Ein Samstag unter Freunden - Andrea Camilleri

  • Verlag: Kindler, 2013
    192 Seiten


    Originaltitel: Un sabato, Con gli amici
    Übersetzt von Moshe Kahn


    Kurzbeschreibung:
    Rena schaut sich gerne das Märchenbuch an, das sie von ihrer Mutter geschenkt bekommen hat. Ihre Schwester Tilde hat auch ein solches Buch, sie ist drei Jahre älter und kann die Geschichten schon lesen. Nur dass Tilde keine Lust hat zu lesen. Tilde spielt Rena lieber Streiche, die ihr Angst machen und sie zum Weinen bringen. Tilde ist böse. Ein ganz normales Schwesternpaar, könnte man denken. Aber der Schein trügt. Tilde stirbt bei einem Unfall. Ob es wirklich ein Unfall war und was Rena damit zu tun hat, bleibt lange Zeit im Dunkeln. Auch die anderen Figuren dieses Romans haben einen dunklen Punkt in der Vergangenheit. Mit großer Mühe ist es ihnen gelungen, die Erinnerung daran zu unterdrücken, alltagstauglich zu sein, zu funktionieren. Aber dann treffen sich die Freunde von damals unverhofft wieder. Und die Bilder von früher drängen mit aller Macht an die Oberfläche …


    Über den Autor:
    Andrea Camilleri, geboren 1925 in Porto Empedocle (Sizilien) ist Drehbuchautor, Theater- und Filmregisseur und Schriftsteller. Seine erfolgreichste Romanfigur ist der sizilianische Commissario Montalbano, den er nach dem spanischen Schriftsteller Manuel Vázquez Montalbán benannte. Auflagen seiner Romane von zwölf Millionen allein in Italien, Verfilmungen und Übersetzungen in über 20 Sprachen machten Camilleri international bekannt. Über vier Millionen seiner Bücher wurden in deutscher Übersetzung verkauft. Andrea Camilleri lebt in Rom.


    Über den Übersetze:
    Moshe Kahn, Übersetzer von Literatur aus dem Italienischen und anderen Sprachen (u.a. Pasolini, Malerba, Oriana Fallaci),


    Mein Eindruck:
    Andrea Camilleri ist ein extremer Vielschreiber, der neben seiner Montalbano-Reihe auch immer wieder sozialkritische, zeitgenössische Romane und historische Romane veröffentlicht. Er schreibt so viel, weil er es kann und weil seine Romane seit Jahren ungebrochen gefragt sind.


    Dennoch frage ich mich, ob er seine Stoffe durch die kurze, leichte Form manchmal schwächt. Ich würde mir auch Figuren mit mehr Tiefe wünschen. Würde er mal ein Buch weniger schreiben und dafür eins mit gründlichem Figurenentwurf entsprechend ausbauen, bliebe auch mal ein Meisterwerk. So sind die meisten Bücher von ihm nur gut oder ordentlich, aber doch begrenzt.


    Das gilt irgendwie auch für “Ein Samstag unter Freunden“, obwohl die Handlung eigentlich komplex und mit vielen Figuren angelegt ist. Natürlich schreibt Camilleri auch diesen Roman sorgfältig, doch der Leser ist gefordert.
    Themen wie die Zerbrechlichkeit der Familie, Erpressung und perverse Gelüste sind kein einfacher Stoff.
    Es gibt einen Freundeskreis, die seit ihrer Kindheit miteinander verbunden sind: Rena, Matteo, Gianni, Andrea, Anna, Giulla
    Es ist nicht einfach, die Handlungsfäden aus der Kindheit und Jugend der Protagonisten mit dem Erwachsenenleben zu verbinden. Die unsympathischen Figuren bleiben dem Leser zunächst fremd. Warum sie sich teilweise bizarr verhalten, ist das Geheimnis des Buches, das in der Vergangenheit begründet liegt.


    Die Kühle des Textes ist Programm! Am Schluß schafft Andrea Camelleri es doch noch, die erhoffte Spannung zu erzeugen. Das Finale ist brutal, aber packend.


    Fazit: Ein kurzer, unbequemer Roman über die Traumata der Kindheit, mit großer Intensität geschrieben.