Soro - Gary Victor

  • Broschiert: 144 Seiten
    Verlag: litradukt Literatureditionen;
    2015


    Kurzbeschreibung:
    Port-au-Prince, 12. Januar 2010: Kaum dem Erdbeben entronnen, wird Inspektor Azémar mit einem Spezialauftrag betraut: Er soll herausfinden, mit wem die Frau seines Vorgesetzten in dem Stundenhotel war, unter dessen Trümmern ihre Leiche gefunden wurde. Dumm nur, dass er selbst dieser Mann war. Außerdem ist da noch der berühmte Maler, der angeblich dem Erdbeben zum Opfer gefallen ist. Dieuswalwe Azémar im Mittelpunkt eines Dramas um Liebe Freundschaft und Loyalität.


    Über den Autor:
    Gary Victor, geboren 1958 in Port-au-Prince, gehört zu den meistgelesenen Schriftstellern Haitis. Außer Romanen, Erzählungen und Theaterstücken schreibt er auch Beiträge für Rundfunk und Fernsehen, die in Haiti regelmäßig für Aufregung sorgen. Mit seiner unverwechselbaren Handschrift, in der sich beißende Sozialkritik, Magie und schwarzer Humor verbinden, vermag er wie kaum ein Autor die Wirklichkeit seines Landes einzufangen. Im deutschsprachigen Raum wurde er durch den Krimi "Schweinezeiten" bekannt, der auf Platz 8 der Krimibestenliste der ZEIT kam.


    Über den Übersetzer:
    Peter Trier, geboren 1970 in München, aufgewachsen in Bonn
    Studium Deutsch und Französisch in Bonn, DAAD-Lektor in Frankreich
    Deutschlehrer und staatl. geprüfter Übersetzer für Französisch


    Mein Eindruck:
    Soro ist die unmittelbare Fortsetzung des Voodokrimis Schweinezeiten.
    Schweinezeiten - Gary Victor
    Dennoch ist das Buch aber vollkommen eigenständig lesbar. Man muss nur wissen, dass Azemar im ersten Teil seine kleine Tochter zu sich genommen hat. Er ist immer noch alleinerziehender Vater und Inspector bei der Polizei..


    Dieuswalwe Azémar ist als Polizist eine Ausnahme in Port-au-Prince. Er isz zwar unangepasst und ein Säufer, aber er ist unbestechlich. Damit steht er ziemlich alleine in einer durch und durch korrupten Gesellschaft.
    Hinzu kommt, dass er ein verbissener Ermittler ist. Doch diesmal hat er ein Problem. Der Mann, den er finden soll, ist er selbst.


    Bei Azemar ist die Hölle sowohl innen als auch außen. Ihn quält ein Hass gegen die korrupte und heruntergekommen Umgebung. Dann kommt auch noch das schwere Erdbeben 2010, dass die Stadt verwüstet.


    Dabei stößt er auch noch auf einen Mord. Ein Maler wurde getötet und seine Mörder nutzen das Erdbeben, um ihre Tat zu tarnen.


    Dicht und intensiv geschrieben, suhlt sich der Antiheld in seinen Qualen aus Wut und Selbsthass und durchschreitet ein apokalyptisches Nacherdbeben-Szenario.


    Soro ist ein ungewöhnliches Buch. Ein wilder Roman-Mix aus Noir und Sozialkritik, stilistisch ebenso rau wie leidenschaftlich.
    Genauso gut wie Schweinezeiten, vielleicht sogar noch besser. Ich hoffe auf weitere Übersetzungen von Gary Victors Büchern ins Deutsche .

  • Sowas Abgefahrenes habe ich schon lange nicht mehr gelesen! :grin Für mich war es die erste Begegnung mit Inspector Azémar und an manchen Stellen hat es mir ein wenig Leid getan, dass ich "Schweinezeiten" nicht kenne, da doch öfter darauf Bezug genommen wird - auch um zu erklären, warum Azémar auf dem besten Weg ist, sich zu Tode zu saufen.


    Das Ganze hat etwas von einem Endzeitroman - Port-au-Prince in den ersten Tagen nach dem großen Erdbeben, die Stadt liegt größtenteils in Trümmern, überall herrscht Chaos und mittendrin Azémar, dieser kaputte Polizist, der nicht nur damit beschäftigt ist, seine eigene Haut zu retten, sondern nebenbei auch noch auf sehr eigenwillige Art und Weise einen Mordfall aufklärt. Dabei tritt er eher wie ein einsamer Rächer auf und nimmt so manchesmal das Gesetz in die eigene Hand.


    Herr Palomar hat es sehr gut beschrieben, Azémar geht durch die Hölle - eine äußere, geprägt von Zerstörung, Korruption und Aberglauben und eine innere, wo ihnen seine eigenen Dämonen und die Folgen seines Alkoholmissbrauchs quälen.


    Das Buch, so kurz es ist, ist wirklich sehr schwarz und düster, aber die Geschichte übt eine ganz eigene Faszination aus, wobei der Krimi-Anteil fast schon zur Nebensache gerät.


    Auf jeden Fall sehr lesenswert (wenn man nicht gerade einen Urlaub auf Haiti plant ;-)) - 9 Eulenpunkte!


    LG, Bella