Gevierteilt - E.M. Cioran

  • Suhrkamp
    Gebundene Ausgabe: 167 Seiten


    Aus dem Französischen von Bernd Mattheus


    Kurzbeschreibung:
    Gevierteilt nennt der Kulturphilosoph, der Kulturpessimist Cioran sein Buch, eine Kombination von geschliffenen Aphorismen und vier einleitenden Aufsätzen, ihrem theoretischen Unterbau. Der Titel bezieht sich auf die existentielle Situation der Menschheit, die geistige des über sie Meditierenden und soll über deren Fatalität keinen Zweifel lassen.


    Über den Autor:
    E. M. Cioran wurde 1911 in Rasinari bei Hermannstadt in Siebenbürgen als Sohn eines griechisch-orthodoxen Priesters geboren. 1928 bis 1931 Studium der Philosophie an der Universität Bukarest. Bis 1939 erschienen fünf Bücher in rumänischer Sprache. 1937 kam Cioran als Stipendiat nach Paris, wo er als freier Schriftsteller lebte. Er starb am 20.6.1995 in Paris.


    Mein Eindruck:
    Dieses Buch beinhaltet mehrere innerlich zusammenhängende Essays:
    -Die zwei Wahrheiten
    -Der Memoiren-Freund
    -Nach der Geschichte
    -Dringlichkeit des Schlimmsten


    Cioran setzt diesmal einen geschichtlichen Ansatz ein, um seine zutiefst nihilistischen Thesen zu verdeutlichen. Vorwiegend ist es die europäische, im speziellen die französische Geschichte, aber auch Mythen und Buddhismus zieht er heran.
    Ciorans Bezüge fand ich spannend, z.B. La Rochefoucauld, der französische Moralist, Abbe Galiani und die Aufklärerin Mme. du Deffand, die Cioran auch zitiert.
    Gerade wegen solchen Entdeckungen lohnt die Lektüre dieses Buches.


    Cioran war es offensichtlich wichtig, aufzuzeigen woher die Mängel dieser Welt und der Menschheit kommen.
    Eindrücklich spricht er vom Verfall, vom Untergang, mit der Menschheit geht es bergab, ein riesiges Fiasko, Zerfall und Katastrophe.


    Für Cioran ist das Tragische das Los der Geschichte, keineswegs des Einzelwesens.
    Er sagt: „Wir haben nur die Wahl zwischen unerträglichen Wahrheiten und ersprießlichen Schwindeleien.“
    Cioran bevorzugt die Wahrheiten, da möchte ich ihm folgen, bei aller Kunst der Verdrängung, die auch so nahe liegt.


    Obwohl dieses Buch in den vier Essays in Fließtext verfasst ist, lassen sich manche Aphorismen darin entdecken. Meist zu komplex, um sie hier so ohne weiteres zitieren zu können. Im langen, vorzüglichen Abschnitt „Ansätze zum Taumel“ werden es dann reine Aphorismen, die Ciorans ganz große Stärke sind, denn es fehlt nicht an beißender Ironie. Sie sind gespickt mit Anspielungen auf Philosophie und Literatur. Zum Beispiel Pascal, Meister Eckehart, Léon Bloy, Diderot, Sokrates u.v.a. Genauso gibt es bei ihm aber auch Begegnungen mit verwirrten jungen Genies, verkalkten Psychologen oder weise Bäuerinnen und Putzfrauen kommen zu Wort. Das ist etwas, was ich wirklich an Cioran bewundere!


    Obwohl Cioran in seiner Weltabscheu und in seinem Kulturpessimismus maßlos war, vermisse ich in der heutigen Zeit solche radikalen Denker. Oder habe ich jemand übersehen? Ich befürchte nicht!


    ASIN/ISBN: 3518383388