Selja Ahava: Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm

  • Selja Ahava: Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm
    Mare Verlag. 2014. 224 Seiten
    ISBN-13: 978-3866481824. 20€
    Originaltitel: Eksyneen Muistikirja
    Übersetzer: Stefan Moster


    Verlagstext
    Ein zauberhafter Roman über die Kraft der Wörter und der Fantasie
    »Wäre es möglich, Augenblicke einzufrieren, würde ich diesen in eine Plastikdose legen. Dann könnte man den Winter über davon zehren.« Als es Anna immer weniger gelingt, ihre Erinnerungen festzuhalten, und ihr Gedächtnis langsam unzuverlässiger wird, klammert sie sich an Wortlisten (»Stein, Birke, Gras, Stuhl«) und erfindet Wörter für Dinge, die keinen Namen haben. Im Lauf der Jahre trotzt sie den Zumutungen des Alltags mehr und mehr mit ihrer Vorstellungskraft. Als alte Frau blickt Anna zurück auf ihr Leben, so, wie sie sich daran erinnert, an schöne wie an schwere Momente, an die Zeit in Finnland wie auch den Neuanfang mit Thomas in England. Vor allem erinnert sie sich an ihr Häuschen mit den blauen Vorhängen auf einer Schäreninsel, inmitten von Möwen, Schilf und krummen Kiefern, wo sie die Sommer mit ihrer großen Liebe Antti verbrachte - und natürlich an den Tag, an dem ein Wal durch London schwamm.
    Ein Roman aus Finnland zum Thema Erinnern und Vergessen, aber auch über die Kraft der Wörter und der Fantasie: märchenhaft, tragikomisch, menschlich - und mit einer unvergesslichen Heldin!


    Die Autorin
    Selja Ahava, 1974 geboren, studierte Dramaturgie an der Theaterhochschule Helsinki und schrieb Drehbücher für Filme und Fernsehserien sowie Hörbücher, bevor sie mit „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ihren ersten Roman veröffentlichte. Sie hat fünf Jahre in London verbracht und lebt seit ihrer Rückkehr nach Finnland mit ihrer Familie in Porvoo.


    Inhalt
    Anna Lehtonen wird in einem Pflegeheim betreut, weil sie aufgrund von Altersdemenz nicht mehr allein leben kann. Mein erster Gedanke war, wie eine so phantasievolle Frau überhaupt altern kann und warum ihre eigenwillige Sicht der Dinge Anna nicht vor dem Schwinden ihrer geistigen Leistungskraft bewahren konnte. Die Welt gerät für Anna durcheinander und fremde Menschen organisieren ihr Leben, so dass sie sich erst recht bedroht und verwirrt fühlt. Verschiedene Zeitebenen schieben sich in Annas Erinnerungen voreinander, die beim Lesen erst sortiert werden müssen, so wie Erinnerungen sich bei betagten Menschen vor die Gegenwart schieben. Es gab eine Zeit, in der Anna wahrnahm, wie ihr Bruder alterte, aber selbst nicht erkennen konnte, dass sie ohne seine Hilfe bald nicht mehr allein in ihrer Wohnung leben könnte. Anna hat schon in jungen Jahren strenge Ordnung in ihrem Leben gehalten. Sie wäre sonst nicht allein im Ferienhäuschen auf einer kleinen finnischen Insel klargekommen, während ihr Mann auf dem Festland arbeitete. Als junge Frau hat sie Listen über ihr Leben geführt, die ihr nun schon lange nicht mehr helfen können. Nach ihrer Beziehung zum Dokumentarfilmer Artti lebte Anna eine Weil in London, wo es zur denkwürdigen Begegnung mit dem Wal in der Themse kam. In jener Zeit in London hat Anna bewusst einen Teil ihrer Vergangenheit weggesperrt; damals geriet ihr Leben schon einmal aus dem Tritt. Die Kinder, mit denen Anna sich in einem Schrank zum Spielen trifft, wurden nie geboren, aber sie helfen Anna bei der Bewältigung ihrer Vergangenheit.


    Fazit
    Selja Ahava zeigt Annas aus den Fugen geratene Welt in herausragend poetischen Bildern, die den Ereignissen viel von ihrem Schrecken nehmen.


    10 von 10 Punkten