Broschiert: 528 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag (22. Januar 2016)
ISBN-13: 978-3499270406
Originaltitel: All Involved
Preis Taschenbuch: Euro 16.99
Preis Kindle E-Book: Euro 14.99
Autor
Ryan Gattis lebt in Los Angeles. Seinen Roman, der in zahlreiche Länder verkauft wurde, bezeichnet er selbst als «sourced fiction», authentisch durch recherchierte Information. Seine wichtigste Quelle: ein Bandenchef, zu dem er Zugang fand, weil seine Tochter ihm Gattis' frühere Romane empfahl, und der deutlich machte, was ins Buch kommen dürfe und was eine Kugel in den Kopf zur Folge haben würde.
Kurzbeschreibung/Klappentext
Sechs Tage im Jahr 1992. Polizisten misshandeln einen schwarzen Bürger und Los Angeles explodiert. Plünderungen, überall brennt es; ein Bürgerkrieg mitten im Herzen der westlichen Welt. Was passiert, wenn die Polizei eine Stadt den Armeen der Gangs überlässt? Rechnungen werden beglichen, noch und noch. Davon erzählt dieser ungeheuerliche Roman. Am Anfang ein unmenschlicher Mord: Wir erleben ihn aus der Sicht des Opfers. Dann kommen andere zu Wort: skrupellose und weniger skrupellose Gangster, rassistische Polizisten, Krankenschwestern, Junkies, jugendliche Mitläufer. Und es entsteht das Bild einer Gesellschaft, in der der Stärkere den Schwächeren frisst und die sich im Ausnahmezustand gänzlich enthüllt.
Meine Meinung
An die Berichterstattung in der Tagesschau über die Massenunruhen in Los Angeles im Jahr 1992 kann ich mich vage erinnern. Diese bruchstückhafte Erinnerung, die irgendwo ganz weit hinten in meinem Hinterkopf gespeichert ist, war der Grund, weshalb ich genau diesen Thriller unter den vielen Neuerscheinungen ausgesucht, gekauft und gelesen habe. Wobei anzumerken ist, dass dies kein Thriller im klassischen Sinn ist. Es ist eine Art kriminalistische Reportage aus den Blickwinkeln von 17 Personen wie sie diese sechs bürgerkriegsähnlichen Tage erlebt haben, in denen der Staat die Kontrolle über Los Angeles verloren hat. Stilistisch mag es einem Tatsachenroman ähneln aber inhaltlich geht es heftig zu und her. Ohne die geschilderten Verbrechen zu rechtfertigen oder sogar zu entschuldigen, gibt der Autor Ryan Gattis mit dieser ungewöhnlichen Erzählform den Tätern als auch den Opfern eine Plattform um ihre Sicht der Dinge dazulegen.
Der Auslöser des gewalttätigen Ausschreitungen von Teilen der afroamerikanischen Bevölkerung war ein Gerichtsurteil das viele Immigranten nicht verstehen konnten und das eine Welle der Gewalt ausgelöst hat die ganz Los Angeles mehrere Tage der Anarchie bescherten. Der Schwarze Rodney King wurde bei seiner Verhaftung von vier weissen Polizisten brutal verprügelt. Die Gesetzeshüter mussten sich deswegen vor Gericht verantworten wurden aber von den Geschworenen überraschend freigesprochen. Da der Prozess grosses Interesse auslöste und durch Fernsehen und Printmedien zusätzlich aufgebauscht wurde ist es nicht verwunderlich, dass sich umgehend Protestbewegungen bildeten die sich innert Minuten in einen tobenden Mob verwandelten. Die zivile Ordnung brach zusammen und es wurde ungehindert geplündert und gewütet. Rivalisierende Gangs nutzten dieses Chaos um alte Rechnungen zu begleichen. Man schreibt diesen Rassenunruhen 53 Tote zu und Sachschäden im Umfang von rund einer Milliarde Dollar zu.
Die Geschichten sind in einer krimitypischen, recht einfachen Sprache geschrieben und man kann sich voll und ganz auf die inhaltliche Handlungen konzentrieren. Entgegen einem normalen Thriller steht nicht die Suche nach einem Täter im Blickpunkt sondern die Frage nach dem Sinn der sinnlosen Gewalt. Manche Episoden sind verständlich andere lösen Fassungslosigkeit aus. Die jahrelange aufgestaute Wut über die Ungerechtigkeit, die hoffnungslosen Lebensumstände haben vor knapp 23 Jahren ein Ventil gefunden um sich zu entladen. Heftig. Erbarmungslos. Schmerzhaft.
Ein etwas anderer Krimi von dem hartgesottene und genretreue Thrillerleser womöglich die Finger lassen sollten. Ausser sie möchten mal etwas Neues ausprobieren. Die Art und Weise wie das Buch geschrieben ist, hat mich übrigens an Truman Capotes Klassiker "Kaltblütig" erinnert. Das kann als grosses Kompliment für diesen ungewöhnlichen "Thriller" verstanden werden. Wertung: 8 Eulenpunkte