Der Fall von Madrid - Rafael Chirbes

  • OT: La Caida de Madrid


    Kurzbeschreibung:
    Es ist ein besonderer Tag. Der Tag, an dem Franco stirbt. An dem José Ricart 75 Jahre alt wird. An dem seine Schwiegertochter Olga für ihn ein Fest vorbereitet. An dem die Geheimpolizei einen alten kommunistischen Arbeiter erschießt. Der Tag, an dem die Menschen Franco zurufen: Adieu von Herzen!
    Rafael Chirbes erzählt einen einzigen Tag aus dem Leben der Familie Ricart und entwirft ein grandioses Familienepos, in dem sich der Aufbruch Spaniens in eine neue Zeit spiegelt.


    Über den Autor:
    Rafael Chirbes wurde 1949 in Tabernas de Valldigna in Südspanien geboren. Er verließ früh den Ort seiner Kindheit und lebte u.a. in Salamanca, Madrid und Barcelona, später einige Zeit in Paris und Marokko. Er studierte Neuere Geschichte und interessierte sich für Film, Malerei und Architektur. Er arbeitete zunächst als Literatur- und Filmkritiker für verschiedene Zeitschriften. Wenn Chirbes nicht auf Reisen unterwegs ist, lebt er in einem Dorf zwischen Valencia und Alicante.


    Meine Meinung:
    Es ist sicher nicht leicht, die Stimmung eines ganzen Landes in einer bestimmten Epoche, ja zum Zeitpunkt eines einzelnen historischen Ereignisses gut einzufangen und authentisch abzubilden. Rafael Chirbes ist es in "Der Fall von Madrid" gelungen; er "begleitet" hierfür verschiedene Personen und lässt sie aus ihrer jeweiligen Perspektive diesen einen Tag, den Tod Francos, erleben. Neben dem Möbelfabrikanten und Patriarchen José Ricart kommt auch seine Ehefrau Amelia, sein Sohn Tomás und seine Schwiegertochter Olga sowie seine beiden Enkel Josemari und Quini zu Wort. Doch dabei bleibt es nicht, vielmehr lässt Chirbes seinen Blick auch außerhalb der Familie quer über alle Gesellschaftsschichten schweifen: Er nimmt an dem gleichen Tag an den Erlebnissen und Gedanken eines mit dem Hausherrn befreundeten hochrangigen Polizisten, einer Künstlerin mit ihrem Ehemann, einem Universitätsprofessor, des Hausmädchens und dessen Freund, einem revolutionären Arbeiter teil. Stück für Stück ergibt sich so ein Mosaik, ja ein Gefühl für die damalige Zeit, das durch seine Vielschichtigkeit fasziniert.
    Chirbes' Schreibstil ist sicher nicht jedermanns Geschmack: Er liebt die langen Sätze, die sorgsam jedes Detail beschreiben und mehr als einmal über mehrere Zeilen hinweg fast schon mit zwanghafter Vollständigkeit alles auflisten, was wer wie wann gedacht, empfunden oder gesagt hat. Auch wenn dieser Stil manchmal etwas verschwurbelt wirkt und dem Leser eine gute Portion Aufmerksamkeit abverlangt, passt er doch zum Inhalt und unterstreicht die Vielfalt der Figuren und ihrer Gedankenwelt ebenso wie die unzähligen Details, die einen einzigen Tag im Leben dieser Menschen eben ausmachen.


    Gute 8 Punkte von mir dafür!

  • Sehr schöne Buchvorstellung. Dafür herzlichen Dank.
    Und so wie das Buch hier beschrieben und beurteilt wird, kann man eigentlich gar nichts anderes machen als es auch zu lesen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.