Die Rückseite des Lebens – Lee Sung-U

  • Horlemann Verlag, 1996
    Gebundene Ausgabe: 212 Seiten
    Aus dem Koreanischen von


    Kurzbeschreibung:
    "Auf die Rückseite des Lebens" gelangt der junge Journalist, der erforschen soll, ob das Leben des Schriftstellers Park Bugil denn Einflüsse auf dessen Werk gehabt hat. Erste Station der Reise ist ein schäbiger Hinterhof im Dorf von Bugils Kindheit. Dort wird ein Mann gefangengehalten, der bald Selbstmord begeht. Als Jugendlicher studiert Bugil seiner großen Liebe wegen Theologie, findet aber weder im Studium noch in der Liebe Erfüllung. Der Roman ist nur vordergründig eine Biographie, er ist auch eine Auseinandersetzung mit der jüngsten koreanischen Geschichte, den alten Traditionen und Mythen im Konflikt mit der rasanten Modernisierung des Landes und den politischen Entwicklungen in Korea.


    Über den Autor:
    Lee Sung-U wurde 1959 geboren, studierte Theologie und veröffentlichte 1981 den Roman "Das Bildnis von Erysichthon", für den er mit dem Literaturpreis für junge Schriftsteller ausgezeichnet. Es folgten zahlreiche Romane und Erzählungsbände. Lee Sung-U lehrt gegenwärtig als Professor für Koreanistik in Kwangju.


    Mein Eindruck:
    Der koreanische Autor Lee Sung-U hat mit „Die Rückseite des Lebens“ einen originellen Roman geschrieben, der ein Spiel mit der Literatur und mit autobiographischen Bezügen darstellt.


    Ein Journalist erhält den Auftrag, über den Schriftsteller Park Bugil und Zusammenhang zwischen dessen Leben und Werk zu schreiben. Diese Aufgabe geht der Journalist zunächst noch ohne rechte Begeisterung an. Er trifft Bugil zwar 2 Mal, aber der reagiert zurückhaltend und unkooperativ. Daher werden sich in der Arbeit des Journalisten Lücken ergeben. Dennoch arbeitet er das literarische Werk gründlich durch.


    Der Reiz des Buches besteht darin, dass ein fiktives literarisches Werk erfunden und zum Leben erweckt wird.
    Ausführlich wird aus den verschiedenen Novellen und Romanen zitiert. Es sind Bücher im Buch und da sie meist autobiographische Elemente enthalten, wird die Lebensgeschichte Park Bugils ausführlich erzählt. Er wuchs ohne elterliche Zuwendung beim strengen Onkel auf und begann aus Neigung zu einer älteren Frau später ein Theologiestudium. Doch sowohl die Liebe als auch das Studium scheitern. Bugil zieht sich zurück und konzentriert sich nur noch aufs Schreiben. Zwischen den Textausschnitten kommentiert der Journalist auch ab und zu.


    Als Leser ist man schon durchs Nachwort gewarnt, da Lee Sung-U ankündigt, das Buch sei autobiographisch, aber darin wird auch getäuscht, vernebelt und auch nur so vor sich hingeredet.


    Die Romanstruktur legt nahe, dass sich Wahrheit und Fiktion vermischen. Daraus entsteht ein reizvolles Lesen, obwohl der Roman für mich erst in der zweiten Hälfte mehr Fahrt aufnimmt. Das liegt vielleicht auch daran, dass man als westlicher Leser sich erst eine Weile auf einen koreanischen Roman einlassen muss.


    Es ist ein inhaltlich geschlossener, dichter Text, ohne Ausschmückungen. Einflüsse von Andre Gide und Hermann Hesse werden nahe gelegt.


    Das fiktive Werk wird so gut und stark präsentiert, dass man es fast nicht fassen kann, dass es nicht wirklich existiert. Das hat mich fasziniert. Ich gebe 8 Punkte und wenn sich die Gelegenheit ergibt, würde ich wieder etwas von diesem Autor lesen, doch koreanische Bücher werden in den letzten Jahren leider nur noch sehr selten übersetzt.