John le Carré - Der Nachtmanager
Inhalt:
Jonathan Pine, Nachtmanager in einem Züricher Luxushotel, erkennt in einem Gast einen internationalen Waffenschieber und Drogenbaron. Vom britischen Geheimdienst als Agent angeheuert, macht er sich auf die Jagd nach dem Großhändler des Todes.
Der Autor:
John le Carré, am 19. Oktober 1931 in Poole, Dorset, geboren, war nach seinem Studium in Bern und Oxford in den sechziger Jahren in diplomatischen Diensten u.a. in Bonn und Hamburg tätig. Sein Roman "Der Spion, der aus der Kälte kam" machte ihn 1963 weltbekannt. Zahlreiche seiner Bestseller wurden erfolgreich verfilmt. Der Autor lebt mit seiner Frau in Cornwall und London.
Meine Meinung:
Ein Thriller aus einer anderen Zeit, das merkt man sofort: Die Atmosphäre ist ruhiger und gediegener. Schreiberisch gesehen ist die Sprache auch stilvoller als man sie von einem höher-schneller-weiter-Thriller der heutigen Zeit erwarten würde. Darauf musste ich mich erst einlassen, aber durch Jonathan Pine, den wir von Beginn an begleiten, kommt auch direkt eine gewisse Sympathie zustande, wobei ich es - ohne zu viel zu verraten - gerade großartig fand, dass jeder Charakter vielschichtig war. Allein Jonathan ist in Sachen Hobbies und auch seiner Tätigkeit her sehr breit aufgestellt, auch emotional...sehr viel spielt sich da hinter seinen Augen ab, damit meine ich, sein Blick sagt etwas, er denkt aber etwas ganz anderes, was dann auch erläutert wird...
Der Gute, der Böse, die vermeintlich klaren Rollenverteilungen...aber auch streitbare Handlungen. Opfer, die in der Spionagetätigkeit vielleicht gebracht werden müssen, aber eine rosarote Weltsicht deutlichst erschüttern würden...
Großartig fand ich, dass man bei Jonathan zwischen einem Status nahe der Vergötterung bis hin zu Abscheu in manchen Szenen einfach alles empfunden hat. Sein Leben wird erzählt, seine Vergangenheit; manchmal klarer, manchmal auch so, dass die Bilder und Geschichten eher im Kopf entstehen.
Durch Jonathans Erinnerungen und eine gewisse persönliche Komponente des Falls wird die Geschichte noch vielschichtiger.
Ich hatte an ein Dreierspiel zwischen Spion, Drogenbaron (Roper) und Geheimdienst gedacht, aber als Roper ins Zürcher Hotel eincheckt, hat er eine ganze Entourage an Leuten dabei, wo ich am Anfang ein wenig überfordert war, aber am Ende klar war, wer wie wichtig ist und wer welche Rolle spielt.
Das Buch kann unterhalten, obwohl man manchmal mit Jonathan fast demütig und gediegen ist...es sind einfache Szenen wie Politiker- und Geheimdienstgespräche oder aber auch der Dialog von Seeleuten in einem Dorf, die eine besondere Würze geben...aber auch die wenigen Actionszenen, die mich dann allerdings an James-Bond-Filme der älteren Zeit erinnerten, konnten unterhalten.
Als Jonathan dann an Roper heran gelangt, hat mich das Buch mit der Art der Begegnung den Dialogen richtig überrascht. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich sonst die modernen höher-schneller-weiter-Thriller kenne, wo diese Ruhe gar nicht hineinpassen würde.
Bin restlos begeistert:
10 Punkte.
(und auch: tolles schlichtes Cover, was sehr gut passt, wenn das Hotel Meister da vor dem inneren Auge entsteht)