Operation Fledermaus - Sebastian Benedict

  • Inhalt
    Wien, Herbst 1932. Der Dow Jones steht bei 48 Punkten, Hunderttausende sind arbeitslos.
    Als Lehrlinge und Schüler verschwinden, übt sich die Polizei in Beschwichtigungen. Selbst als einige der Jugendlichen tot aufgefunden werden, wird nicht ermittelt. Ein Vater will das nicht hinnehmen. Er beauftragt Ferdinand Nowak, einen "Kaffeehaus-Detektiv" ohne Büro und Konzession, den Tod seines Sohnes aufzuklären.
    Die Spur des Verbrechens führt Nowak in Cafés und Wirtshäuser der Halbwelt rund um den Naschmarkt, in elende Arbeiterquartiere und bürgerliche Vorstadtvillen, ins Polizeipräsidium, auf den Landsitz eines verrufenen Großindustriellen und in die Glitzerwelt der Operette. Die jungen Männer lockte offenbar das schnelle Geld für ihre körperlichen Reize, was ihnen zum Verhängnis wurde.



    Der Autor
    Sebastian Benedict, geboren 1944 in Wien. Ab 1962 verschiedene abgebrochene Studien. Jeweils einjährige Aufenthalte in New York und Berlin. Veröffentlichung erster Erzählungen in der Hamburger Welt und der Wiener Presse. Von 1975 bis 1995 Kulturredakteur bei einer österreichischen Wochenzeitung. Seither freier Schriftsteller. Vater zweier erwachsener Söhne, lebt mit seinem Partner in Wien Margareten. "Operation Fledermaus" ist sein erster Kriminalroman in der Reihe quer criminal.



    Rezension
    Weil die Polizei den Tod seines Sohnes als Selbstmord zu den Akten gelegt hat, beauftragt Charles Kuhlmann nun einen Detektiv, der ihm empfohlen wurde, da er überzeugt ist, dass sein Sohn ermordet wurde.


    Dieser "Kaffeehaus-Detektiv", Ferdinand Nowak, ohne Büro und Konzession, sowie Max, sein väterlicher Freund und Vermieter, und auch einige andere Figuren in der Geschichte sind der "Unzucht wider die Natur" zugetan, daher ist "unser Ferdinand, hochgewachsen und fesch", prädestiniert in der "Szene" zu ermitteln.


    Der Wirkliche Hofrat Emil Wenzel Bubetz hat derweil den Auftrag die "Fledermaus" zu enttarnen (nicht benannt nach dem nachtaktiven Geschöpf, sondern der Operette), zum Jahresende geht er in Pension, daher möchte er seine Karriere bei der Wiener Polizei mit einem Erfolg abschließen. So eine Fledermaus heißt woanders vielleicht Maulwurf und muss ein Insider der Polizei sein, der der Unterwelt Hinweise auf geplante Untersuchungen und Razzien gibt, "so dass die Polizei dann immer ganz dumm dagestanden ist". Bubetz passt es gar nicht, dass Ferdinand durch seine Ermittlungen den kriminellen Bodensatz aufwirbelt.


    Ob es auch unwirkliche Hofräte gibt, habe ich im Buch leider nicht erfahren, aber "Operation Fledermaus" habe ich mit sehr viel Vergnügen gelesen. Die Sprache ist altmodisch, der Zeit angepasst, das Buch hätte 1932 geschrieben sein können, daher benötigt man ein bisschen Zeit, es lässt sich nicht "mal eben so weg lesen".


    Die Figuren bilden ein Ensemble aus unterschiedlichen Charakteren, ohne ganz herausstechende Hauptfigur. "Operation Fledermaus" ist auch eher atmosphärisch als handlungsorientiert, die Handlung würde ich nicht unbedingt als komplex bezeichnen, eher schon fluffig-witzig. Die Erzählung besteht geschätzt zur Hälfte aus Beschreibungen von Personen, Hintergründen, Lokalitäten und Atmosphäre, dies muss dem Leser wohl liegen. Da "Operation Fledermaus" aber fast durchgehend süffisant, ironisch, sarkastisch bis zynisch erzählt wird, habe ich viele Sätze und Abschnitte noch ein zweites oder auch drittes Mal gelesen, um diese und auch den innewohnenden Humor noch einmal zu genießen.


    Der Autor ist gebürtiger Wiener und hat für mich mit "Operation Fledermaus" auch eine schöne Werbung für eine zukünftige Reise nach Wien gemacht.


    Aus einigen Bemerkungen im Buch sieht man schon die schwarzen Wolken der Geschichte am Horizont erscheinen, vielleicht sind dies ja Hinweise auf eine Fortsetzung, ich würde mich freuen. "Operation Fledermaus" erhält von mir Achteinhalb Punkte.


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  • Tolle Rezi. Herzlichen Dank dafür. Ein Buch das man wohl am besten nicht aus dem Auge verliert. Aber in Anbetracht der noch bei mir herumlungernden ungelesenen Bücher, wird es wohl mindestens noch eine Dekade dauern, bevor ich dieses Buch lesen kann. Aber wer weiß......man hat auch schon Pferde vor der Apotheke...... :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.