Erwins Badezimmer oder: Die Gefährlichkeit der Sprache - Hans Bemmann

  • Kurzbeschreibung:
    In einem Land, das unter der Diktatur von Sprachüberwachungsbehörden steht, ist es verboten, Literatur, die vor der Großen Nationalen Sprachreinigung entstand, zu lesen und zu verbreiten. Doch subversive Elemente riskieren ihr Leben, indem sie genau das tun. Erwin ist einer von ihnen. In seinem Badezimmer sammelt er Unmengen von "Vor-Literatur" auf Mikrofilmen. Als eines Tages der Philologe Albert S. durch Zufall hinter Erwins Geheimnis kommt, wird er in ein Abenteuer verwickelt, dessen Ausgang ungewiss ist...


    Über den Autor:
    Wikipedia liefert eine interessante Zusammenfassung zum Leben von Hans Bemmann (*1922 bei Leipzig; † 2003 in Bonn).


    Meine Meinung:
    Dieser beeindruckende Brief-Roman von Hans Bemmann spielt in einer unbekannten Zeit, in einem unbekannten Land, in dem es eine Sprachüberwachungsbehörde gibt, die strengstens über den vorgegebenen Gebrauch von Sprache wacht. Die oberste Regel dieses Sprachgebrauchs ist die Eindeutigkeit, denn Mehrdeutigeit lässt Raum für eigenes Denken, für Fantasie. Alle Bücher, die gegen diese Regel verstoßen, wurden vernichtet. In Form von Briefen des Philologen Albert, der eines Tages zufällig erfährt, dass sich nicht alle an die Regeln der Sprachüberwachungsbehörde halten, zeichnet Bemmann eine Welt, die für uns, insbesondere für alle, die gerne lesen, unvorstellbar ist. Dabei flechtet er kleine Geschichten in die Geschichte ein und nimmt auch mal mehr, mal weniger offensichtlich Bezug auf das Christentum und Judentum. An manchen Stellen merkt man dem Roman sein Alter von immerhin schon über 30 Jahren an, nichtsdestotrotz ist die Geschichte selbst nach wie vor aktuell. Denn "Erwins Badezimmer" regt den Leser zum Nachdenken an - über die Kraft der Sprache, den Wert der sprachlichen Freiheit und, damit untrennbar verbunden, der Freiheit des Denkens. Sehr zu empfehlen!


    Von mir gibt es 9 Punkte.