Fragen an Jennifer Bentz

  • Hallo Jennifer,


    wie hast du nur den Mut aufgebracht, ein so persönliches Buch zu schreiben und auch zu veröffentlichen wie Einfach mal klarkommen? Ich habe es vor etwa einem Jahr gelesen und mochte es sehr. So eine schöne Mischung aus Humor, Selbstironie der sanften Art und Wahrheit. Das hat mich sehr berührt.

  • Hallo ginger ale,


    wow, das freut mich, mal wieder eine Meinung zu meinem allerersten Buch zu hören :-) Wobei ich es eher als "Vorläufer" bezeichne, da es ja kein Roman, sondern ein Sachbuch war.


    Ich habe tatsächlich mit mir gerungen, so etwas persönliches zu veröffentlichen und dachte zuerst an ein Pseudonym. Andererseits dachte ich, vielleicht könnte das Buch dazu beitragen, dass Menschen mit psychischen Problemen nicht mehr so stark "stigmatisiert" werden und das Thema etwas aufgebrochen wird. Aus dem Grund habe ich mich dafür entschieden, eben gerade meinen eigenen Namen zu verwenden. Ein seltsames Gefühl war anfangs schon dabei, aber ich habe so viele positive Reaktionen darauf bekommen, dass es im Nachhinein die richtige Entscheidung war.


    Freut mich sehr, dass es dir gut gefallen hat!


    Liebe Grüße Jenny

  • Zitat

    wow, das freut mich, mal wieder eine Meinung zu meinem allerersten Buch zu hören smile Wobei ich es eher als "Vorläufer" bezeichne, da es ja kein Roman, sondern ein Sachbuch war.


    Kein Roman? Für mich schon. Ich habe es aus purer Neugier gelesen, denn Praktikum, Studium und Ausbildung habe ich schon länger hinter mir, als Ratgeber brauchte ich es nicht. Für mich hat es als autobiografisch basierter Roman funktioniert, der aber auch ein Stück gesellschaftliche Realität aufs Korn nimmt - die Generation Praktikum. Keine fiktive Erzählung, aber es ist auch kein Sachbuch und kein (trockener, sachlicher, neutraler) Bericht. Denn du erzählst das Erlebte als eine (wahre) Geschichte mit Höhepunkten, Wendepunkt, Spannungskurve, verschiedenen Figuren und allem, was sonst noch zu einem Roman dazugehört.
    Aber ist ja auch egal, jedenfalls ist es schön gewesen, dieses Buch zu lesen.




    Zitat

    Andererseits dachte ich, vielleicht könnte das Buch dazu beitragen, dass Menschen mit psychischen Problemen nicht mehr so stark "stigmatisiert" werden und das Thema etwas aufgebrochen wird.


    Ja, das ist dir gelungen. Gute Entscheidung!
    Da eine gute Portion Selbstironie und Humor dafür sorgt, dass das Geschehen nicht als bleischwer empfunden wird, wie es vielleicht in Wirklichkeit manchmal gewesen sein mag, machte es Spaß, das Buch zu lesen. Und doch ist es ernstaft genug, um das "lyrische Ich" nicht als Psychofreak zu erleben, sondern als "Menschen wie du und ich", der in einer Krise steckt, die im Grunde fast jedem passieren könnte.
    Ich finde, dieses Buch könnte ruhig nochmal neu aufgelegt werden und richtig gehypt werden. Vielleicht mit einem witzigeren Untertitel, damit die Leser/innen neugierig werden Kleiner :wave in Richtung Verlag :lache


    Mir gefällt es jedenfalls besser als das aktuell stark gehypte autobiografische humorvoll-selbstironische Psychobuch von Tobi Katze, das überall in den Bahnhofsbuchhandlungen ausliegt und offensichtlich bei amazon ein Bestseller in verschiedenen Ratgeber-Kategorien ist.
    Das hat mich echt gewundert, denn es ist wirklich ganz okay, aber so witzig,wie es der Titel suggeriert, ist es nun doch wieder nicht.


    Dein Erstling oder Vorläufer könnte locker mithalten, würde es besser gehyped werden. :wave

  • Prinzipiell habe ich es auch wie einen Roman geschrieben und strukturiert und war hinterher selbst verwundert darüber, dass es dann in die Kategorie Sachbuch eingeordnet wurde. Ratgeber allerdings nicht, sondern "belletristisches Sachbuch", das sind ja öfter autobiographische Geschichten, die aber nicht belehren wollen, sondern erzählen. Aber ich glaube, da sind auch die Grenzen fließend und ich bin auch der Meinung, man hätte es genauso gut als Roman verlegen können!


    Über das Buch von Tobi Katze bin ich auch schon gestolpert, das wird in der Tat sehr gehypt. Klar, das würde ich mir natürlich auch wünschen - einer Neu-Auflage stünde ich nicht im Weg ;-) Vielleicht kommt dein Wink in Richtung Verlag ja an und es erscheint irgendwann neu :grin

  • Vielleicht klappt das mit dem Buchverkauf bei Tobi auch deshalb so gut, weil es gleichzeitig noch ein paar Videos bei Youtube mit zweien seiner Poetry-Slam-Auftritte gibt? Keine Ahnung, ob das eine Doppel-Strategie ist oder eher Zufall...
    Mir ist das allerdings schon ein bisschen viel. Ich habe zwischendurch gedacht: Na, ob ihm das so gut bekommen wird, auf Dauer? Er scheint mir eher ein Kandidat zu sein, der nur Depression mit etwas Ironie kann, aber doch im Grunde ziemlich bleiern-depressiv.
    Da wird der Hype keine 3 oder 4 Bücher anhalten, schätze ich. Und ob man nach so einem Erfolg dann nicht ins riesengroße Loch fällt?


    Deine Romane zeigen jedenfalls, dass du von deinen Erfahrungen profitierst, denn deine Figuren haben bei aller Skurrilität doch Tiefe, wirken zwar überspitzt, aber nicht albern, so dass sie trotz der manchmal echt krassen Macken und Aktionen nicht unglaubwürdig werden. Und das ist es, was für mich den Reiz an beiden Romanen ausmacht. Deine Romane sind einfach herrlich frech! Dadurch gewinnen sie einen unglaublichen Drive! Und die Figuren sind bei aller Verrücktheit dennoch liebevoll gezeichnet.
    Das ist ganz großes Kino!

  • Oh, das ist eine interessante Frage, ob sich das Thema über mehrere Bücher trägt. Wahrscheinlich muss er dann irgendwann auch sein Repertoire erweitern, sonst wiederholt sich ja alles? Und ob ihm das gut bekommen wird, kann man natürlich schlecht einschätzen. Ich glaube, Erfolg bekommt nur den Menschen nicht gut, die sich darüber definieren.


    Deinen zweiten Absatz würde ich mir jetzt am liebsten ausdrucken und einrahmen (vielleicht mach ich das!), für Tage, an denen mir die Motivation fehlt ;-)

  • Achso, was ich dich noch fragen wollte: Verrätst du uns, wie du auf die Idee mit den dreien im Wartezimmer des Psychiaters gekommen bist?
    Es gab ja zuvor schon einige Spielereien in Büchern oder Filmen mit dieser Wartezimmer-Sache, aber dass du dort drei Mädels aufeinanderprallen lässt und sich dann rausstellt, dass der Psychiater... so krass hat es nach meinem Wissenstand noch keine/r mit dieser Idee getrieben :lache Muss ja irre lustig gewesen sein, das zu schreiben.

  • Guten Morgen,


    die Wartezimmer-Idee kam nach der Ursprungs-Idee, drei "Psychos" zusammen in eine WG zu stecken. Es brauchte ja dann einen Grund, wie sie sich zusammenfinden und da ich es ja gerne etwas ironisch/sarkastisch mag, fand ich den Dreh mit dem suizidalen Therapeuten gleich doppelt brauchbar ;-)


    Liebe Grüße, zur anderen Sache schicke ich gleich eine PN :-) :-)