Wahn
Christof Kessler
Eichborn Verlag
ISBN: 978-3-847905516
206 Seiten, 16,99 Euro
Über den Autor: Christof Kessler Jahrgang 1950, ist Spezialist für Hirnerkrankungen. Sein beruflicher Weg führte ihn nach Gießen, Berlin, Heidelberg, Köln und Lübeck. Seit 1992 ist er Professor für Neurologie und seit 1994 Direktor der Klinik für Neurologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität in Greifswald. Sein Interesse gilt einer praktisch ausgerichteten, patientenorientierten Neurologie. Er organisierte Veranstaltungen zum Thema Neurologie und Literatur und war wissenschaftlicher Berater bei der szenischen Umsetzung von Oliver Sack´s „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte“.
Klappentext: Er fühlt sich bedroht von der internationalen Mafia, denn er weiß zu viel über sie. Einer ihrer Anwälte hockt abends auf seinem Schrank. Manchmal ist ihm klar, dass das alles Einbildung ist. Aber es bedarf nur eines dummen Zufalls - und er bricht auf zum furiosen, völlig vergeblichen Rachefeldzug, der ihn in den Wahn treibt.
Flirten ist ein tolles Spiel - wenn sich jeder an die Regeln hält. Was aber, wenn sie an der seltenen Krankheit leidet, Gesichter nicht wiedererkennen zu können. Und er die vermeintliche Zurückweisung nicht erträgt, als sie ihn später nicht erkennt? Und sich das nicht gefallen lassen will?
Meine Meinung: Cover und Titel des Buches scheinen an Leser gerichtet zu sein, die aus Sensationslust zu diesem Buch greifen dürften, so reißerisch ist die Aufmachung, doch es handelt sich um eine sachliche und teilweise interessante Sammlung von Berichten über reale und fiktive Krankheitsfälle aus dem neurologischen Formenkreis. Man sollte sich also nicht täuschen lassen, wenn man zu diesem Titel greift.
Professor Kessler stellt in diesem Buch viele kurze Fallbeispiele von unterschiedlichen neurologischen Patienten vor. Allen gemein ist, dass nur ganz wenige unter ihnen unter einer tatsächlichen Wahnerkrankung leiden - Professor Kessler ist Neurologe und kein Psychiater (und kein Romanautor, wie man immer wieder merkt). Viele Patienten seiner 12 Geschichten haben eine Erkrankung des Gehirns und weisen unterschiedliche Symptome auf. Es geht um Gesichtsblindheit, die Folgen eines Schlaganfalls, plötzliche Persönlichkeitsveränderungen durch einen Hirntumor und einige andere Krankengeschichten.
Jede Geschichte für sich ist interessant, doch man merkt, dass dem Autor mehr an der Vorstellung der Fälle als an abgeschlossenen Geschichten liegt und so enthält er einem oftmals das Ende vor. Gerade bei den wirklich spannenden Fällen würde man natürlich gerne wissen, wie es mit dem Patienten nun weiter geht, doch häufig enden die Geschichten ziemlich abrupt. Die Fälle sind teilweise ausgedacht, teilweise handelt es sich aber auch um reale Patienten, deren Biografie er verändert hat.
Man kann das Buch nicht so richtig einordnen. Für ein Fachbuch ist es zu sehr im Plauderton geschrieben und zu sehr an medizinische Laien gerichtet, für ein Buch im Belletristik-Bereich nicht ausgewogen, nicht rund genug.
Höfliche 5 Sternchen dafür.