Archive der Angst - Räume und Raumgestaltung in den Videospielen R.E. 3 & Silent Hill (Mario Fesler)

  • Archive der Angst - Räume und Raumgestaltung in den Videospielen Resident Evil 3 - Nemesis und Silent Hill
    Autor: Mario Fesler
    ISBN: 9783638651714
    Verlag: GRIN Verlag
    Seiten: 33 (einseitig bedruckt)
    Preis: 14,99 € (Taschenbuch) & 12,99 € (PDF-E-Book)
    Veröffentlichung: 2007



    Der Autor:
    Mario Fesler studierte am Institut für Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und schrieb während seiner Studienzeit mehrere Arbeiten, die er im GRIN Verlag veröffentlichte.


    Inhalt:
    Diese Arbeit geht der Verwendung des literarisch und filmisch geprägten Horrorgenres in zwei populären Videospielen nach und betrachtet dabei vor allem, welche Rolle der Raum und dessen Gestaltung bei dem Erzeugen der "horrortypischen" Atmosphäre zukommt.


    Rezension:
    Der Autor beginnt seine Arbeit mit den treffenden Worten über Videospiele: "Es ist zu wenig, was die Kulturwissenschaften bislang zur Auseinandersetzung mit diesem Medium beigetragen haben". Auch wenn mittlerweile wieder ein paar Jahre seit der Veröffentlichung dieses Werkes vergangen sind, so ist diese Aussage recht aktuell. Man begegnet immer wieder den typischen Stereotypisierungen gegenüber Computerspielen und deren Nutzer. Mario Fesler hat es sich in dieser Studienarbeit zur Aufgabe gemacht, die einzelnen Räume in den Videospielen "Resident Evil 3 - Nemesis" und "Silent Hill" näher auf ihre kulturelle Eigenheiten zu untersuchen. Seine dabei verwendete Leitfrage lautete "Welche Orte werden von den Spielentwicklern genutzt, und wie werden sie dargestellt, um die Handlung voranzutreiben und eine Atmosphäre des Unbehagens zu erzeugen?"


    Mario Fesler verzichtet in diesem Buch auf eine allzu strikte Trennung der Genres Horror, Science-Fiction und Phantastik, stattdessen versucht er deren Gemeinsamkeiten näher zu erörtern. Zurecht weist Fesler anschließend daraufhin, dass bei den Gattungsbezeichnungen im Videospielbereich oftmals eine "Tendenz zur Beliebigkeit" aufzufinden ist. Im Laufe der Zeit haben sich zahlreiche Subgenres gebildet, die oftmals mehr oder weniger fließend ineinander übergehen.


    Fesler spricht bei den Funktionen des Raumes in einem Computerspiel von insgesamt drei Hauptfunktionen: Der Raum als "Begrenzung", der Raum als "Belohnung" sowie der Raum als "atmosphärischer Träger". Dieser Abschnitt ist vor allem für etwas erfahrenere Spieler interessant, da man unweigerlich viele der verwendeten Elemente sofort wiedererkennt. Generell lohnt es sich, vor dem Lesen dieses Buches die beiden Spiele "Resident Evil 3 - Nemesis" und "Silent Hill" zumindest kurz anzuspielen. Denn, ein großes Manko dieses Buches sind die fehlenden Illustrationen. Zwar schafft es Fesler, die Räume weitestgehend bildlich zu beschreiben, aber gerade jene Leser, die die Spiele nicht kennen, werden oftmals überfordert.


    Diese Überforderung macht sich vor allem bei Feslers Beschreibung der Hintergrundgeschichten zu den Spielen bemerkbar: Im Falle von "Resident Evil 3 - Nemesis" gibt es beispielsweise keine nähere Erklärung des Begriffes "S.T.A.R.S." und auch die Funktion von "Nemesis" bleibt unbeleuchtet. Gerade bei "Nemesis" wäre es angebracht gewesen, etwas mehr auf sein Äußeres einzugehen, da es in einer zentralen Szene des Spieles zu einem Aufeinandertreffen zwischen dem Spieler und dem Monster auf einer schmalen Brücke kommt. Diese Verbindung von Gephyrophobie, der Angst vor Brücken, in Verbindung mit dem Angriff des Monsters, bleibt leider unbeachtet.


    Löblich ist, dass der Autor sehr genau auf die in den Spielen verwendeten Kameraperspektiven und deren kulturelle Wurzeln, beispielsweise im Film Noir, eingeht. Die einzelnen Räume in "Resident Evil 3 - Nemesis" unterteilt Fesler in:
    - "Die verwüstete Großstadt"
    - "Gesellschaftsräume"
    - "Wissenschaftsräume"
    - "Sakrale Räume"
    - "Unterirdische Räume"

    Einen entscheidenden Fehler macht der Autor meiner Meinung nach bei seiner Beurteilung der "Gesellschaftsräume". So bezeichnet er das Design des Polizeireviers im Spiel als "kaum realitätsnah". Das trifft zwar in einigen Bereichen zu (es gibt zum Beispiel keine Toiletten), leider verschweigt Fesler aber die ursprüngliche Funktion des Reviers als Museum, welches vom korrupten Polizeipräsidenten übernommen wurde. Betrachtet man das Revier in seiner ursprünglichen Museumsform, machen viele Designelemente durchaus Sinn. Etwas gewagt ist wohl auch die These von Fesler, dass das Spiel einige Sequenzen beinhaltet, die "sich durchaus als Metaphern für sexuelle Bedrohung" deuten lassen. Das mag man so interpretieren, jedoch widmet der Autor seiner These gerade mal eine halbe Seite, womit diese arg aufgesetzt wirkt.


    Die Hintergrundgeschichte zu "Silent Hill" erläutert der Autor sehr genau. Die Anlehnungen des Spieles an erfolgreiche Autoren wie Stephen King werden ebenso erwähnt wie eine ausführliche Betrachtung zur Raumgestaltung im Spiel. Vor allem die "leicht schrägen und damit irritierenden Perspektiven" wird wohl jeder Spieler immer wieder als einer der großen Pluspunkte von "Silent Hill" nennen. Leider fehlt auch an dieser Stelle eine Illustration oder ein Screenshot, so dass Außenstehende Personen nur beiläufig eine Vorstellung dieser grandiosen Gestaltung erhalten. Die Räume in "Silent Hill" unterteilt der Autor in:
    - "Die verlassene Kleinstadt"
    - "Gesellschaftsräume"
    - "Religiöse Räume"
    - "Kindheitsräume"
    - "Unmögliche Räume"

    Fesler definiert die Kleinstadt treffend als "Inbegriff des Alltäglichen, in dem das Unerwartete seine erschreckendste Wirkung entfalten kann" und stellt auch die alternative Realität des Spieles eindrucksvoll dar. Leider verzichtete der Autor auf eine etwas genauere Betrachtung des Soundtracks zum Spiel. Gerade der Jahrmarkt im Spiel hätte hierbei noch zahlreiche Interpretationen zugelassen.


    Insgesamt gesehen erlaubt das Buch "Archive der Angst - Räume und Raumgestaltung in den Videospielen Resident Evil 3 - Nemesis und Silent Hill" einen interessanten, aber letztendlich zu kurzen Einblick in das Thema der Raumgestaltung der vorgestellten Spiele. Die fehlenden Illustrationen sind hierbei besonders ärgerlich, hätten sie doch wunderbar zu den ansonsten guten Beschreibungen Feslers gepasst. Einige Kapitel sind zudem auch zu kurz, so dass angefangene Thesen oder Verweise auf Sekundärliteratur nur oberflächlich behandelt werden. Es mag sein, dass Fesler für diese Studienarbeit gewisse Begrenzungen bei der Seitenzahl durch die Universität zu beachten hatte, aber für die anschließende Veröffentlichung hätte man durchaus einige Kapitel erweitern können. Somit ist dieses Werk über "spielbare Museen der Angstgeschichte" in erster Linie für Leser interessant, welche die Spiele bereits kennen. Alle anderen werden am Ende vielleicht etwas enttäuscht über den geringen Umfang sein.


    6 / 10 Punkte