Elizabeth Kelly: Die offizielle Verabschiedung meiner langjährigen Kindheit

  • Elizabeth Kelly: Die offizielle Verabschiedung meiner langjährigen Kindheit
    Karl Blessing Verlag 2015. 432 Seiten
    ISBN-13: 978-3896675149. 17,99€
    Originaltitel: The Last Summer Of the Camperdowns
    Übersetzer: Wolfgang Müller


    Verlagstext
    Eine geistreiche und unverwechselbare Geschichte um einen Mord, eine Ehekrise und ein quälendes Familiengeheimnis
    Riddle Camperdown freut sich darauf, den Sommer 1972 vornehmlich faulenzend auf der Veranda ihres Elternhauses auf Cape Cod zu verbringen, und hofft , dabei nicht allzu oft von ihren exzentrischen Eltern gestört zu werden: Greer, der exaltierten, scharfzüngigen ehemaligen Hollywoodschauspielerin, und Godfrey „Camp“ Camperdown, dem Patriarchen und gewerkschaftsnahen Lokalpolitiker mit Hang zur großen Geste, der gerade mitten im Wahlkampf steckt. Dann wird Riddle im Pferdestall des Nachbarn zufällig zur Zeugin eines Mordes. Verängstigt entscheidet sie sich dafür, niemandem davon zu erzählen. Doch als Camps Wahlkampf immer hitziger wird und einer seiner politischen Gegner Gerüchte über die Camperdowns in die Welt setzt, gerät Riddle immer mehr unter Druck, die Wahrheit zu sagen, obwohl sie gleichzeitig die Rache des Mörders fürchtet. Das Porträt einer unvergesslichen, so skurrilen wie liebenswerten Familie, das sich vor dem Hintergrund eines Verbrechens und eines Familiengeheimnisses entfaltet – unterhaltsam, intelligent und spannend.


    Die Autorin
    Elizabeth Kelly wurde in Brantfort, Kanada, geboren und studierte an der University of Toronto Anglistik. Sie arbeitet als Redakteurin und wurde mehrfach mit dem Canadian National Magazine Award ausgezeichnet. Ihr Debüt „Die verrückten Flanagans“ erschien 2009. Elizabeth Kelly lebt in einem Dorf in der Nähe von Ontario.


    Inhalt
    Die Camperdowns aus Cape Cod gehören zum US-Ostküstenadel; sie besitzen ein Haus in bester Lage am Atlantik, halten Pferde und Hunde. In ihren Kreisen spricht man nicht über Geld; man hat Geld. Als 1972 Vater „Camp“ für das amerikanische Repräsentantenhaus kandidieren will, wird doch über Geld gesprochen. Camp muss auf Wahlparties Spendengelder für seinen Wahlkampf eintreiben und baut auf die Unterstützung seiner Frau Greer und seiner Tochter Riddle. Riddle war bisher ein schnippisches, burschikoses Wesen, das höchst unpassend gerade in dem Moment in die Pubertät kommt, als ihr Vater der Öffentlichkeit seine heile Familie demonstrieren will. In diesem Feriensommer wird Riddle abrupt mit der Realität außerhalb der Familienidylle konfrontiert. Im Jahr der Watergate-Affäre und des Attentats auf die Olympischen Spiele in München muss sie zur Kenntnis nehmen, dass ihre Eltern und den Wahlkampf-Gegner ihres Vaters Michael Devlin gemeinsame Jugenderlebnisse verbinden und dass Michael und „Camp“ gemeinsam im Zweiten Weltkrieg in Europa gekämpft haben. Riddles spontane Entscheidung, eine wichtige Zeugenaussage über ihre Beobachtungen auf dem Nachbargrundstück nicht abzulegen, wird ihr kindliches Universum zerstören und ihre bis dahin behütete Kindheit abrupt beenden.


    Fazit
    Elizabeth Kelly verknüpft hier ambitioniert Gesellschafts- und Coming of Age-Roman mit einem sehr spannenden Kriminalfall. In ihren Roman bin ich nur mit großen Schwierigkeiten hineingekommen, weil ich zu Anfang die extrem gekünstelten Dialoge für ein 13-jähriges Mädchen des Jahres 1972 unglaubwürdig fand. Erzählt werden die Ereignisse des letzten Sommers in Riddles Kindheit von der erwachsenen Riddle, die mit Mitte 30 inzwischen allein mit Hunden und Pferden lebt. Eine zynische Frau in ihren besten Jahren erinnert sich an den zynischen Teenager, der sie einmal war. Dabei fehlt der Autorin meiner Ansicht nach das Gespür für die Unterscheidung zwischen Riddles heutiger Sicht der Dinge und ihrer damaligen kindlichen Sicht. Meine Abneigung gegen das elitäre Gehabe der so gar nicht liebenswerten Figuren legte sich später, als ich über denkbare Täter und deren mögliche Motiven zu spekulieren begann. Emotional hat mich keine der Figuren erreichen können, obwohl ich Coming of Age-Romane sonst sehr gerne lese.


    6 von 10 Punkten