Kurzbeschreibung bei amazon
Augsburg 1614. Der Baumeister Elias Holl erhält den Auftrag seines Lebens - er soll ein neues, epochales Rathaus entwerfen. Der Zenit seiner Karriere, doch droht die Aufgabe sein Verhängnis zu werden: Elias muss sich nicht nur Intrigen erwehren, auch die Liebe zu Lia, einem blutjungen Mädchen, dessen Vergangenheit ein erschütterndes Geheimnis birgt, zieht ihn immer stärker in den Sog von Eros, Angst und Lüge ...
Autoreninfo (amazon)
Axel Gora, geboren 1963 in Oberschwaben, lebt und arbeitet als Budomeister und Buchautor in Augsburg. In den 80ern war er als Fremdgeschriebener Zimmerer auf der Walz und publizierte darüber seinen ersten Roman. Es folgten ein Ratgeber, ein Fachbuch und ein philosophisches Werk unter seinem vollen Namen Axel Schultz-Gora.
Persönliche Beurteilung
Der Protagonist dieses historischen Romans ist Elias Holl (1573 - 1646), ein berühmter Architekt, der bedeutende Bauwerke in Augsburg entwarf, unter anderen das Augsburger Rathaus, das auch im Hintergund auf dem Cover zu sehen ist.
In diesem ansprechend erzählten Roman kommt es zur (fiktiven) Konkurrenz Holls mit dem Freskenmaler Matthias Kager (1575 - 1634), der sich - obwohl er kein Architekt, sondern Maler ist - ebenfalls um den Auftrag für das geplante neue Rathaus bewirbt. Im Verlauf des Jahres 1614 müssen die beiden Kontrahenten immer wieder Entwürfe und Modelle bei den Stadtvätern vorstellen. In der Schöpfungsphase versuchen sie sich gegenseitig zu belauern, um die Pläne des Konkurrenten in Erfahrung zu bringen. Außerdem gilt es, sich Verbündete und Fürsprecher zu schaffen.
Beide Künstler arbeiten unter großem Zeitdruck. Sehr gut ist die Problematik beschrieben, wenn sich innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne der "Musenkuss" nicht einstellen will. Matthias Kager hat als persönliche Muse seine "welsche", aus Italien importierte Ehefrau Ibia, Elias dagegen hat an seiner Frau Rosina keine wirkliche Unterstützung, denn sie ist nach der Geburt des fünften Kindes kränklich und pflegebedürftig. Aus diesem Grund wird die junge Lia als Hausmädchen eingestellt. Sie stammt ebenfalls aus Italien, ist sehr attraktiv, gebildet und sogar an Architektur interessiert. So wird sie für Elias von einer Vertrauten zu einer Versuchung, wobei es sich allerdings ganz ausdrücklich nicht um einen "Liebesroman" im üblichen Sinne handelt.
Im Aufbau des Romans wechseln die Erzählperspektiven: in den Kapiteln über Elias tritt er selbst als Ich-Erzähler auf, in den Kapiteln über Matthias und Lia (sie kommt erst in der zweiten Hälfte des Romans vor) liegt eine Erzählung in der dritten Person vor. Durch diese Erzählperspektiven kann der Leser sich am ehesten in Elias hineinversetzen, dennoch betrachtet man ihn mit einer gewissen Objektivität, da er aufgrund seiner "Ehrlichkeit" als Mensch mit mehr oder weniger liebenswerten Eigenschaften präsentiert wird.
Elias Holl, Matthias Kager und einige andere Figuren (z.B. Marx Welser vom Stadtrat) sind historische Persönlichkeiten. Der Autor weist aber in seinem Nachwort darauf hin, dass die Quellenlage zu Elias Holl, sobald es über seine Bauwerke hinausgeht, sehr dürftig ist und dass er deshalb als Schriftsteller seiner Phantasie und Interpretation von Holls Charakter freien Lauf gelassen hat.
Neben dem Nachwort des Autors enthält das Buch auch Erklärungen veralteter Ausdrücke und Maßeinheiten sowie Verweise auf historische Persönlichkeiten und Quellenangaben für Bibelzitate. Diese Angaben erscheinen im Fließtext jeweils als Fußnoten.
Vermisst habe ich ein Personenregister mit Kurzbiographien, auch eine Bebilderung mit den im Roman angesprochenen Augsburger Bauwerken hätte ich mir gewünscht. Glücklicherweise kenne ich diese Bauten aus eigener Anschauung.
Lesern, die gern etwas anspruchsvollere Romane lesen und an Kunst/Architektur des 17.Jahrhunderts interessiert sind, gebe ich eine Leseempfehlung. Man sollte sich unter dem Titel aber keinen erotischen, bzw. Liebesroman erwarten. Das Hauptaugenmerk liegt meinem Verständnis nach auf dem Spagat der Hauptfiguren zwischen Inspiration und solidem Handwerk. 8 Punkte