eine Sittengeschichte im Privaten – aber sie sind vor allem eins: überraschend komisch und eigensinnig.
»Gefühlte Nähe« ist die Vermessung der Tiefen und Untiefen des uns bekannten Beziehungskosmos.
Der Autor
Harald Martenstein, geboren 1953, ist Autor der Kolumne »Martenstein« im »ZEITmagazin« und Redakteur beim Berliner »Tagesspiegel«. 2004 erhielt er den Egon-Erwin-Kisch-Preis. Sein Roman »Heimweg« wurde im September 2007 mit der Corine ausgezeichnet, 2010 erhielt er den Curt-Goetz-Ring. Zuletzt erschien der Band »Der Titel ist die halbe Miete«.
Meine Meinung
Den Plot finde ich unheimlich ansprechend und reizvoll. Wenn auch ein bisschen "unschön". Denn hier wird eine Hauptprotagonistin nur durch die Erzählungen ihrer Liebschaften erschaffen und charakterisiert. Und diese Männer werden vom Autor während der Geschichte auch noch lose miteinander verwebt.
Die Frau, lediglich "N." genannt, wird im Laufe der Kapitel geliebt, gehasst, verflucht, vergöttert, begehrt und verstoßen. Harald Martensteins Schreibstil konnte mich sofort einnehmen, ich habe es mit Genuss gelesen, denn es bleibt immer spannend und sehr außergewöhnlich.
Gestört hat mich, dass diese Frau "N." letztlich doch nur anskizziert bleibt und dadurch blass erscheint, zu blass für eine Frau, die einen starken Charakter erzeugen sollte. Zudem habe ich das Gefühl, Herr Martenstein rächt sich an irgendwelchen verflossenen Liebschaften, seine Hauptprotagonistin kommt nicht grade gut weg. Sie wirkt teilweise schon sehr überzogen Divenhaft. Es bleibt der fade Beigeschmack, dass dieser namenlosen Frau gehörig über den Mund gefahren wurde und nun hat sie keine Möglichkeit, sich zu rechtfertigen und Stellung zu ihrem Verhalten einzunehmen. Bedauerlich und für mich zu unbefriedigend.
Dennoch ein schönes Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.