Andi Schweiger, "Vegetarisch mit Leidenschaft"

  • Eher Kunstwerk statt Kochbuch





    Tja, was erwartet man, wenn ein extrovertierter Sternekoch ein vegetarisches Kochbuch schreibt? Sicher keine Allerweltsmenüs für den Otto-Normal-Verbraucher, der im Supermarkt einkauft. Von daher habe ich mich doch zu 4 Sternen durchgerungen, auch wenn die Alltagstauglichkeit dieses Buches eher beschränkt ist. Für mich ist es eben eher ein Kunstwerk als ein Werkzeug, das man tatsächlich gebrauchen könnte.


    Das fängt schon mit dem Format an. Ein wirkliches Gebrauchs-Kochbuch hat für mich handlich zu sein, es muss offen auf dem Tisch liegenbleiben können, und muss pflegeleicht sein. Dieses Buch ist eher groß und schwer, eher wie ein Kunst-Bildband aufgemacht. Hochwertig ja, aber sicher weniger gegen alltäglichen Gebrauch und Soßenflecken gefeit. Ich müsste mir erstmal überlegen, wie ich es aufstelle und abstütze, damit ich wirklich danach kochen könnte...!


    Für den Titel "Kunstwerk" spricht auch eher die Gestaltung und das Layout mit den Fotografien. Die Logik hinter der Bebilderung hat sich mir nicht immer erschlossen. Schön sind die Fotos ja alle. Aber nicht alle (teils doppelseitigen!) Bilder passen zu Rezepten. Sie sind einfach nur "da", nur "schön". Dann wieder fehlen zu genau den Rezepten, die mich am meisten interessiert hätten, die Bilder. Und: ich brauche in einem Gebrauchs-Kochbuch eigentlich kein Bild von einem Teller, der spartanisch wie in der "Nouvelle Cuisine" aussieht. Eine minimale Soßenspur, und Gemüse, das darauf eher "arrangiert" aussieht als zum wirklichen Essen gedacht. Aber, wie gesagt, man muss halt wissen, als was man das Buch betrachten will.


    Als Selbstzeugnis eines begeisterten Kochs ist es wirklich toll. Auf jeder Seite schimmert durch, dass Andi Schweiger für seinen Beruf lebt, und mit Leidenschaft nach neuen Ideen sucht. Es hat ja niemand behauptet, dass wir alle Sterneköche seien, und das genauso könnten...!


    Der Sinn des Untertitels ist für mich auch nur so erklärbar: aus eigenem Garten. Im Laden hätte ich angesichts dieses Titels gedacht, es handelt sich um Gemüse, das jeder selber ziehen kann oder griffbereit hat. Aber mitnichten. Es soll wohl bedeuten, dass eben seine Schwiegereltern begeisterte und auch erfahrene Gärtner sind, die so einiges ausprobieren. Nur so erkläre ich mir, wie Herr Schweiger an manche Zutaten für seine Rezepte kommt. Von manchen habe ich entweder nie gehört, oder sie noch nie zum Kauf irgendwo gesehen.


    Und erst die versteckten Kosten... Das sind ja nicht nur die Zutaten. Freundlicherweise erklärt Andi Schweiger manche Käsesorten und extravaganten Gemüse. Dahinter schwingt aber mit, dass man diese entweder nur im Feinkostladen oder Reformhaus bekommt. Oder sonstwo! Und erst die Weine und Liköre, die er manchmal benutzt! Hinzu kommt die Tatsache, dass er anscheinend Küchengeräte besitzt, die den meisten von uns fehlen. Eismaschine, Gemüse-Spirelli, Entkerner, Entsafter, Käsehobel... all das habe ich zum Beispiel nicht.


    Dies alles soll mitnichten wie ein Verriss klingen. Vieles war auch sehr gut! Die Informationen zu den jahreszeitlichen Gemüsen beispielsweise. Wie man welches Gemüse besonders zur Geltung bringt. Und die Hintergründe zu Andi Schweigers Biographie. Das alles habe ich schon sehr genossen, und war auch von mancher Geschmackskomposition sehr angetan. Nur mit dem Nachkochen wird es sicher eher schwierig. Schon allein wegen des oft immensen Zeitaufwandes. Erbsen schälen! Rosenkohl einzeln blättern...! Insgesamt halte ich das Buch für ein Luxusprodukt, das man sicher einem erfahrenen Hobbykoch schenken kann. Für die eigene Küche eher weniger geeignet.