Kino der Irritation - Charles Martig

  • Lars von Triers theologische und ästhetische Herausforderung


    Schüren-Verlag, 2008


    Kurzbeschreibung:
    Lars von Triers Kino der Irritation wird in einer Analyse der ästethischen Verfahren dargestellt. Dabei geht der Autor vom Neoformalismus aus, der von David Bordwell und Kristin Thompson entwickelt wurde. Eine Darstellung von modernen Ansätzen der Bildtheologie zeigt, dass die Auseinandersetzung mit der Ästhetik in der Theologie wieder einen neuen Stellenwert bekommt. Die Erkenntnisse aus Ästhetik und Bildtheologie werden in den theologischen Reflexionen fruchtbar.


    Über den Autor:
    Charles Martig ist Publizist und Filmbeauftragter der Katholischen Kirche Schweiz sowie Geschäftsführer des Katholischen Mediendienstes in Zürich.


    Mein Eindruck:
    Nachdem ich vor kurzen Melancholie von dem dänischen Regisseur Lars von Trier gesehen habe, bin ich wieder verstärkt an seinen Filmen interessiert, da diese aufgrund ihrer eigenständigen Filmsprache aus dem Rahmen fallen und andere Sehweisen erfordern.


    Als damals Breaking the Waves lief, wurde er einem größeren Publikum bekannt. Auch ich habe damit den ersten Trier-Film gesehen und der blieb unvergessen, weil er aus dem filmischen Einheitsbrei herausragte.


    Bei diesem Buch handelt es sich um eine Dissertation und lässt sich daher auch entsprechend komplex lesen. Also gibt es viel filmwissenschaftliche Details und Theorien.


    Mich interessiert der Ansatz das filmische Werk von Lars von Trier auf theologische Bezüge zu untersuchen, obwohl ich selbstverständlich eine Beschränkung auf diesen Teilbereich für mich ablehne.
    Als Interpretation ist einiges aber nicht von der Hand zu weisen, wie z.B. die Themen der Barmherzigkeit, des Opfergangs wie der Strafe und die Deutung von Lars von Triers Hauptfiguren als jeweils weiblicher Jesus Christus, die ihre eigene Passionsgeschichte beschreiten. Somit sind sie obwohl sie viel leiden müssen, keine Opfer im herkömmlichen Sinne.


    Das macht der Autor besonders deutlich an Bess (Emily Watson) aus Breaking the waves, die sich für ihren Mann opfert, er wieder gesund wird oder auch Björk in Dancers in the Dark. Beide sterben für die, die sie lieben, obwohl sie unschuldig sind. Grace aus Dogville (gespielt von Nicole Kidman) hingegen wird zum Schluß zum Racheengel. Bei ihr wird die Welt als nicht würdig verurteilt.


    Ein Kapitel beschäftigt sich mit Dogma 95-Manifest, das mit “Idioten” begann. Lars von Triers Erfindung des Dogma, dem sich einige Filmemacher anschlossen, sorgte für einige Jahre für Aufsehen und offensichtlicher Befreiung der Filme von überflüssigen Beiwerk. Das Fest (von Thomas Vinterberg) oder Mifune sind erfolgreiche Ergebnisse dieses Konzepts.
    Das hinderte den Regisseur nicht daran einige Zeit später seine eigenen Regeln zu durchbrechen.


    Mit Geister drehte von Trier eine TV-Serie, die Charles Martig der Transdezendenz zuordnet.


    Lars von Triers thematische Kontinuität und seine Auseinandersetzung mit moralischen Fragestellungen wird verdeutlicht. Dem Text ist dann gut zu folgen, wenn man die Filme kennt. Das führt natürlich auch zu der Begrenzung, dass dem Nichtkenner das Werk nicht gerade näher gebracht wird. Es ist also mehr ein Buch für Filmkenner und an Leser wie Zuschauer, die sich für verschiedene Interpretationsansätze interessieren. Ich fand das Buch lesenswert.


    ASIN/ISBN: 389472532X