Angel Wagenstein - Leb wohl, Shanghai

  • Titel im bulgarischen Original: mit meiner Tastatur nicht wiedergebbar


    Kurzbeschreibung:


    Ein bewegender und mitreißender Roman über das Schicksal jüdischer Musiker


    Kurz vor Ausbruch des 2. Weltkriegs können sich das Musikerehepaar Elisabeth und Theodor Weisberg und die junge Schauspielerin Hilde Braun aus Deutschland nach Shanghai retten. Zu jener Zeit ist diese Stadt ein Ort der Extreme: Märchenhafter Reichtum existiert neben bitterstem Elend, schreckliches Leid neben ausgelassenem Vergnügen. Die jüdischen Flüchtlinge müssen entweder hungern oder sich mit einem improvisierten Leben jenseits von Glanz und Ruhm arrangieren. Untergebracht in einem Massenschlafsaal verliert Elisabeth Weisberg fast den Verstand. Hilde Braun hingegen wird, weil sie "arisch" aussieht, Sekretärin bei der deutschen Botschaft. Als sie geheime Informationen aus Berlin an den Widerstand weiterleitet, begibt sie sich in Lebensgefahr …


    Mit großer Erzählkraft entspinnt Wagenstein eine Fabel von Leben und Tod, Liebe, Mut und Menschlichkeit in finsteren Zeiten.


    Meine Meinung:


    Interpretiere ich das Nachwort des Autors richtig, dann handelt es sich bei den meisten Figuren und Geschehnissen um authentische Zeitzeugnisse; für manche literarische Figur wurden auch mehrere reale Vorbilder quasi miteinander verschmolzen.


    Die Kurzbeschreibung ist ein wenig trügerisch, weckt sie doch den Eindruck, das Ehepaar Weisberg stünde im Fokus der Handlung, was nur zum Teil richtig ist. Da gibt es auch noch die deutsche Jüdin Hilde Braun, die großen Raum einnimmt, mitsamt ihrem undurchsichtigen Freund, der für die Feinde der Deutschen spioniert, den japanischen Arzt Dr. Okura und so manche mehr.


    Die Geschichte beginnt noch vor Ausbruch des Krieges in Deutschland, als sich die Lage der Juden spätestens nach der Reichskristallnacht immer mehr zuspitzt. Es wird der Weg skizziert, wie das Ehepaar Weisberg sowie Hilde Braun nach Shanghai gekommen sind und wie sie sich einzuleben versuchen. In Shanghai angekommen, verändert sich der Fokus, dieser wird breiter und schweift immer wieder ab, weg von den Hauptfiguren hin zur allgemeinen Lage.


    Angel Wagenstein vermag sehr schön zu formulieren, die Dialoge sind glaubwürdig und die Atmosphäre dem Thema angepaßt. Er schont seine Figuren wahrlich nicht und bleibt so der Wahrheit und Wirklichkeit verhaftet, was mehr als an einer Stelle anrührend und beklemmend auf den Leser einwirkt.


    Ich habe „Leb wohl, Shanghai“ gerne gelesen, auch wenn für meinen Geschmack der gesamte Seitenstrang mit den Funkern entbehrlich war und ich mir dafür ein näheres Eingehen auf das Ehepaar Weisberg und Hilde Müller gewünscht hätte.