Sonchai, buddhistischer Polizist in Bangkok, wird dieses Mal ganz privat in einen grausamen Mord verwickelt: Die Nutte Chanya, die bei seiner Mutter Nong in einem Nachtklub arbeitet, steht blutüberströmt und vollkommen zugedröhnt in der Bar. Ihr vermeintliches Opfer, ein amerikanischer Freier, liegt abgeschlachtet auf seinem Zimmer.
Obwohl Sonchais Chef Vikorn schnell dabei ist, den Vorgang als Notwehr zu den Akten zu legen, wird die Sache kompliziert. Dem Opfer wurde nämlich die Haut abgezogen, was die Geschichte mit der Notwehr etwas unglaubwürdig erscheinen lässt. Und spätestens als ein zweites, ähnlich zugerichtetes Opfer auftaucht, muss Sonchai die Sache überdenken.
Was dann folgt, ist ein ziemlich komplexer Thriller, in dem Burdett mal wieder einen ganz eigenen Kosmos entwirft, der selbst mich alte Knötertante mit Haut und Haaren gepackt hat.
Da ist zunächst diese Grundstimmung aus Sex und Gewalt, eigentlich gar nicht mein Ding, die quasi als Hintergrundrauschen die gesamt Geschichte begleitet. Das scheint zunächst zwangsläufig, da das Milieu, in dem das erste Verbrechen sich zugetragen hat und in dem auch Sonchai sich privat bewegt, das Rotlichtmilieu ist. Seine Mutter hat sich mit ihrem „Old Man's Club“ nach ihrer aktiven Zeit als Prostituierte eine Nische gesucht: amerikanische Männer jenseits der 60 werden besonders bevorzugt und auch fachkundig bedient.
Das alleine ist es aber nicht, dass diesen Roman so fremd und gleichzeitig faszinierend macht.
Sonchai lebt in einem System voller Brüche, in einer Gesellschaft, in der Welten aufeinanderprallen. Amerikanische Männer, die Thailand als einen einzigen großen Puff betrachten, haben zwar das Geld und damit scheinbar die Macht, sind aber am Ende doch nur bedauernswerte Gestalten. Deutlich wird das vor allem durch Sonchais direkte Anrede des Lesers, indem er ihm, dem Farang, versucht, die Dinge zu erklären. (Salonlöwin empfand das in einem anderen Thread als überheblich, mich hat das eher amüsiert, bin ich doch genau so ein dämlicher Farang, der keine Ahnung hat.)
Doch auch andere Konflikte stehen im Raum, dem zwischen Buddhisten und Muslimen etwa, oder zwischen Militär und Polizei, zwischen westlichen Moralvorstellungen und der ganz privaten Sorge ums eigene Karma.
Wie gesagt, Burdett macht daraus einen unglaublich vielschichtigen Thriller, der noch zusätzlich Spannung daraus zieht, dass hier eine sehr westliche Erzähltradition auf einen Helden trifft, der sich weit abseits der meisten westlichen Moralvorstellungen bewegt, der aber dennoch ein Sympathieträger durch und durch ist. Und Burdett schafft es sogar, den objektiv betrachtet doch sehr haarsträubenden Plot so fesselnd darzubieten, dass man ihm jedes Wort abnimmt. Großartige Unterhaltungsliteratur!