C. S. Forester - Grausame Schuld

  • Der Autor: Cecil Scott Forester ist vor allem durch seine Serie um den Seehelden Horatio Hornblower bekannt, welche sein restliches Werk überschattet, so stammen von ihm die ebenfalls ausgesprochen lesenswerten Romane "Brown von der Insel", "Die Kanone" und die Romanvorlage für den Film "African Queen".


    Ausserden schrieb er einige verdammt gute Kriminalromane, welche sich einerseits allen heute gängigen Klischees entziehen, welche aber andererseits zum Besten gehören was dieses Genre zu bieten hat.


    Das Buch: William Marble ist kein glücklicher Mann! Seine Frau langweilt ihn, seine Kinder fallen ihm auf die Nerven - und er hat Schulden. Im Alkohol findet er einen treuen Gefährten, doch auch dieser hilft nur zeitweise.


    Doch eines Abends steht ein Neffe aus Australien vor seiner Tür, soeben angekommen, um die Verwandtschaft zu besuchen. Ein Neffe mit Geld, und - wie er selber bemerkt - weiß keine Menschenseele das er gerade auf Besuch ist......



    Meine Rezension: Wie schon in seinem Roman "Gnadenlose Gier" geht es hier nicht um die Aufklärung eines Verbrechens, es geht um die Folgen für den Verbrecher, in beiden Fällen bisher unbescholtene Bürger, die sich durch eine Notlage - an der sie selber zumindest Mitschuldig sind - gezwungen sehen einen Mord zu begehen. Dabei handelte es sich bei den Mördern in beiden Romanen nicht um Psychopathen, sie sind eher egoistische Egomanen und bis zu dem Verbrechen ganz normale Leute; von denen sie sich am Ende nur dadurch unterscheiden das sie den entscheidenden Schritt - das Verbrechen, den Mord - tatsächlich wagen.


    Die Vorgeschichte wird hier nur kurz dargelegt, die Personen und ihre Lebensumstände kurz umrissen bevor mit dem Mord die eigentliche Geschichte beginnt: Was passiert danach, wie geht der Täter mit seiner Schuld - so er sie denn empfindet - um, wie beeinflusst sein Verhalten seine Umwelt, die nichts von der grausamen Tat ahnt.


    Wie schon zuvor siedelt Forester seine Geschichte in der unteren Mittelschicht (bestenfalls) an, unter Leuten die gerade so zurecht kommen, bis sich - wie in diesem Fall - die Schuldenschraube unbarmherzig immer weiter zuzieht.


    Was die drei bei dtv erschienenen Krimis ebenfalls gemein haben ist die Schilderung einer unglücklichen Ehe, bestehend aus liebloser Gewohnheit, mit einem dominanten Mann und einer ihm treu ergebenen Frau (welche in "Tödliche Ohnmacht" erst nach einem Schubs von Muttern den Ausbruch wagt). Zusammen betrachtet mag man Forester hier eine gewisse Verachtung für die von im geschilderte Gesellschaftsschicht unterstellen,ich persönlich denke das er die von ihm kreierte "Notlage" und die Folgen in dieser Schicht einfach am besten unterbringen konnte, wobei der Autor einige Stereotype nicht vermeiden konnte. Man kann als Leser aller drei Romane durchaus eine Studie des gesamten Milieus ableiten, zumindest Foresters Sicht auf selbige - was sicherlich interessant wäre, allerdings aber eine bessere Kenntnis seines Werkes und Lebens voraussetzte als als ich sie habe.


    Forester rechtfertigt in seinen Romanen keinesfalls das Verbrechen, es sind auf jeden Fall böse Taten aus niederen Beweggründen, ihm geht es darum Menschen zu beschreiben, die, im Gegensatz zu allen anderen, den letzten Schritt wagen und er zeigt auf, was diese Tat für Folgen haben wird.
    Dabei wirken seine Geschichten niemals konstruiert, kein Ereignis wird irgendwie zurechtgeschummelt, damit die Story den gewünschten Fortgang hat, hier entwickelt sich alles folgerichtig und mit einer geradezu gnadenlosen Unausweichlichkeit, wie man sie zum Beispiel von Shakespeares "King Lear" kennt, oder aus "Othello" und "Macbeth".


    Wobei sich die Frage nach dem Ausgang der Geschichte niemals wirklich stellt,im Grunde umgekehrt wie bei James Bond: Das er davonkommt steht fest, wir erfreuen uns am "Wie".


    (Den folgenden Absatz hab ich bereits anderswo gepostet, ich mag ihn irgendwie und hänge ihn auch hier ans Ende)



    Es gibt Krimis - und es gibt Kriminalliteratur. Natürlich ist ersteres nur die Kurzform des zweiten, aber ich denk der Punkt ist klar.


    Was Forester hier vorlegt ist zweifelsohne zweites - kein Krimi, aus tausendfach gebrauchten Versatzstücken zusammengeschustert um diejenigen zu beglücken derer dereinst das Himmelreich sein wird, sondern echte Literatur, einer Tradition folgend die zurückreicht bis hin zum klassischen griechischen Drama.


    Uns Lesern dieser Art von Literatur mag das Himmelreich verwehrt sein - aber wir anderen haben wenigstens was gutes zu lesen!

  • Grausame Schuld - C.S.Forester


    Broschiert: 240 Seiten
    Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag
    2005


    OT: Payment Deferred
    Übersetzt von Britta Mümmler


    Kurzbeschreibung:
    Die Gedanken des hoch verschuldeten Bankangestellten und Familienvaters William Marble kreisen verzweifelt und unablässig ums Geld. Als er eines Tages unerwartet Besuch von seinem reichen Neffen James Medland bekommt, ergreift Marble die Gelegenheit beim Schopf und ermordet den jungen Verwandten kurzerhand. Die Leiche vergräbt er im Schutze der Dunkelheit im Garten hinter dem Haus. Nun ist er zwar plötzlich reich, doch die grausame Tat verfolgt ihn auf Schritt und Tritt – und seine Schuldgefühle machen ihm das Leben zur Hölle.
    C. S. Forester lotet scharfsinnig menschliche Abgründe aus. Ein beklemmend spannender Thriller – psychologisch raffiniert und anspruchsvoll komponiert.


    Über den Autor:
    C(ecil) S(cott) Forester (1899-1966) studierte Medizin am Londoner Guy's Hospital, brach das Studium jedoch ab und machte das Schreiben zum Beruf. Seinen ersten großen Erfolg hatte er 1926 mit dem psychologischen Thriller ›Payment Deferred‹ [›Grausame Schuld‹, dtv 26045], 1930 folgte ›Plain Murder‹ [›Gnadenlose Gier]. In Deutschland machte sich der Autor vor allem durch seine weltweit erfolgreichen Abentuerromane um den Marinehelden Horatio Hornblower einen Namen. Das Manuskript zu ›Tödliche Ohnmacht‹ (›The Pursued‹) ging zu Lebzeiten Foresters verloren und tauchte erst 2002 bei einer Versteigerung wieder auf. Die Presseresonanz in England war überwältigend.


    Über die Übersetzerin:
    Die Übersetzerin Britta Mümmler wurde 1962 in Cuxhaven geboren, ist Literaturwissenschaftlerin und lebt in München. Sie ist als Lektorin und Übersetzerin tätig.


    Mein Eindruck:
    Der Roman ist von 1926. Man merkt ihm das Alter an und anfangs kam er mir sprachlich ein wenig altbacken vor. Aber der erste Einruck täuschte, altmodisch ist der geschickt aufgebaute ansonsten Roman nicht.


    Man kann sich unwohl fühlen mit den nicht positiv besetzten Figuren, allen voran Mr.Marble, der Protagonist, der aufgrund finanziellen Schwierigkeiten bereit ist, einen Mann zu vergiften.
    Mr.Marpbe ist ein Mann mittleres Alters, ein absoluter Durchschnittstyp. Angestellter, verheiratet, mit 2 Kindern, John und Wendy.
    Der Autor hält den Leser auf Distanz zu den Figuren, so wird auch immer nur von Marple oder Mr.Marble gesprochen, nie der Vorname, nie direkt aus der Sicht des Protagonisten, höchstens werden seine Gedanken manchmal erläutert.


    Obwohl ich den Roman lange Zeit nicht spannend fand, interessierte mich doch, wie die Entwicklung der Familie über einen längeren Zeitraum dargestellt wurde. Da sind zum Beispiel die durch das Verbrechen entstandenen neuen finanzielle Möglichkeiten, womit sich die schlichte Ehefrau von Mr.Marble anfangs nicht wirklich anfreunden kann.
    Distanz innerhalb der Familie werden so auch nicht überwunden, Marbles Sohn John und sein Vater hassen sich sogar. Eine latente Bedrohung ist immer vorhanden, da Marble befürchten muss, dass seine Tat entdeckt wird. Anstatt frei zu werden, zieht er sich immer mehr zurück.


    Man kann von einem psychologischen Thriller sprechen, der in seinen besten Momenten an Patricia Highsmith und ihren Helden Tom Ripley erinnert.