Titel: Böse
OT: Illska
Autor: Eirikur Örn Norddahl
Übersetzt aus dem Isländischen von: Betty Wahl und Tina Flecken
Verlag: Tropen
Erschienen: Juni 2014
Seitenzahl: 658
ISBN-10: 3608501436
ISBN-13: 978-3608501438
Preis: 24.95 EUR
Das sagt der Klappentext:
Für die jüdische Studentin Agnes wird der Holocaust während ihrer Abschlussarbeit zur Obsession. Dennoch beginnt sie ausgerechnet mit dem Rechtsextremisten Arn¢r eine Affäre. Gleichzeitig verliebt sie sich in àmar, einen Langzeitstudenten. Die private und die zeitgeschichtliche Katastrophe beginnen sich unauflöslich miteinander zu vermischen. Die leidenschaftliche Dreiecksbeziehung zwischen der jüdischen, in Island aufgewachsenen Litauerin Agnes, dem antriebslosen Geisteswissenschaftler Omar und dem selbstherrlichen Neonazi Arn¢r ist gleichermaßen skurril wie grandios erzählt. Als Langzeitstudenten àmar seinen Abschluss schafft, steuert die Beziehung mit Agnes auf eine Katastrophe zu: Sie ist schwanger und weiß nicht, welcher der beiden der Vater des Kindes ist Arn¢r oder àmar. Die Beziehung zu àmar wird immer angespannter, bis dieser zufällig dahinterkommt, dass Agnes ihn betrogen hat. Er dreht durch, steckt das Haus in Brand und nimmt den nächsten Flieger ins Ausland: Gut und Böse sind nicht mehr zu trennen.
Der Autor:
Eirikur Örn Norddahl wurde 1978 geboren. Er gilt als das vielsprechendste Talent der isländischen Literatur. Für dieses Buch erhielt er 2012 den Isländischen Literaturpreis.
Meine Meinung:
Norddahl ist ein großartiger Erzähler, der sich – glücklicherweise – einen Dreck um irgendwelche literarischen Konventionen schert. Mit diesem Buch hat er ein echtes Meisterwerk geschaffen. Er erzählt gleichzeitig mehrere Geschichten aus verschiedenen Zeiten, die aber alle irgendwie mit einander verbunden sind, auch wenn man das anfangs eventuell als Leser noch gar nicht bemerkt. Das Buch ist unglaublich facettenreich und gehört sicher zum Besten was die europäische Literatur in 2012 auf die Platte bekommen hat. Es ist eines dieser Bücher die lange nachhallen und die man nicht „einfach so“ aus der Hand legt.
Obwohl unglaublich verschieden – so meint man wenigstens – sind doch Island und Litauen, aber letztendlich sind sie sich auch unglaublich ähnlich. Das Fremde stört immer, egal wo. Und mit den Wölfen heulen ist ein Ding, dass man allerorts hören kann. Ausnahmen davon gibt es nicht. Menschen sind überall – egal wo – gleich opportunistisch, pharisäerhaft und charakterlos.
Der Autor geht mit Island gnadenlos ins Gericht. Er zeichnet ein Bild der isländischen Gesellschaft das wenig schmeichelhaft ist. Obwohl hier Island auch stellvertretend für die anderen Länder herhalten muss.
Die Dreiecksbeziehung zwischen Agnes und Omar und Arnor ist auch ein Gleichnis über die Zerrissenheit von Menschen, Menschen die ihre verschiedenen Obsessionen leben und ausleben. Ein Buch über Rassedünkel und Naziidiotie.
Es ist einer der wenigen zeitgenössischen Romane der es schafft wirklich mitzureißen.
Ein sehr lesenswertes Buch – eine unbedingte Leseempfehlung, wenn man denn bereit ist, die Gedanken- und Zeitsprünge mitzumachen, wenn man denn bereit ist in menschliche Schwächen und Charakterlosigkeiten einzutauchen. Denn eines wird mit diesem Buch klar: Der Mensch ist doch irgendwie eine gigantische Fehlkonstruktion.
10 Eulenpunkte für ein in meinen Augen echtes Lesehighlight.