Titel: Bin ich jetzt reaktionär? Bekenntnisse eines Altlinken
Autor: Reinhard Mohr
Verlag: Gütersloher Verlagshaus
Erschienen: April 2013
Seitenzahl: 189
ISBN-10: 3579066382
ISBN-13: 978-3579066387
Preis: 17.99 EUR
Benedetto Croce (1866-1952, italienischer Philosoph) hat einmal sinngemäß gesagt: „Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Und wer mit 40 noch einer ist, hat kein Hirn.“ Und dieser Spruch könnte auch als Überschrift über diesem Buch stehen.
Reinhard Mohr beschreibt mal humorvoll, mal sarkastisch, mal ernst und manchmal auch bitterböse wie sich auch die sogenannten „Altlinken“ verändern, wie auch sie oftmals den eigenen Ansichten und Meinungen widersprechen. Wie auch sie einen manchmal schmerzhaften Lernprozess durchmachen müssen. Und irgendwann kristalisiert sich dann für ihn auch heraus, dass der Begriff „konservativ“ doch eigentlich kein Schimpfwort ist.
Mohr macht mit diesem Buch vor nichts und niemand halt. Auch vor sich selbst nicht. Er spricht das aus, was wohl sehr viele der Altlinken heute denken und fühlen. Er räumt auf mit dem unerträglichen „Multi-Kulti-Gewäsch“ der Betroffenheitsikone der deutschen Politik Claudia Roth, nimmt die genussvoll die Maßanzugsträger Trittin und Özdemir aufs Korn, sehnt sich nach den früher bekämpften Sozialdemokraten wie Brandt und Wehner zurück, sieht die Adenauerzeit nach wie vor kritisch, jetzt aber eben viel differenzierter.
Und so beschreibt dieses Buch ein Lebensgefühl vieler ehemals Linker, beschreibt Menschen die eben auch zu ihrer wachsenden Intoleranz stehen, die keine Lust mehr dazu haben pausenlos das eigene Verhalten zu reflektieren, die über die ideologischen Verbohrtheiten von Linken, Grünen und Piraten heute einfach nur noch lächeln. Sie haben sich abgewandt von ihrem damaligen revolutionären Sendungsbewusstsein.
Aber damit nicht genug. Mohr geht auch mit der heutigen Politik hart ins Gericht. So fragt er beispielsweise, wie die Politik die großen Zukunftsaufgaben meistern will, wenn sie es nicht einmal ansatzweise schafft einen Großflughafen bauen zu lassen. Er sieht auch die Deutschen kritisch, das Jammern auf hohem Niveau geht ihm schlichtweg auf den Sack. Und auch sinnfreie Emanzenphilosophie einer Alice Schwarzer wird nicht verschont. Da wird die Unterdrückung der Frau vehement und teilweise militant kritisiert, gegen das Burkatragen aber scheint man nichts zu haben.
Man findet sich in diesem Buch als ehemaliger „Altlinker“ durchaus wieder und kramt so manche verschüttete Erinnerung wieder hervor. Und irgendwie ist man dann doch froh, das man selbst nicht zum müslikauenden, militanten Mülltrenner mutiert ist.
Ein Buch das sich wunderbar eignet darüber zu diskutieren, am besten in einer nostalgischen, rotweingeschwängerten Stimmung. Ein Buch, dass vielleicht jüngere Leser mit fragendem Blick zurücklässt: „Wie bescheuert waren eigentlich meine Eltern?“
Reinhard Mohr wurde 1955 geboren, studierte Soziologie und war von 1979 bis 1982 ASTA-Vorsitzender der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität. Er war Redakteur der Sponti-Zeitschrift PFLASTERSTRAND und schrieb auch für die FAZ, den SPIEGEL, den STERN und die taz.
8 Eulenpunkte für eine Reise ins Vergangene mit der Ankunft im Gegenwärtigen.