'Der blinde Mörder' - Teil XI - Ende

  • Seite 561 benennt Iris ziemlich klipp und klar, was von Winifred zu halten ist. Wirkliche „Klasse“ hat sie demnach nicht, alles nur oberflächlich, vielleicht könnte man es auch als „Tünche“ - wenn auch schillernde - bezeichnen. Immerhin im Pläne machen ist sie – Winifred – groß. Arme Laura. Was hat sie entgegenzusetzen? Die Veränderungen bei ihr – Laura – gefallen mir überhaupt nicht.


    Iris bekommt also ein Baby. Warum taucht jetzt bei mir sofort die Frage nach dem „von wem“ auf? Die Bilanz, die über Seite 574 und den weiteren Seiten über Aimees Leben zieht, ist unglaublich bitter. Auch wenn Iris als Mutter spricht, wirkt es auf mich sehr distanziert. Warum? Aus Schmerz oder: Seite 592 sagt sie, sie habe „kein Herz mehr“, es sei „einfach nicht mehr da“. Die Frage ist, warum kam es ihr abhanden. Nicht auf einmal, glaube ich, es wird ein schleichender Prozess gewesen sein, angefangen in der Kindheit, spätestens, als die Mutter starb.


    Zu Mr. Griffin: Die Zeitungsnotiz Seite 601 sagt doch sehr viel über ihn aus. Dazu der Satz Seite 610, der mit „Was für eine Scheiße“ beginnt und mit „Geld machen“ aufhört. Was wäre wohl gewesen, wenn er als Politiker erfolgreich geworden wäre? Aber es gab eh zu viele von seiner Sorte, um es mal vorsichtig auszudrücken.


    Seiten 616 – 618: Keine Namen, trotzdem Iris und das Geschwisterpaar erkennbar. Aber welche Kraftanstrengung, solches Theater spielen zu müssen.


    Iris Analyse Seite 633/634: Wieder so schonungslos, auch gegen sich selber. Als hätte sie alles hinter sich gelassen. Als habe sie wirklich „kein Herz“ mehr. „Machte es mir etwas aus“ fragt sie sich. In dem Heute, als sie darüber erzählt, wohl nicht mehr. Sie hatte es mit Gegnern zu tun, die sie aus nachvollziehbaren Gründen nur unterschätzen konnte. Und diese, viel erfahrener, hatten lange Zeit, sie zu studieren, um genau zu wissen, wo sie welchen Hebel ansetzen mussten.


    Die Frage, die mich seit meinen ersten Vermutungen beschäftigte, ist auch geklärt. Ja, Winifred hat gewusst von Richards Neigungen. Was hat sie wohl alles in die Wege geleitet? An dieser Stelle: Ich bin froh, dass ein Großteil des Romans von der Ich-Erzählerin bestritten wird, manches hätte mir sonst zu unerträglich werden können.


    Seite 687 lässt mich mal wieder über meine Hauptperson des Buches nachdenken: Wer Iris war, definiert sich fast ausschließlich über andere. Vielleicht trug zum Unglück ihres Lebens bei, dass sie immer nur als Anhängsel, als „Nützling“ gesehen wurde, immer nur war sie die … „von“ … Und irgendwo kam dabei ihr Herz abhanden.
    Wieso bin ich blau“ fragt sie Laura einmal. Weil sie schlafe, antwortet ihr diese. Vielleicht konnte sie nur so das Leben leben, das zu leben ihr aufgegeben war.