Kurzbeschreibung (Quelle Verlagsseite)
Asli Verkallen meldet ihren Mann Richard bei der Polizei als vermisst. Die junge Frau ist vollkommen aufgelöst. Hatte ihr Mann einen Unfall? Wurde er Opfer eines Verbrechens? Oder hat er wirklich eine Geliebte, mit der er durchgebrannt ist, wie die Polizei vermutet? Mit einem Mal geraten alle Gewissheiten in Aslis Leben ins Wanken. Doch ihre größte Sorge gilt ihrem Sohn: Keja ist dreizehn Jahre alt, Autist und kam ohne Gehör zur Welt. Wer würde ausgerechnet ihm den Vater nehmen? Ein vorsätzliches Verbrechen scheint undenkbar. Eine erste Spur führt Kommissar Paul Vegter und seine Kollegen zu Gemma van Son, mit der Richard tatsächlich viele Jahre ein Verhältnis hatte. Diese leugnet jedoch alles. Sie scheint etwas zu verbergen …
Autorin (Quelle: Verlagsseite)
Lieneke Dijkzeul gilt als eine der wichtigsten Kriminalautorinnen der Niederlande. Für 'Vor dem Regen kommt der Tod' wurde sie für den "Gouden strop", die bedeutendste niederländische Krimi-Auszeichnung nominiert.
Allgemeines
Originaltitel: "Wat overblijft", ins Deutsche übersetzt von Christiane Burkhardt
Erscheinungstermin der deutschen Ausgabe: 1.Januar 2015, Deutscher Taschenbuch Verlag, 320 Seiten
Fünfter Band der Serie um Kommissar Paul Vegter, aus der bisher nur drei Bücher ins Deutsche übersetzt wurden
Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven, 30 Kapitel
Die Handlung spielt in den Niederlanden an einigen Tagen kurz vor Weihnachten (Gegenwart)
Zum Inhalt
Zu Beginn wird geschildert, wie eine namentlich nicht genannte Frau sich bemüht, die Leiche eines Mannes zu entsorgen.
Paul Vegter und sein Kollege Sjoerd Talsma bekommen es mit einem Vermisstenfall zu tun: Der vierzigjährige Richard Verkallen ist verschwunden. Zunächst scheint das Verschwinden des Mannes aus gutsituierter Familie unerklärlich, im Laufe der Ermittlungen stellt sich allerdings heraus, dass im Leben des Vermissten nicht alles glatt lief. Zwischen ihm und seinem Bruder Peter, mit dem er eine Kette von familieneigenen Autowerkstätten leitet, gibt es gelegentlich Spannungen. Noch strapazierter sind allerdings seine Beziehungen zu seinem patriarchalischen Vater, dem er es nie recht machen kann. Der Vater missbilligt nicht nur das eher künstlerisch veranlagte Naturell seines Sohnes, vor allem hat er es nicht akzeptiert, dass Richard eine Farbige aus Somalia geheiratet hat. Die kompromissbereitere Mutter kann sich nicht gegen ihren dominanten Mann durchsetzen. Auch in Richards eigener Familie gibt es Probleme, denn sein dreizehnjähriger Sohn Keja ist ein gehörloser Autist. Diese beiden Behinderungen sorgen im Familienleben für großes Konfliktpotenzial, da Richards Frau Asli permanent mit der Betreuung des Sohnes beschäftigt ist und es keine Entlastung durch die weitere Familie gibt. Als sich Hinweise auf eine Geliebte des vermissten Familienvaters ergeben, verdichten sich die Befürchtungen, es könne ein Verbrechen vorliegen.
Beurteilung
Der Leser ist den Ermittlern voraus und erfährt sehr bald, was Richard Verkallen zugestoßen ist. Das Hauptaugenmerk des Kriminalromans liegt auf den unspektakulären traditionellen Ermittlungen, die sich zunehmend mit der Familienkonstellation der Verkallens beschäftigen. Aufgrund dieses Aufbaus ist "In der Stille der Tod" kein hochspannender Thriller, sondern eher ein ruhiger Kriminalroman, der jedoch durchaus fesselnd ist, wenn der Leser und die Ermittler sich schrittweise in das komplizierte Beziehungsgeflecht der Familienmitglieder eingearbeitet haben. Dabei werden wichtige Informationen quasi nebenbei gegeben, sodass konzentriertes Lesen erforderlich ist. Glaubt man, dem Ermittlungsteam voraus zu sein und die Lösung des Falles schon zu kennen, so sieht man sich am Ende überrascht.
Die Charakterisierung der Romanfiguren ist gelungen, besonders die Charaktere von Richards somalischer Frau Asli Verkallen und ihrem behinderten Sohn Keja sind sehr detailliert ausgestaltet. Auch Kommissar Paul Vegter wird nicht als "Superheld" dargestellt, sondern als mitunter vorurteilsbehafteter Mensch, der gelegentlich einen zu engen Horizont aufweist. Erst als seine Kollegin Renée Pettersen, die seit einer lebensgefährlichen Konfrontation mit einem Serienmörder in einem vorhergehenden Band der Reihe arbeitsunfähig ist, ihre Arbeit an Vegters Seite wieder aufnimmt, eröffnet sich ein neuer Blickwinkel. Es wäre schön gewesen, wenn Renée nicht erst so spät im Handlungsverlauf aufgetreten wäre. Das Privatleben der Kommissare spielt eine untergeordnete Rolle. Der Leser erfährt Einzelheiten aus dem Leben der Familien Vegter und Talsma, die auf den Informationen aus vorhergehenden Bänden aufbauen, es ist jedoch nicht erforderlich, die beiden bisher in deutscher Sprache erschienenen Bände ("Stille Sünde", "Vor dem Regen kommt der Tod") gelesen zu haben, um hier der Handlung folgen zu können.
Der Sprachstil der Autorin ist flüssig, anschaulich und einfühlsam, mit großem Geschick präsentiert sie am Beispiel des dreizehnjährigen Keja das Phänomen des Autismus.
Fazit
Ein intelligent konstruierter, in sich schlüssiger Kriminalroman der "leiseren Töne", der für Freunde ruhigerer Krimis, nicht jedoch für Leser blutiger Thriller, uneingeschränkt zu empfehlen ist!
9 Punkte