Lesley Downer - Die Tochter des Samurai

  • Klappentext:
    Japan 1873: Der Bürgerkrieg ist zu Ende, der Shogun entmachtet, die jahrhundertealte Ordnung wurde hinweggefegt. Die 13jährige Taka, Tochter eines berühmten Generals und seiner Geisha, fühlt sich sehr zu dem jungen Nobu hingezogen, der als Knecht in ihr Haus kommt. Sie ahnt seine edle Abstammung, und bald wird klar, dass die Familien der beiden Liebenden durch den Krieg zutiefst miteinander verfeindet sind. Taka erkennt, dass sie eine schreckliche Entscheidung treffen muss – für ihre Familie oder für den Mann, den sie liebt.



    Rezension:
    Im November 1873 lebt die 13-jährige Taka Kitaoka bereits seit fünf zusammen mit ihrer Mutter Fujino, ihrer zwei Jahre ältern Schwester Haru und ihrem älteren Bruder Eijiro in Tokio. Ursprünglich kommen sie aus einem Geisha-Viertel aus Kyoto, denn Fujino ist nicht die Ehefrau des berühmten General Kitaoka, sondern seine Geisha und somit tragen ihre gemeinsamen Kinder zwar seinen Namen, sind aber nicht anerkannt. Vor fünf Jahren sah Takas Lebensweg noch ganz einfach aus. Sie sollte eine Ausbildung zur Geisha beginnen, wie ihre Mutter, doch durch den Umzug nach Tokio ist alles anders. Nunmehr gilt es, ihre Erziehung zu einer modernen Frau zu absolvieren. Leider gehört zu Takas Leidwesen zu dieser Erziehung auch das tragen von westlichen Kleidern und der Verzehr von westlichen Speisen und mit Fleisch kann sie sich einfach nicht anfreunden. Bei einem Restaurantbesuch mit ihrer Mutter werden sie von einem Ronin, einem Samurai ohne Dienstherren, überfallen. Der 16-jährige Straßenjunge Nobuyuki Yoshida kommt den Frauen zu Hilfe und erhält als Dank eine Anstellung im Haushalt der Familie Kitaoka.


    Was weder Taka noch ihre Familie wissen, Nobu gehört zum Clan der Aizu, die durch General Kitaoka entmachtet wurden und nunmehr ihr Dasein als Dienstboten fristen müssen. Nobus eigentlich geplanter Lebensweg war der eines Samurai. Nur die Freundlichkeit Takas, die dem Jungen von Anfang an zur Seite steht, hält ihn im Dienst der Familie. Eijiro jedoch ahnt, welchen Clan der Junge angehört und macht ihm vom ersten Tag an das Leben zur Hölle. Der Clan der Satsuma, dem Taka und ihre Familie angehören, ist seit einem Putsch ihres Vaters an der Macht, ein Aizu ist nichts mehr wert. Im Laufe der Zeit freunden sich Taka und Nubo an und sie hilft ihm sogar, sein Lesen und Schreiben zu verbessern, denn ihr Vater unterstützt sie voll und ganz in ihrem Bestreben nach Bildung und lässt sie eine Schule besuchen, in der sie mehr als nur Nähen lernt. Doch durch eine Intrige Eijiros, dem Nubo von Beginn an ein Dorn im Auge war, muss dieser mit Schimpf und Schande Taka und ihre Familie verlassen. Er blickt einer düsteren Zukunft entgegen, denn wer würde ihm, einem Aizu, schon Arbeit geben?


    1876, drei Jahre später, kreuzen sich erneut die Wege von Taka und Nubo. Taka ist mittlerweile 16 Jahre alt und ihre Mutter hat es sich in den Kopf gesetzt, sie baldmöglichst zu verheiraten. Taka ist alles andere als angetan von der Idee, zumal es immer noch Nubo gibt, den sie zwar seit Jahren nicht mehr gesehen hat, der aber nie aus ihrem Herzen verschwunden ist. Nubo ist derweil als Kadett auf der Heeresoffiziersschule angenommen worden und absolviert dort seine Ausbildung. Die beiden begegnen sich und wissen: Sie sind einander mehr als nur Bekannte oder Freunde, aber eine Beziehung wird niemals möglich sein, da sie verfeindeten Clans angehören und die Ehre des Clans über allem steht. Was beide jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Die Satsuma-Rebellion steht unmittelbar bevor und wird ihrer aller Leben für immer verändern ...


    Eine Liebe gegen alle Widerstände ihrer Zeit! Der Plot wurde hauptsächlich aus der Sicht der Protagonisten in der dritten Person erarbeitet, jedoch auch über das Leben und Handeln der Nebencharaktere. Beeindruckend empfand ich es auch, wie die Autorin es geschafft hat, historische Tatsachen und Fiktion zu einer wundervollen Symbiose verschmelzen zu lassen. Die Figuren wurden facettenreich und tiefgründig erarbeitet, wobei mir hier ganz besonders die Figur der Taka gefallen hat, die einfach ihren eigenen Weg gehen möchte und dabei doch immer wieder gegen die Traditionen ankämpfen muss. Besonders gut fand ich ihre innere Zerrissenheit dargestellt, ihre Träume zu erfüllen oder sich ihrer Familie und der Gesellschaft zu beugen. Auch Nubo empfand ich als ausgesprochen faszinierend, denn dieser junge Mann, der weiß, dass das Leben nie wieder so ein wird, wie in seiner Jugend, ist nicht gewillt, sich einfach in sein Schicksal zu ergeben. Den Schreibstil empfand ausgesprochen gefühlsintensiv und geradezu fesselnd. Nachhaltig beeindruckt hat mich auch die bildhafte Darstellung der damaligen Zeit, der Orte und der gesellschaftlichen Strukturen. Abschließend kann ich sagen, dass dieses Buch für mich das reinste Kopfkino war, das mich in das 19. Jahrhundert Japans entführt hat.